Der Garten gewinnt in einer schnelllebigen Zeit immer mehr an Bedeutung– zumindest für diejenigen, die einen haben. Und das sind rund zwei von fünf Österreichern, wobei die Größe der Grünfläche stark variiert. Die durchschnittliche Gartengröße liegt bei 374 Quadratmetern. Während 6% einen Kleingarten mit max. 30 Quadratmetern Fläche besitzen, haben rund 32% einen Garten mit mehr als 500 Quadratmetern. So viel zu den Zahlen. Was machen die Besitzer bzw. Besitzerinnen mit ihrem Garten– in ihrem Garten?
Ökologie und Vielfältigkeit
„Die Studie zeigt sehr deutlich das große Interesse am ökologischen Gartenbau im privaten Umfeld“, betont bellaflora-Geschäftsführer Alois Wichtl. 51% der Gartenbesitzer gaben bei der IMAS-Umfrage an, dass sie ihr Obst und Gemüse überwiegend biologisch ziehen. Die ökologische Vielfalt im eigenen Grün ist dabei sehr wichtig. Wichtl: „Der Anteil der Pflanzenraritäten am Gesamtsortiment von bellaflora nimmt Jahr für Jahr zu.“ Zudem hat das Unternehmen 2013 alle synthetischen Pestizide durch ökologische Produkte ersetzt und 2014 den gleichen Schritt bei den Düngern vollzogen. Die Nachfrage nach ökologischen Produkten steigt, und damit ist das in Umfragen geäußerte Bekenntnis zu Nachhaltigkeit auch in der Praxis bewiesen. Eine stimmige Analyse: Ist der Garten ein Rückzugsort vor dem Druck und dem Trubel des Alltags, will man die Natur dort selbstverständlich unbelastet genießen.
Tempo rausnehmen
Erstmals empirisch hinterfragt hat man den Zusammenhang von Stress und Garten. Wie die Analyse zeigt, unterscheiden sich Gartenbesitzer deutlich von der Grundgesamtheit der Bevölkerung. „Wir sehen wesentliche Unterschiede in der Wahrnehmung von Zeit und Schnelllebigkeit, wenn wir Gartenbesitzer mit der allgemeinen Bevölkerung vergleichen“, so IMAS-Prokurist Paul Eiselsberg.
Die Befragungsteilnehmer wurden gebeten, auf einer siebenteiligen Skala einzutragen, wie schnell sich Dinge in ihrem Leben ändern. „Die Zeit steht fast still“ war gleichbedeutend mit 1, „Die Zeit ändert sich rasend schnell“ bezeichnete mit 7 das obere Ende der Skala. Während die Bevölkerung im Allgemeinen das Alltagstempo mit durchschnittlich 5,7 bewertet, geben Gartenbesitzer die Note 5,8. Bei der Antwort auf die Frage, wie schnell sich die Zeit verändern sollte, liegen die Gartenbesitzer bei 3,5, während die Bevölkerung im Allgemeinen mit 3,7 deutlich geschwindigkeitstoleranter ist.
„Die österreichische Bevölkerung fühlt eine starke Diskrepanz zwischen gewünschter und gefühlter Geschwindigkeit in ihrem Leben“, meint Eiselsberg. „Bei Gartenbesitzern ist dieses Gefühl der Schnelllebigkeit jedoch noch stärker ausgeprägt. Die Kluft zwischen Wunsch und Realität ist in ihrem Empfinden noch viel größer als in der allgemeinen Bevölkerung.“
Eine Stunde Gartenarbeit– ein Tag Urlaub
Der Aussage „Der Garten ist für mich ein Ort der Entspannung und des Wohlfühlens– meine Oase“ stimmten neun von zehn Gartenbesitzern einigermaßen zu, 52% der Befragten sogar voll und ganz. Vier Fünftel der Gartenbesitzer sehen die Gartenarbeit als „wunderbaren Ausgleich zu anderen hektischen Bereichen im Leben“, 42% sind sogar voll und ganz dieser Meinung. Gartenexperte Karl Ploberger, der mit seinen 18 Büchern „Intelligent und faul“ sowie durch zahlreiche Auftritte im Rundfunk allen Hobbygärtnern ein Begriff ist: „Ich sage immer: Eine Stunde garteln ist für mich wie ein Tag Urlaub. Im Garten ergibt sich ein ganz anderes Zeitgefühl.“ Allen, die Angst vor der Gartenarbeit haben, empfiehlt Ploberger: „Nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Erobern Sie Ihren Garten Schritt für Schritt.“
Rückzugsort
Wie wichtig der Garten als Rückzugsort für die Menschen ist, zeigt sich sehr deutlich bei der Frage nach den Hauptaktivitäten im Garten. Eiselsberg: „Die häufigsten Aktivitäten im Garten umfassen Arbeiten wie Rasenmähen oder Pflanzenpflege, aber auch gemeinschaftliche Zusammenkünfte wie Essen oder Treffen mit der Familie und Freunden.“ 62% der Gartenbesitzer nennen Gemeinschaftserlebnisse sogar als wichtigste Funktion ihres Gartens, 52% die Gartenarbeit, und 43% bevorzugen die Entspannung.
Lebensgefühl Entschleunigung
Aus den Daten der Umfrage ziehen die Experten den Schluss, dass der Garten als Rückzugsort und als Erntezone weiter an Bedeutung gewinnen wird. Das große Interesse an einem gesünderen Lebensstil zeigt sich auch sehr deutlich an den aktuellen Ernährungstrends. Wichtl: „Vom bewussten Einkauf von Lebensmitteln bis zum Eigenanbau ist es nur ein kleiner Schritt. Wir sehen das Interesse am eigenen Grün auch zunehmend im städtischen Bereich. Auf Dachterrassen oder Balkonen werden immer öfter Paradeiser statt Pelargonien gepflanzt und Kräuter statt Geranien.“ Selbst gezogenes Gemüse und Obst sind als Ergänzung des Speiseplans erwünscht.
Allerdings: Kaum jemand hat den Anspruch, mit dem eigenen Garten zum Selbstversorger zu werden.