Wie lange ist die Real I.S. bereits in Australien aktiv?
Schenk: Wir sind bereits seit 2005 in Australien investiert. Wir haben Länder und Regionen gesucht, die für deutsche Anleger ein Diversifikationspotenzial, einen hohen Standard und eine entsprechende Sicherheit bieten. Australien ist eines der stabilsten Länder, das man sich vorstellen kann, mit einer Staatsverschuldung von unter 50 Prozent.
Wir haben zu Spitzenzeiten zwölf Objekte mit einer Investitionssumme von rund einer Milliarde Euro gehalten. Unser erstes Projekt in Australien haben wir nach zwei Jahren mit 44 Prozent Aufschlag verkauft.
Das ist definitiv eine attraktive Rendite.
Schenk: Bei dem Risikoprofil, das unsere Anleger haben und kennen, nämlich Core-Immobilien, ist die Rendite bei solchen Immobilien sehr attraktiv. Wir hatten in Australien immer schon ein historisch höheres Zinsniveau, und daher ist auch die Rendite besser – und das bei einer im Vergleich größeren Sicherheit.
Momentan kann mit Renditen zwischen 4,5 und fünf Prozent gerechnet werden.
Gibt es einen Unterschied zwischen australischen und europäischen Städten?
Schenk: Egal, ob Paris, London, Sydney oder Melbourne, alle sind Weltstädte – aber das macht nicht den Unterschied. Der Unterschied, beziehungsweise das Risiko liegt in der Währung. Die Privatinvestoren sind aber bereit, es einzugehen, da sie in dieser Investition den Vorteil der Risikodiversifizierung sehen. Man sucht bewusst einen anderen Währungsraum. Aus gutem Grund: Während wir in Europa eine Nullzinsphase haben, bekommt man in Australien knapp drei Prozent.
Was meinen Sie, wenn Sie sagen: Die Immobilienwirtschaft braucht eine neue Innovationskultur.
Schenk: Der finanzwirtschaftliche Teil – also alles, was mit Kapitalbereitstellung zu tun hat – ist inzwischen stark reguliert. Es ist alles europäisch einheitlich reguliert. Auf der einen Seite soll die Regulierung Wettbewerb durch Vergleichbarkeit für den Kunden fördern. Auf der anderen Seite will man Sicherheit haben, damit es zu keinem Crash kommt. Das bedeutet, alle Vorgänge sind überwacht, und es gibt jede Menge Prüfmechanismen. Damit können zwar keine Fehler passieren, aber die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, in einer Umgebung, die null Fehlertoleranz zeigt, weiter innovativ zu sein. Die Gefahr besteht, dass wir uns so überregulieren, dass wir keine Chance mehr haben, etwas Neues zu kreieren. Gleichzeitig kann sinnvolle Regulierung den Innovationsdruck steigen lassen, da im Wettbewerb Produkte vergleichbarer werden und dadurch der Druck auf die Anbieter wächst, zunehmend innovative, an Kundenwünschen ausgerichtete Produkte zu schaffen.
Wenn wir zum Beispiel neue Konzepte wie die Vermischung von Living, Büro und Mikroappartements in ein Investmentvehikel bringen, dann haben wir drei Nutzungsarten in einem Objekt, aber wie soll man damit umgehen? Wenn wir uns in der Immobilienbranche und im finanzwirtschaftlichen Teil nicht frei machen und neue Ideen zulassen, dann werden wir abgehängt.
Unsere Welt bleibt nicht stehen, und in unserer Gesellschaft bleibt nichts stehen. Unsere technischen Möglichkeiten erlauben uns ein neues, ein anderes Arbeiten. Darauf müssen wir reagieren.
Wie wird sich die Digitalisierung auf die einzelnen Assetklassen auswirken? Gibt es eine Klasse, die besonders von Veränderungen betroffen sein könnte?
Schenk: Wir können meines Erachtens noch gar nicht erkennen, wo überall und wie stark die Digitalisierung Auswirkungen haben wird. Es ist ein Prozess über lange Zeiträume.
Wenn sich die Immobilien so schnell verändern, worauf muss ein langfristig agierender Investor achten?
Schenk: Man muss darauf achten, eine Immobilie zu kaufen, die man den Trends anpassen kann. Wir haben unser Büro in einem Altbau aus dem 19. Jahrhundert. Er ist so gestaltet, dass er wenig Stützpfeiler hat, aber tiefe Räume. Das Gebäude hat eine innere Konstruktion mit wenig Säulen, und wir können daher selbst in die Immobilie aus dem letzten Jahrhundert ein neues Bürokonzept in Form von offenen Bürolandschaften integrieren.
Ein anderes Beispiel: Wir bauen ein Shoppingcenter in Berlin in ein Nahversorgungszentrum um und haben dort auch Einzelhandelsflächen in Büroflächen umgebaut. Ich muss früh erkennen, welche Nutzungsmöglichkeiten ein Gebäude hergibt.
Sehen Sie eine neue Form von Mixed-Use-Immobilie auftauchen, die wir so noch nicht auf dem Radar haben?
Schenk: Ja, es wird aus meiner Sicht mittelfristig neue Formen von Immobilien in verschiedenen Segmenten geben. Logistik und Handel werden zunehmend verschmelzen. Wenn Sie heute in einen Shop gehen, dann ist das ein ganz normales Geschäft. In wenigen Jahren könnte er zweigeteilt sein. Vorne findet der klassische Verkauf statt, und hinten ist das Auslieferungslager. Der Kunde wird im Internet bestellen und die Ware dann im Laden abholen.
Das wird auch die Anlieferung verändern.
Schenk: Natürlich. Wir können nicht so weitermachen, dass die 50-Tonner in die Städte fahren. Wir müssen intelligentere Formen finden. 80 Prozent der Waren, die ein Bürger braucht, sind in einem Umkreis von zehn Kilometern vorrätig. Und das Lager, in dem diese sind, heißt bisher Laden, und wir haben die Läden noch nicht miteinander verknüpft.
Ein österreichisches Beispiel: René Benko investiert in Karstadt und Kaufhof und bekommt zu einem guten Preis Immobilien in Topinnenstadtlagen, die sich auch als Logistikplätze eignen.
Wie schätzen Sie die kommenden Jahre ein?
Schenk: Es gibt den alten Spruch: Heute ist die gute alte Zeit von morgen.
Die Dynamik wird nicht nachlassen, es wird mindestens so bleiben. Eigentlich denkt man, es geht nicht schneller, aber dann ist man doch überrascht.
Die digitale Revolution wird noch vieles auf den Kopf stellen. Manches wird kurzfristig überschätzt und langfristig unterschätzt. Bezüglich der Zinsen gehe ich davon aus, dass wir die Niedrigzinspolitik noch länger haben werden, und woher soll da auch eine Trendwende kommen? Die Immobilie bleibt als Investment en vogue, weil es in anderen Bereichen kaum Renditen gibt. Es wird auf jeden Fall spannend und sicherlich nicht langsamer.