Heute fristen sie noch ein kümmerliches Dasein, morgen sind sie Standard-Assetklassen in den Portfolios der Investoren. Die Rede ist von Nischenprodukten. Die gefragteste Assetklasse am österreichischen Immobilieninvestment-Markt des ersten Quartals waren mit 51 Prozent die Büroimmobilien, an zweiter Stelle lag allerdings bereits der Healthcare-Sektor mit rund 24 Prozent. Der hohe Anteil von Healthcare im ersten Quartal ist auf den Verkauf eines Pflegeheim-Portfolios in der Steiermark zurückzuführen „Es ist noch zu früh, um daraus einen Trend für das ganze Jahr abzuleiten. Die Assetklasse bleibt in Österreich voraussichtlich ein Nischenprodukt“, so Lukas Schwarz, Head of Investment Properties bei CBRE. Noch, müsste man sagen, denn die Themen Gesundheit und auch Alter werden diese Immobilien aus dem Schatten treten lassen. „Wir leben in Zeiten großer Veränderungen“, erklärt Gerald Herndlhofer von Drees & Sommer Österreich: „Klinik- und Healthcare-Gebäude müssen heute hinsichtlich Funktion, Planung, Bau und Betrieb neu gedacht werden.“ Kostendruck, Personalengpässe, die sich verändernde Demografie, der Klimaschutz und neue Technologien sind nur einige der Einflussfaktoren für die Planung, den Bau und den Betrieb von Kliniken der Zukunft. Klinik-Immobilien der Zukunft müssen so geplant werden, dass die internen Prozesse immer wieder flexibel an neue Gegebenheiten angepasst werden können.
Neue Anforderungen für Hotels
Die „Best Ager“ verändern die Hotelimmobilien und lassen neue Konzepte entstehen, da sie besondere Gewohnheiten und Bedürfnisse haben. Neue Best-Ager-Immobilien positionieren sich zwischen wohnwirtschaftlichem „Senior Living“ und hotelähnlichen Mid- und Longstay-Beherbergungsformen. „Die Anforderungen an eine Hotelimmobilie, in der sich die fit und aktiv gebliebenen Babyboomer im ‚Unruhestand‘ wohlfühlen, sind andere als jene bei einer klassischen Seniorenresidenz“, erklärt Thomas Reisenzahn, Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung: „Im Grunde sind gänzlich neue Beherbergungsformen gefragt, die den Bedürfnissen der Best Ager gerecht werden und ihnen besondere Erlebnisse bieten.“
Wohnen auf Zeit – aber anders
Wohnen auf Zeit – ein Nischenprodukt – wird von ZIMA neu definiert. Nämlich nicht als Miete, sondern als Eigentum. „Wohneigentum ohne Risiko" – mit der Option auf ein Rückverkaufsrecht nach drei Jahren zum Ankaufspreis begegnet der Immobilienentwickler ZIMA der aktuellen Verunsicherung bei Wohnungssuchenden. Die ZIMA-Wertgarantie gilt für das Wohnprojekt Attemsgarten in Wien-Donaustadt. Käuferinnen und Käufer können optional drei Jahre nach dem Erwerb einer Wohnung ein Rückverkaufsrecht zum Ankaufspreis in Anspruch nehmen. Während dieser Zeit kann die Wohnung entsprechend selbst genutzt oder auf drei Jahre befristet vermietet werden.
Modulares Bauen
Modulares Bauen tritt aus der Nische und beginnt seinen Siegeszug. „Die Module werden im Werk produziert und sind bereits mit allen erforderlichen Installationen ausgestattet“, so Christoph Schäffer, Geschäftsführer von Ferrum Immobilien. Die Module werden dann nur noch „zusammengesteckt“. Die Unwägbarkeiten in der Ausführung werden reduziert, und die Bauzeit verkürzt sich um die Hälfte. Christoph Schäffer: „Man muss am Ende des Tages unter den aktuellen Rahmenbedingungen die Immobilie leistbar machen.“ In diesem Zusammenhang spricht Christoph Schäffer beim Wohnen nicht mehr vom leistbaren, sondern vom „notwendigen Wohnbau“. In Hollabrunn entsteht auch bereits die erste vollmodulare mehrgeschoßige Wohnhausanlage.
Die Bürohäuser wandern aus den Städten
„Vom Quartier zum Hub vor der Stadt“ – so stellt sich für Christian Farnleitner, Geschäftsführer der SORAVIA-Tochter SoReal, eine neue Entwicklung im Bürobereich dar. Es geht für ihn dabei weniger um eine neue Immobilie als um eine neue Nische, die das Unternehmen besetzen kann: „Der wesentliche Faktor wird dort eine gute Anbindung an das infrastrukturelle Netz sein.“ Das betrifft einerseits die Verkehrsanbindung und die Infrastruktur des täglichen Lebens. Andererseits verändern sich unbrauchbare Büroimmobilien mit Blick auf ESG, so Christian Wagner, Geschäftsführer der 6B47 Group Austria: „Alte Bürohäuser werden einer neuen Nutzung zugeführt.“ Drei Stück davon hat die 6B47 in Bestand, „und wir setzen eine Development-Idee drauf“. Wagner geht davon aus, dass es in den kommenden Jahren sehr viele solcher Projekte geben wird: „Development goes ESG.“
Labore werden zunehmend interessant
Derzeit sind Labor-Immobilien noch ein Nischenprodukt und Mangelware, aber es interessieren sich immer mehr Unternehmen – auch aus dem Ausland – für Labore in Wien und Österreich, besonders wenn diese gut ausgestattet sind. Der Architekt Martin Eisenschien, Geschäftsführer von MES Real Estate Services, empfiehlt, alte Hallen zu adaptieren, denn sie hätten die richtige Größe.
Die Architektin Sigrid Hanzl wiederum erklärt: „Am besten wäre ein fix und fertiges Produkt zum All-inclusive-Mietpreis“. Bei diesen „Shared Labspaces“, wie sie von ihr genannt werden, kann kostspielige Infrastruktur wie Kühlräume, Waschküchen oder Inkubatoren von mehreren Mietern verwendet werden. Die Labore selbst folgen idealerweise einem Standardraster, der sich für jegliche Form von Nutzung durch biologisch-chemische Forschung eignet. „Ich spanne den Bogen zwischen Bio-Life-Science-Start-ups und dem immobilienseitigen Laborbau“, sagt die Architektin, die als Einzelunternehmerin Beratung/Projektsteuerung und Baumanagement anbietet.
Die Idee der Jokerflächen
An ein ganz spezielles Nischenprodukt denkt Wolfdieter Jarisch, Vorstand der S+B Gruppe. Nämlich an eines, das für alle Möglichkeiten offen stünde: „Wir wünschen uns Jokerflächen, auf denen man Ideen ausprobieren kann. Wir machen etwas Besonderes auf der Fläche und probieren Neues aus.“