Wie ist die Idee von trovato.immo entstanden?
Anita Körbler: Die Idee ist im ersten Lockdown entstanden. Bei einem Zoom-Meeting haben wir überlegt, wie sich der Markt entwickeln könnte. Zu der Zeit hat niemand gewusst, wie man als Makler weiter arbeiten kann. Step by step hat sich aus diesem ersten Gespräch immer mehr diese Idee entwickelt und konkrete Formen angenommen. Die grundsätzliche Überlegung war, wie man für eine Zielgruppe von Menschen, die gern in Ruhe, flexibel und zeitunabhängig Wohnungen besichtigen will, diesen Prozess so leicht und großartig wie möglich gestalten kann.
Oftmals steht man bei einer Wohnungssuche aus verschiedenen Gründen unter Zeitdruck. Dafür ist trovato gemacht. Man kann auch über das Wochenende eine Wohnung anmieten. Am Freitag schaut man im Netz, am Wochenende besichtigt man die Wohnung, und am Montag kann man bereits den Mietvertrag unterschreiben.
Das läuft alles digital?
Anita Körbler: Ja, damit wird das Prozedere auch zeitunabhängig. Gesucht wird ohnehin bereits digital. Wenn man eine Wohnung gefunden hat, die interessant wäre, bucht man ein freies Besichtigungsfenster. Mit der abgeschlossenen Buchung bekommt man einen Airkey-Code aufs Smartphone geschickt, um die Tür zu öffnen. Das hat noch einen zusätzlichen positiven Aspekt: Sollte die Wohnung nicht zusagen, und man möchte sich im Haus eine andere ansehen, die zu vermieten ist, dann braucht man nur zu schauen, ob es ein freies Zeitfenster gibt, und kann dann mit dem neuen Code gleich die nächste Wohnung vor Ort besichtigen.
Unser Konzept ist so aufgebaut, dass es skalierbar ist und mit der Digitalisierung eine breite Masse erreichen kann. Wir sehen uns als erste vernünftige Lösung für das Bestellerprinzip.
Sie sind überzeugt, dass es kommen wird.
Anita Körbler: Definitiv. Und wäre nicht Covid-19 dazwischengekommen, dann hätten wir es vermutlich schon längst. Ich glaube, dass es uns sonst schon Anfang 2021 begleitet hätte.
Ich sehe aber auch einen positiven Aspekt: Wenn das Bestellerprinzip gilt, fällt es dem Mieter leichter, umzuziehen. Da er dann keine Provision mehr zu zahlen hat, wird er einen Umzug vermutlich stärker in Betracht ziehen, wenn sich die Möglichkeit ergibt. Wann das Bestellerprinzip jetzt tatsächlich kommt, ist in Anbetracht der Lage schwer zu sagen.
Unabhängig vom Bestellerprinzip: Worin sehen Sie die Vorteile für die Beteiligten?
Anita Körbler: Zunächst einmal für die Mieter in der Geschwindigkeit und Zeitunabhängigkeit der Besichtigung und des Anmietvorgangs. Für den Abgeber, also den Eigentümer, Bauträger, Projektentwickler und Makler, liegt der Vorteil in der Geschwindigkeit. In Zukunft wird man kleine Wohnungen gar nicht mehr anders vermarkten können, da es zu zeitaufwendig wäre. Für kleinere Bauträger wäre das trovato-System insofern ideal, als dann alle Wohnungen gleichzeitig für die Besichtigung zur Verfügung stehen würden. Damit ist eine schnellere Verwertung gegeben. Der Bauträger hat außerdem über ein Dashboard einen genauen Überblick, wie viele Anfragen es bei welcher Wohnung gab, wie viele Besichtigungen, Mietanbote und Abschlüsse. Der Bauträger erhält damit ein transparentes, ehrliches Feedback zu jeder einzelnen Wohnung.
Wie werden die Kosten verteilt?
Anita Körbler: Dazu eine grundsätzliche Bemerkung: Bei einem Mieter muss man bedenken, dass er nicht nur die Provision zu zahlen hat. Es fallen noch die Kaution, eventuelle Anschaffungen von Mobiliar und Ähnliches an. Das heißt, die Kosten sind zu Beginn relativ hoch, und als Makler darf man die Rechnung erst nach der Übergabe der Wohnung stellen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass nach dem zustande gekommenen Geschäft die Zahlungsbereitschaft manchmal sehr gering ist. Um dem entgegenzuwirken, werden wir dem Mieter anbieten, den Betrag sofort oder in Raten zu zahlen.
Wie kann das funktionieren?
Anita Körbler: Es wird keine Provision verrechnet, sondern Mieterinnen und Mieter zahlen für die Nutzung des trovato-Systems.
Gibt es bereits Projekte?
Anita Körbler: Unser erstes Projekt machen wir gemeinsam mit der EKAZENT in der Perfektastraße. Dort sind es vonseiten trovatos 40 Wohnungen, die man über uns mieten kann, die anderen laufen über die EKAZENT. Die EKAZENT ist ein idealer Partner. Sie arbeitet mit uns für die Zielgruppe, die eine Vermietung digital abwickeln will, und sie arbeitet mit dem eigenen Vertrieb. Aus dieser Kombination können wir alle neue Erfahrungswerte gewinnen.
Gibt es nicht schon viele Ideen und Start-ups, die in diese Richtung zielen?
Anita Körbler: Wenn man den österreichischen Start-up-Markt der letzten Jahren betrachtet, dann sieht man, dass es viele Ideen gibt und gab, aber die werden selten umgesetzt oder kommen schnell an ihre Grenzen. Das hat aber nicht mit den Ideen zu tun oder mit den Protagonisten, sondern damit, dass man für solche Vorhaben Menschen braucht, die beide Welten verstehen. Das tun wir, und das ist unser Asset und USP. Mein Kollege Andreas Dorner und ich sind seit über 25 Jahren in der Immobilienwirtschaft tätig, und unsere Techniker verstehen, welche Features wir für dieses System brauchen. Das ist eine sehr gute Mischung.
Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung am Wohnungsmarkt ein?
Anita Körbler: Der Wohnungsmarkt bleibt weiterhin stark, aber der Mietermarkt wird sich rasant entwickeln. Es geht hier um einen Markt, der die breite Masse interessiert und den die breite Masse braucht. Daher sollte die Vermittlung und die Abwicklung so einfach, flexibel und zeitunabhängig wie möglich sein.
So funktioniert das trovato-Konzept:
Der Vermittlungsprozess von der Vermarktungsphase einer Immobilie bis hin zum unterschriebenen Mietvertrag wird digital abgebildet.
Wenn Suchende im Internet eine Wohnung gefunden haben, die interessant wäre, buchen sie ein freies Besichtigungsfenster. Mit der abgeschlossenen Buchung bekommen sie einen Airkey-Code aufs Handy, um die Tür der ausgesuchten Mietwohnung zu öffnen. Wenn die Wohnung den Interessentinnen und Interessenten nach der persönlichen Besichtigung zusagt, haben sie die Möglichkeit, online ein Mietanbot abzugeben.
In einem geschützten Kundenbereich können sämtliche Daten eingegeben werden, die für die Prüfung notwendig sind (wie bei jedem normalen Mietanbot). Danach wird das Anbot mit allen notwendigen Sicherheitsvorkehrungen online unterzeichnet und eingereicht.
Nach der Überprüfung der Unterlagen informiert der Abgeber, ob das Angebot angenommen wurde oder nicht. Sollte es nicht angenommen werden – da zum Beispiel die Wohnung bereits vergeben worden ist –, bleiben die Daten gespeichert, und man kann diese gleich für das Mietanbot einer anderen Wohnung nutzen, die noch frei ist.
Wurde das Mietanbot angenommen, so erfolgt auch die Unterzeichnung des Mietvertrags online.