Wie schätzen Sie die aktuelle Situation des Immobilienmarktes und der Immobilienwirtschaft in den USA ein?
Pasquarella: Trotz anhaltender Anspannung auf dem Sektor der Wohnbauprojekte zeichnet sich nun eine Erholung der Wirtschaftslage ab. So konnte in den vergangenen paar Jahren das Einzelprojektgeschäft angekurbelt und Ende 2011 die Anzahl der Einzelhandelsverkäufe im Vergleich zu 2010 signifikant gesteigert werden. Es gelang, Arbeitsplätze– wenn auch zu einem niedrigeren Prozentsatz als erwartet– zu schaffen, und auch die Bautätigkeit erfuhr in jüngster Zeit, obwohl ebenfalls nur in geringem Ausmaß, in einigen Landesteilen wieder Aufschwung. Ebenso ist eine Vertrauensentwicklung bei Konsumenten und Unternehmen zu beobachten, was in vielen US-amerikanischen Ballungsgebieten eine Absorbierung von Leerflächen und somit gesteigerte Nachfrage nach den unterschiedlichsten Objektarten nach sich zieht. Die sehr akkommodierende Geldmarktpolitik (niedrige Zinssätze) trägt sicherlich zum wirtschaftlichen Aufschwung und zur Entspannung der Kapitalmärkte im Immobiliensektor bei. Die Anlageverkäufe in den ersten neun Monaten 2011 konnten gegenüber dem Vergleichszeitraum 2010 um fast 100% gesteigert werden, dieses Ergebnis wiederum lag um fast 100% über dem von 2009. Trotz dieser signifikanten prozentuellen Steigerungen in den letzten drei Jahren betrugen die Verkaufsaktivitäten 2011 gesamt immer noch weniger als die Hälfte dessen, was während der Spitzenperiode 2007 erzielt wurde.
Können Sie einige spezifische Regionen in den USA nennen, deren zukünftige Marktentwicklung sehr aussichtsreich erscheint?
Pasquarella: Im Allgemeinen sind in den USA zu viele Gewerbeflächen vorhanden. Natürlich gibt es Ausnahmen, da ist besonders der Bereich der Mietwohnungen zu nennen, wo nun hauptsächlich aufgrund des stark rückläufigen Bestands an Wohneigentum wenige Leerstände und höhere Mietpreise zu verzeichnen sind. Und ebenso steigt mit dem US-Bevölkerungswachstum auch der Wohnbedarf. Die Leerstandsquoten bei Wohnungen sind niedrig wie schon seit zehn Jahren nicht mehr, dies hat zur Folge, dass Mieten und Liegenschaftswerte nun in einigen Regionen ein Niveau erreicht haben, das Neuentwicklungen rechtfertigt. Wohnungsentwicklungsprojekte entstehen derzeit in den Regionen Mid-Atlantic, Northeast, Texas, Central California und Pacific Northwest, Logistik- und Industriegebäude werden auch in der Region Mid-Atlantic in der Nähe von wichtigen Verkehrsachsen entwickelt.
Welcher Immobiliensektor wird Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren den größten Aufschwung erfahren?
Pasquarella: In den kommenden Jahren dürfte es verstärkt zur Errichtung von Logistikzentren und Mehrfamilien-Mietobjekten kommen.
Können Sie in den USA einen Paradigmenwandel in Bezug auf Nachhaltigkeit beobachten?
Pasquarella: Das Interesse an nachhaltiger Bauweise seitens der kommerziellen Immobilienentwickler und Konsumenten hat in den vergangenen 15 Jahren stetig zugenommen, also würde ich nicht unbedingt von einem Paradigmenwandel sprechen. So gesehen kommt es heutzutage nur noch selten vor, dass Bauvorhaben jeglicher Art nicht im Hinblick auf Nachhaltigkeit bei Materialien und Ausstattung konzipiert werden. Bei einigen Konsumenten und Investoren erkennt man Bereitschaft, für nachhaltiges Bauen auch mehr zu bezahlen, doch ebenso wichtig ist für Projektentwickler die Reduzierung der betrieblichen Kosten.
Ist der Bereich Ökologie ein Thema in der US-Immobilienwirtschaft?
Pasquarella: Nicht direkt, aber sicherlich indirekt. Seit mehr als 20 Jahren gilt die Forderung vieler staatlicher Einrichtungen auf nationaler, regionaler und örtlicher Ebene, neue Projekte auf Umweltverträglichkeit zu prüfen. Die Umweltprüfung konzentriert sich dabei hauptsächlich auf das ökologische Umfeld (Feuchtgebiete, Pflanzen, Wasserwege und Erosionsschutz).
Was sind die Gründe für US-Investoren, auf dem europäischen Markt und in CEE/SEE zu investieren
Pasquarella: Während momentan keine nennenswerten Beträge an US-Kapital auf dem europäischen Markt investiert werden, ist doch besonders seitens der US-Pensionsfonds ein gewisses Interesse zu erkennen. Anreiz für diese Investoren sind die antizyklischen Kaufgelegenheiten, die aus dem Druck auf einige europäische Liegenschaftseigentümer resultieren. Dieser Druck ist bedingt durch die gegenwärtige Volatilität bei Immobilien in der Eurozone und einen erhöhten Liquiditätsbedarf. Bei amerikanischen Investoren ist verstärktes Interesse an europäischen Unternehmen zu beobachten, besonders durch Investitionen in die Eigenkapitaldeckung.
Gibt es Länder, die besonders nachgefragt sind?
Pasquarella: Ähnlich wie in den USA sind geografisch bevorzugte Gebiete hauptsächlich Großstädte, wie London, Paris, Berlin oder München. Andere für US-Investoren interessante Länder in Europa sind die Tschechische Republik, Polen und einige der nordischen Staaten.