Eine entsprechende Sensibilität erfordert auch der Umgang mit diesen Daten: Es können die ermittelten Daten oftmals nicht im Gutachten zitiert und/oder Quellenangaben gemacht werden, weshalb sich die Situation ergibt: „Ich weiß es (kenne die Daten), sag es aber nicht (kann sie aus Gründen der Vertraulichkeit nicht nennen).“
Als vereinfachtes Beispiel sei die Ermittlung der Marktmiete eines Geschäftslokals in einer stark frequentierten Wiener Einkaufsstraße genannt: Dazu ist es erforderlich zu recherchieren, welche Mieten es in vergleichbaren Objekte in räumlicher und zeitlicher Nähe gibt und unter welchen Voraussetzungen sie festgelegt wurden. Dies zu erheben stellt die größte Herausforderung dar und bedarf viel Fingerspitzengefühls sowie einer gemeinsamen Vertrauensbasis der Gesprächspartner.
Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass Auftraggeber, die ein primäres Interesse an der Qualität der Wertermittlung ihrer Immobilie oder ihres Portfolios haben, für die zuvor beschriebene Komplexität der Wertermittlung Verständnis haben und dies auch in der Beauftragung entsprechend berücksichtigen: In diesen Fällen ist der Leistungsumfang entsprechend beschrieben und, sofern erforderlich, eingegrenzt.
Allerdings besteht auch häufig die Forderung, eine Wertermittlung in sehr kurzer Zeit zu sehr geringen Kosten bei Übernahme möglichst hoher Verantwortung zu liefern (was automatisch zu einem wirtschaftlichen Widerspruch führt). Diese Bewertung soll dann für die Bilanz, die finanzierende Bank, für die Eigentümer und somit für alle herangezogen werden können.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Bewertung von „heute auf morgen“ bei korrekter Vorgehensweise ebenso unmöglich ist wie die häufig geforderten „Kurzgutachten“ (bei diesen verwenden die Kunden das Argument „Ich brauch eh nur den Wert“– quasi das Ergebnis, also nur die letzte Seite des Gutachtens) für ein „Taschengeld“.
Die aufzuwendende Zeit sollte vorwiegend mit Research und Analysen (des Gebäudes, des Markts und Wettbewerbs, des Standorts und der Bestandssituation) verbracht werden. Dabei gilt: Bei einem niedrigen Honorar kann nur wenig Zeit investiert werden, und daher sind die für die Berechnung gewählten Eingangsdaten eher „geschätzt“ als „ermittelt“. (Als Beispiel sei angeführt, dass manche Auftraggeber versuchen, ihren Immobilienbestand zu bewerten, indem sie einen Teil selbst bewerten, einen Teil gar nicht und einen Teil für ein Honorar von 300 Euro/Objekt. In solchen Fällen wird das Ergebnis– vornehm ausgedrückt–mit einer deutlich größeren Bandbreite zu betrachten sein als bei korrekter Vorgehensweise).
Erschwert werden Bewertungen oftmals auch durch die seitens des Auftraggebers zur Verfügung gestellten Informationen. Ob absichtlich oder unabsichtlich– sie sind häufig mangelhaft, und es entsteht nicht selten der Eindruck, dass lediglich jene Informationen weitergegeben werden, die einer eventuellen Werteinschätzung des Objekts durch den Auftraggeber nahekommen.
Wie in vielen Bereichen des Lebens wird sich auch hier die Spreu vom Weizen trennen, denn langfristig wird lediglich eine qualitativ hochwertige Bewertung mit entsprechend umfassenden Research- bzw. Eingangsdaten (und nur geringen Annahmen) den Glauben an den ausgewiesenen Wert rechtfertigen und festigen.