Ich erinnere mich noch gut daran, dass es in meiner Jugendzeit Eisenbahnerhäuser gab, wie wir damals sagten. Dies waren von den ÖBB errichtete Wohnhäuser für deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Familien. Ein wunderbares Angebot, denn in den 50er- und 60er-Jahren war der Wohnraum knapp, und dieses Angebot war ein gutes Argument, bei den ÖBB zu arbeiten. Man muss natürlich auch dazusagen, dass die ÖBB nicht nur die Wohnungen geboten haben, sondern auch einen sicheren Arbeitsplatz, und in der damaligen Zeit war das so wie heute eine große Sache.
Irgendwann war dieser besondere Bonus einer Werkswohnung aber nicht mehr ein Must-have, sondern ein Nice-to-have. Und so ist es bis heute.
Es könnte durchaus wieder ein interessantes Angebot werden. Die Pressemeldung „ÖBB bieten MitarbeiterInnen sanierte Wohnungen“ hat mich darauf gebracht. Zur Erinnerung: Die ÖBB schaffen modernen Wohnraum mit fairen Mieten für ihre Beschäftigten und setzen damit ein starkes Zeichen als Top-Arbeitgeber mit sozialer Verantwortung sowie auf eine starke MitarbeiterInnenbindung. Das Wohnangebot könnte ein entscheidender Wettbewerbsfaktor am Arbeitsmarkt werden.
Die ÖBB mögen auch ohne diese Maßnahme ein attraktiver Arbeitgeber sein, aber offensichtlich befinden wir uns in gewisser Weise wieder in der damaligen Zeit: Wohnraum als Plus für eine Arbeitsstelle. Ich finde die Idee natürlich gut und halte das Angebot der ÖBB für einen sinnvollen Schritt. Es zeigt im Übrigen zwei große Herausforderungen unserer aktuellen Zeit – nämlich nicht nur den Mangel an ausgebildeten Fachkräften und qualitativen MitarbeiterInnen, sondern auch das Problem der Wohnraumknappheit. Wie sonst würde die Pressemeldung des Unternehmens den Weg in die Medien finden?
Wir haben zu wenig Wohnraum
Mittlerweile gibt es auch, in dem einen oder anderen Immobilienunternehmen Überlegungen, diese Idee der Betriebswohnungen wiederaufzunehmen, um damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Firma zu locken – ein Wettbewerbsvorteil im „war for talents“. Ich denke, das wäre für einige Unternehmen eine Win-win-Situation und gleichzeitig ein interessantes Investment.
Aber warum ist es notwendig, so zu agieren?
Weil es nicht genügend Wohnraum gibt bzw. weil er immer knapper wird. Weil junge Menschen sich immer schwerer tun, eine geeignete Wohnung zu finden. Sieht man sich die Statistik an, so muss man feststellen, dass in den kommenden zwei – vermutlich sogar drei – Jahren dieses Problem immer größer werden wird, da die Errichtung von Wohnraum stark einbricht.
Von politischer Seite kommt gar nichts – außer irgendwelche Deckelungen, die das ganze Problem noch verschärfen. Wenn also die Politik nicht in der Lage ist, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, dann müssen es die Unternehmen wohl selbst in die Hand nehmen.