Wäre er nicht in der Immobilienbranche, dann würde er heute vermutlich im Finanzbereich arbeiten, denn dort hat seine Karriere begonnen– auch wenn er den Schritt in die Immobilienwirtschaft keine Minute bedauert: „Ich habe schon als Jugendlicher gesagt, dass ich planen und bauen möchte. Das war immer schon ein Thema für mich.“ Das ist vielleicht auch der Grund, warum Karl-Heinz Strauss keine Lieblingsimmobilie hat, sondern eigentlich von allen Immobilien fasziniert ist: „ganz besonders von denjenigen, die gestalterisch, technisch und von der Funktionsweise her anders sind und auch neue Wege beschreiten“. Das tat auch er.
Österreichs erster Businesspark
Nach der HTL Tiefbau in Mödling ging Strauss zunächst zur Raiffeisen Zentralbank. Als er seine Bankkarriere begann, stellte er fest, dass er zum Thema „Bauen“ einen besonderen Zugang hatte, wobei ihm seine Ausbildung auf der HTL in Mödling zugutekam. Neben den Finanzen kümmerte er sich um die diversen Bautätigkeiten im Konzern „und dann kamen die Immobilien dazu“. Strauss leitete schließlich nicht nur die größte Kreditabteilung der RZB, sondern baute auch „bei Raiffeisen Concorde Projekt das Immobiliengeschäft auf“. „Mein erstes großes Projekt, an dem ich mitgearbeitet habe, war der Concorde Business Park und später dann haben wir ihn von Partnern übernommen.“ Die Concorde Projekt errichtete damals den Businesspark nicht alleine. Gemeinsam mit der Illbau und einem englischen Unternehmen wurde der Businesspark nach angloamerikanischem Vorbild in der Nähe des Flughafens Schwechat gebaut. Learning by doing war die Devise für den „Quereinsteiger“ und „ich habe gesehen, wie die Engländer dieses Projekt realisiert haben“. Diese hielten auch 50% am Projekt (je 25% gehörten der RZB und der Bauholding) und brachten dafür ein neuartiges Konzept von der Insel mit, bei dem die Trennung zwischen Büroflächen und Gewerbeflächen aufgehoben wurde. Etwas, was es damals in Österreich in dieser Form noch nicht gab. Damit entstand ein campusartiges Projekt, wie man es eigentlich bis dahin nur aus dem Ausland kannte. Vielleicht lag das auch daran, dass ein deutscher Architekt, nämlich Lothar Friederich, für den Entwurf verantwortlich zeichnete. Im Juni 1992 war schließlich der Nordteil des Concorde Business Park in Wien-Schwechat fertiggestellt. Aufmerksamkeit erregte das Projekt aus mehreren Gründen: aufgrund der neuartigen Konzeption, des Aussehens und des Standorts. Der Concord Business Park übernahm damit eine Vorreiterrolle in Österreich und löste einen Boom aus– wenig später folgten quer durch das Land die Business- und Wirtschaftsparks.
Österreichs erster Unternehmens-Campus
„Die Kombination aus Bauwissen, Finanzierungs- und Immobilien-Know-how kann nicht falsch sein“, dachte sich Strauss und machte sich mit seinem eigenen Unternehmen „Strauss Partner“ selbstständig. Als Vertrauter der Familie Kapsch hatte er die Chance, auf den Kapsch-Gründen am Wienerberg ein campusartiges Projekt nach seinen eigenen Vorstellungen auf Risiko zu entwickeln. „Das war ein Glücksgriff“, so Strauss, „das richtige Projekt zur richtigen Zeit mit dem richtigen Partner.“ Nach dem englischen Vorbild wurde ein weitläufiger Campus geschaffen. Mehr denn irgendein anderes Projekt verkörpert das EURO PLAZA auf dem Wienerberg die Philosophie des PORR-Generaldirektors. Ein Projekt, von dem er „von der ersten Minute an überzeugt war“. Es gibt keinen Büroturm auf dem Campus, „kein Oben und kein Unten, sodass keiner das Gefühl hat, dass derjenige, der im Turm oben sitzt, auf die anderen herabschaut. Ich habe es auch nicht gerne, wenn man auf mich herabblickt.“ Die Gleichberechtigung der angesiedelten Unternehmen ist ihm wichtig und das durchdachte Konzept bezieht auch die Umgebung rund um das EURO PLAZA ein.
Mit Hausverstand und Hirn
Die Immobilienbranche ist für Strauss seit seinen Anfängen generell professioneller geworden und es gibt eine klare Aufteilung der Tätigkeiten: „Developer, Makler, Baufirma, Marketing, und diese Unterteilung beginnt mehr und mehr zu greifen.“ Wichtig ist für ihn, dass „man in unserem Bereich am Boden bleibt und mit Hausverstand und Hirn an die Projekte herangeht“. Diese beiden Grundvoraussetzungen vermisst er manchmal bei ausländischen Marktteilnehmern, „die ein großes Gebilde errichten, das extrem professionell wirkt, aber letztendlich kochen alle nur mit Wasser. Es gibt Developer und Fonds, die es verstehen, eine Wiese in Wiener Neustadt so aufzubereiten, dass es wie ein Top-Grundstück mitten in New York wirkt.“
Eins und eins ist drei
Bei dem Wechsel in die Chefetage der PORR nahm Strauss seine eigene Projektentwicklungsfirma in das Unternehmen mit. Wie er damit umgeht? Strauss: „Die PORR ist ein Baukonzern, der in seiner Struktur einzigartig ist und der klar auf das Baugeschäft ausgerichtet ist. Strauss Partner ist ein typischer Projektentwickler. Diese beiden Strukturen muss man harmonisch zusammenführen und gemeinsam steuern.“ Wichtig für ihn ist eine klare Interessentrennung, aber zugleich auch eine partnerschaftliche Abwicklung der Projekte auf gleicher Augenhöhe. Es gibt einen natürlichen Interessenkonflikt zwischen Baufirma und Bauträger, aber der Umgang mit dem Interessenkonflikt entscheidet über den Erfolg oder Misserfolg des Projekts. „Beide benötigen einander. Gegeneinander geht gar nichts, höchstens schief.“ Daher ist für Karl-Heinz Strauss in so einem Fall die Rechnung logisch: „Eins und eins ist drei.“ Ziel ist, eine Win-win-Situation für alle zu schaffen.