Vom Lagerfeuer zur Küche – eigentlich nur ein kleiner Schritt. Obwohl doch einige tausend Jahre dazwischen liegen. Die Kochstelle hat sich zwar im Äußeren verändert, jedoch nicht im Grundsätzlichen. Sowohl das Lagerfeuer als auch die anspruchsvolle Designer-Wohnküche von heute waren und sind Orte des Zusammenlebens, des Zusammenfindens und des gemeinsamen Genusses. War es früher das knisternde Feuer, um das sich die Menschen scharrten, ihr Essen zubereiteten und über das Leben und den Alltag plauderten, so hat dieses symbolische Feuer im Laufe der Jahrtausende in die Häuser und Wohnbereiche der Menschen Einzug gehalten. Dieses „nährende“ Feuer lodert bis heute, zieht die Menschen fast magisch in die Küchen dieser Welt. Ob Freunde, Familie oder festliche Aktivitäten – erster Treffpunkt ist immer die Küche. In der Küche fängt alles an, in der Küche endet alles. In die Küche zieht man sich zurück, um Dinge zu besprechen genauso, wie den Party-Tratsch zu zelebrieren oder zur Feier des Tages die Sektflasche zu köpfen. Egal, ob klein oder groß, die Küche besitzt stets eine ganz außergewöhnliche Kraft, ohne sich jedoch wie andere Räume in den Vordergrund zu drängen. Alle Fäden laufen hier zusammen, und nur scheinbar zufällig trifft man sich immer und überall in der Küche.
Tassen, Teller, Gläser …
Woher rührt diese magnetische Anziehungskraft der Küche? Wahrscheinlich ist es diese wunderbare Mischung aus knisternder (Herd-) Wärme, Töpfen und Zutaten, des genussvollen Essens und Trinkens, welche schon von jeher die Grundbedürfnisse des Menschen reflektiert und befriedigt haben. Hinzu kommt ein Gefühl der Geborgenheit, des sinnlichen Wohlbefindens: Hier finde ich immer etwas nach meinem Geschmack. Die Küche ist das emotionale Herz des Zuhauses, wo die Seele Nahrung bekommt und sich der Charakter offenbart. Mit dem Potpourri aus Tassen, Tellern, Gläser, Gefäßen und Zutaten werden zumeist schon Vorlieben und „Geschmacksrichtungen“ klar dokumentiert. Und die alte Lieblingstasse von Großmutter, das kleine, verzierte Salzgefäß oder die Form der Weingläser sagen dann oft mehr über Stil und ästhetischen Anspruch aus als das teure Sofa oder das Bild an der Wand.
Sinnliche Zutaten und Entschleunigung
Es verwundert daher auch gar nicht, dass immer mehr Leute sich für die sogenannte Wohnküche entschließen, ihr tägliches „Leben“ sozusagen in die Küche verlagern. Die emotionale Nähe der Küche zu den Grundessenzen, den Grundbedürfnissen der Umwelt mitsamt den Kräutern, Gewürzen, Ölen und frischem Gemüse spiegeln die anwachsende Sehnsucht und wiederkehrende Verbundenheit zur Natur. Vor allem im digitalen Zeitalter der Bits Bytes werden „greifbare“, sinnliche Zutaten und Produkte zu überlebenswichtigen Basiselementen. Wer eine gesunde Bodenhaftung sucht, findet in der Küche mit Sicherheit wieder „zurück zu den Wurzeln“. Durch die anwachsende Mobilität und Dynamisierung des Alltags definiert sich die Küche überdies als entspannender Ruhepol– als Ort der Entschleunigung. Dabei werden auch romantische, impressionistische Bilder der Vergangenheit wieder geweckt, denn schließlich gab es damals noch keine Hektik, keinen Stress, war das Leben mit ruhevollen, scheinbar zeitlosen Momenten erfüllt. Die Küche mutiert zum Ort der Erinnerungen, wo Träume und Düfte der Kindheit wieder aufleben und auch die alte Phrase ewige Gültigkeit erlangt, dass das von Muttern zubereite Leibgericht oder der Schokoladekuchen nie von jemand anderem übertroffen werden kann.
In der Küche werden auch Emotionen und Kreativität frei, und wer Speisen mit Liebe zubereitet, sozusagen die richtige Mischung findet, dokumentiert Gefühlssinn und ausgeprägte Sensibilität. Und nicht selten haben sich dann in der wunderbar kräuterumwobenen Fleischsoße all das Herz und all die Seele für die wirklich wichtigen „Zutaten Des Lebens“ gefunden.