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Der Run auf das Zinshaus

Drei Städte gibt es in Europa, die einen teilweise sehr geschlossenen Altbaubestand mit Zinshäusern aufweisen: Wien, Berlin und Prag. Und alle drei erleben einen Run auf die Werte in Stein. „Verständlich“ sagen die Experten, denn die Aussichten sind in allen drei Städten sehr gut.

Wien, Berlin, Prag

In allen drei Hauptstädten richten die Investoren ihren Blick auf eine unverwechselbare Immobilie. Verständlich, dass die Zinshäuser in einer Zeit der wirtschaftlichen Unsicherheit hoch im Kurs stehen. So meint etwa Wolf-Dietrich Schneeweiss, Immobilienkanzlei Schneeweiss: „Das in Stadtlage befindliche Zinshaus, das schon seit 150 Jahren steht und aufgrund der Bausubstanz noch weiter stehen wird, hat in Wahrheit das niedrigste Risikoprofil.“ Das hat sich in Wien schon längst herumgesprochen und die Nachfrage am Markt ist weitaus höher, als sie befriedigt werden kann. Markus Arnold, Chef von Arnold Immobilien: „Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem.“ Im Vorjahr wurden in Österreich etwa 1,2 Milliarden Euro in Zinshäuser investiert– der größte Teil der Summe in Wien. Für 2011 wurde ein weiteres Wachstum prognostiziert. Das führte dazu, dass die Preise stiegen und es weiterhin tun und damit die Renditen immer geringer werden. Die Faustregel bei den Renditen: „Zinshäuser im 1. Wiener Gemeindebezirk erzielen derzeit Renditen von rund 1,5 bis 2%– bei einem zumindest gleichbleibend hohen Wert. Gute Wiener Innenstadtlagen verzeichnen Renditen von rund 3 bis 4%“, erklärt Arnold.

Sicherheit vor Rendite

Aber für viele Käufer steht die Rendite sowieso nicht im Vordergrund, sondern die Sicherheit, das Geld gut zu veranlagen. Die Absicherung gegen eine möglicherweise deutlich steigende Inflation spiele in den Überlegungen der Privaten weiterhin eine zentrale Rolle, und dafür seien Zinshausinvestments ideal, meint Franz Pöltl, Chef der EHL-Tochter EHL Investment Consulting: „Zinshauskäufer waren und sind sicherheitsorientiert und genau diese Investoren haben kein Interesse daran, Gewinne zu realisieren, um danach erst recht wieder Sorge haben zu müssen, dass die Inflation ihr Geldvermögen entwertet.“ Wiens Zinshausmarkt präsentiert sich sehr verhalten, was daran liegt, dass die Zinshäuser in einigen Lagen kaum mehr verkauft werden. So sind zum Beispiel im 1. Bezirk die Umsätze um rund 70% zurückgegangen, heißt es im Ersten Wiener Zinshaus-Marktbericht der Otto Immobilien Gruppe. Auch die Bezirke fünf, sechs und sieben sind im Umsatzranking deutlich zurückgefallen. Eugen Otto, Geschäftsführer der Otto Immobilien Gruppe: „Bei den Zinshäusern handelt es sich um Wiener Gold. Man gibt es nur bei einer entsprechenden Gegenleistung her und dann oft nicht einmal.“

Erhalt des Bestandes

Denn der Trend geht Richtung Sanierung und Renovierung. Otto bemerkt, „dass es eindeutig dahin geht, den Bestand zu pflegen und abzusichern. Eine Vielzahl unserer Klienten sind Privatpersonen und investieren mit Freude in ihre Häuser.“ „Durch eine umfassende Sanierung des Objektes kann eine erhebliche Wertsteigerung erreicht werden, die für beständige und zufriedene Mieter– und damit für eine langfristig sichere Einnahmequelle sorgt“, erklärt Michael Baert, Geschäftsführer der Premium Bauträger GmbH. Eine Wohnflächengewinnung, beispielsweise durch Dachbodenausbau oder Anbau eines Wintergartens, sorgt zudem für ein höheres Vermietungspotenzial.

Nachfrage durch Zuzug

Dass die Nachfrage weiterhin hoch bleiben wird, lässt sich schon daraus schließen, dass Wien– ebenso wie Berlin– einen starken Zuzug zu verzeichnen hat. Europaweit zeigt sich der Trend, dass die Ballungsräume wachsen und immer mehr Menschen in die Stadt ziehen. „In Wien werden wir bis 2030 auf rund zwei Millionen Einwohner wachsen und bis 2050 auf 2,5 Millionen“, erklärt Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Investoren können daher erwarten, dass sich auch Immobilien außerhalb des Gürtels sehr gut entwickeln werden. „Denken Sie beim Zinshauskauf aber nicht ausschließlich an Wien“, argumentiert Markus Arnold, Geschäftsführer von Arnold Immobilien: „Auch in Prag kann man attraktive Objekte erwerben, die nur etwas mehr als drei Autostunden von Wien entfernt liegen.“

Die Goldene Stadt

Prag hat noch in großen Teilen seine mittelalterliche Struktur bewahrt. Wien begann erst nach 1850 zu wachsen und Berlin wuchs ab 1900 in kürzester Zeit. In der Goldenen Stadt sind daher noch unglaubliche alte Originale vorhanden, allerdings „sind die Liegenschaften aufgrund der sehr alten Häuser kleiner“, so Schneeweiss. Das war auch ein Grund, warum der Prager Zinshausmarkt trotz Immobilienbooms in CEE und SEE vorerst unangetastet blieb. „Als sich Osteuropa geöffnet hat, haben sich die Developer und Investoren auf die großen Gewerbeprojekte gestürzt und keiner wollte sich mit kleineren Objekten abgeben“, erklärt Arnold, der selbst in der Prager Innenstadt ein Büro betreibt: „Die Stadt ist auch überschaubarer als Wien. Sie hat zwar die gleiche Größe, aber nur 1,2 Millionen Einwohner und statt 185.000 Gebäuden gibt es geschätzte 110.000.“

Auch in Prag steigen die Preise

Prag ist durch die Krise billiger geworden und man merkt natürlich den Abschwung von 2007 auf heute, aber die Preise ziehen wieder an, obwohl es sehr viel Angebot auf dem Markt gibt. Viele Russen sind unterwegs, die natürlich einen Konnex haben zur tschechischen Republik, denn Prag und Karlsbad gelten als Wochenendausflugsziel für die Reichen unter ihnen. Viele haben dort bereits Wohnungen und wollen sich jetzt auch Häuser kaufen. Es gibt auch sonst viele Europäer, die sich ein kleines Portfolio aufgebaut haben. Und natürlich nicht zu vergessen: vermögende Privatpersonen aus Tschechien, die jetzt auch beginnen, in Zinshäuser zu investieren. Arnold: „Wenn ein Investor auch für ausländische Märkte offen ist, dann ist Tschechien eine gute Option. Rechtlich stellt ein Investment in Prag keine besondere Herausforderung dar.“ Das Besondere an Prag ist, dass trotz des Kommunismus immer das Grundbuch gepflegt wurde und daher hat die tschechische Hauptstadt von allen osteuropäischen Ländern das beste.

Brennpunkt Berlin

In der einst geteilten Hauptstadt konnte sich der Wohnimmobilienmarkt über mehrere Jahrzehnte hinweg nicht so entwickeln, wie dies in anderen Weltmetropolen der Fall war. Immerhin war Berlin die einzige westeuropäische Stadt, die im „Ostblock“ lag. Jetzt stehen dafür in der deutschen Hauptstadt die Zeichen auf Sturm: Berlin wird von nationalen und internationalen Investoren gestürmt mit dem Ziel, Zinshäuser zu kaufen. Die in Berlin gehandelte Anzahl dieser Objekte ist seit 2010 laut eines Gutachterausschusses der Stadt um 21% gestiegen. Der Investitionsumsatz hat um 53% von 1,9 auf fast drei Milliarden Euro zugenommen. In Berlin geht der Sprung besonders schnell, da es zahlreiche institutionelle Investoren gibt, die mit viel Geld in der Tasche in die einst geteilte Stadt kommen. Es sind vor allem die mittel- bis langfristigen Wachstumsperspektiven, die für eine Investition in der deutschen Hauptstadt sprechen.

Wie in Wien: Nachfrage durch Zuzug

Die Zahl der Haushalte in Berlin ist zwischen 2005 und 2010 um knapp 100.000 gestiegen. Nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg sind in diesem Zeitraum durchschnittlich 18.120 Haushalte pro Jahr dazugekommen. Neben einem Bevölkerungswachstum durch Zuzug von rund 13.000 Menschen jährlich– auf insgesamt 65.000 in diesem Zeitraum– ist es vor allem die Zunahme der Ein-Personen-Haushalte, die den Wohnbedarf nach oben treibt. 54,1% der Berliner leben mittlerweile allein. In der Bevölkerungsprognose bis 2020 geht der Stadtsenat von einer Zunahme der Haushaltszahlen um bis zu 130.000 aus. Die Nachfrage nach Wohnungen wachse, der Leerstand sei im Durchschnitt auf 3% gesunken.

Steigende Mieten und Potenzial nach oben

Die Mieten sind aufgrund der wachsenden Nachfrage bereits deutlich gestiegen: 2011 liegt die Durchschnittsmiete nach dem amtlichen Mietspiegel bei 5,21 Euro pro Quadratmeter und damit um 8% höher als noch 2009. Immer noch ist Berlin weit entfernt vom Preisniveau anderer europäischer Großstädte. Das ergab eine Analyse der Deutschen Bank, in der die Spitzen-Wohnimmobilienpreise in den wichtigsten Hauptstädten weltweit untersucht wurden. Die Analysten bezeichnen Berlin als die „Welthauptstadt der kleinen Preise“ und sehen in der Stadt ein interessantes Investmentfeld mit viel Preisspielraum nach oben.

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  • Erschienen am:
    13.10.2011
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