Wiener Zinshaus-Markt: Nach Jahren hektischer Betriebsamkeit nun Stabilisierung

OTTO Immobilien: Mehr Angebot, gebremste Nachfrage - Preise sinken, Renditen steigen: Aktueller Marktbericht – Eugen Otto: Wohnkostenzuschuss eine treffsichere und faire Alternative

Fotocredit: Christian Steinbrenner

Wiener Zinshaus-Markt: Nach Jahren hektischer Betriebsamkeit nun Stabilisierung

Der Markt für Wiener Gründerzeit-Zinshäuser hat sich seit Herbst 2022 - dem allgemeinen Trend folgend - stark verändert. „Nach Jahren der hektischen Betriebsamkeit ist eine Stabilisierungs- und Bereinigungsphase eingeläutet“, berichtet Mag. Philipp Maisel, Teamleiter Zinshaus bei OTTO Immobilien am Montag bei einer Pressekonferenz. Demnach kam es 2022 nach einem starken ersten Halbjahr in der zweiten Jahreshälfte zu einem Abflauen der Marktdynamik – im Vergleich zu anderen Assetklassen allerdings in geringerem Ausmaß. So haben Bestandshalter begonnen, befeuert durch die deutlich gestiegenen Zinskosten innerhalb ihres Immobilienportfolios, häufiger als bisher ihre Projekte auf dem Markt zu platzieren, heißt es im aktuellen Zinshaus-Marktbericht von OTTO Immobilien. „Dadurch ist das Angebot gestiegen, während die Nachfrage einerseits durch die erhöhte Unsicherheit am Markt und anderseits durch die stark gestiegenen Finanzierungskosten gebremst wurde“, erklärt Maisel. Die verminderte Marktdynamik könnte nach seiner Einschätzung noch bis Jahresende dauern. Für 2024 erwartet der Zinshausexperte aus heutiger Sicht einen leichten Aufschwung.   

Aus aktuellem Anlass nahm Dr. Eugen Otto bei der Pressekonferenz auch zur jüngsten Entscheidung der Bundesregierung gegen die Einführung einer sogenannten Mietpreisbremse Stellung.  „Diese wäre ein unzulässiger Eingriff in bestehende Eigentumsrechte gewesen“, so der Firmenchef. Ein Wohnkostenzuschuss als finanzielle Unterstützung jener Menschen, die dies benötigen, sei für ihn hingegen eine „treffsichere und faire Alternative“.

Zinshausmarkt: 2022 weniger Transaktionen

Am Wiener Zinshausmarkt fanden im Jahr 2022 laut Zinshaus-Marktbericht in ganz Wien 483 Transaktionen statt. Gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2021 bedeutet dies einen Rückgang von -28 %. „In 14 Bezirken ist die Zahl der Verkäufe teils deutlich zurück gegangen. So konnte in den Bezirken 13 bis 17 ein Rückgang von durchschnittlich rund 52 Prozent beobachtet werden“, so Philipp Maisel. Doch es gibt auch Ausnahmen: „Im 1. und 9. Bezirk wurden mit +80 % bzw. +95 % die stärksten Zuwächse bei der Zahl der Zinshausverkäufe beobachtet. Insgesamt kam es in 11 Bezirken zu Steigerungen der Transaktionsanzahl, in 12 zu einer Stagnation“, betont Maisel. Dabei gab es mit einem Anteil von 58 % deutlich mehr Transaktionen in den Bezirken außerhalb des Gürtels als innerhalb.

Transaktionsvolumen 2022 bei rund 2 Mrd. Euro

Das gesamte Transaktionsvolumen, also Asset Deals und Share Deals zusammen, lag 2022 (mit Stand Februar 2023) laut OTTO Immobilien bei knapp über 2 Mrd. Euro. Im Jahr davor wurde mit 2,4 Mrd. Euro noch ein bisheriges Rekordergebnis erzielt. „Das Transaktionsvolumen der Asset Deals lag 2022 mit insgesamt rund 1,7 Mrd. Euro leicht unter dem Wert von 2021. Wir erwarten aber noch eine größere Anzahl an Nachläufen. Mit diesen noch nicht verbücherten Transaktionen könnte noch ein Volumen knapp unter dem Wert erreicht werden“, sagt Maisel. Auffallend sei, dass trotz der erschwerten Rahmenbedingungen im 2. Halbjahr 2022 insgesamt ein Transaktionsvolumen von rund 850 Mio. Euro umgesetzt wurde (Stand Februar 2023). Dies entspricht einer Zunahme von 8 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2021. 55 % des Verkaufsvolumens entfielen im Jahr 2022 übrigens auf die inneren, 45 % auf die äußeren Bezirke (-5 %-Punkte). Damit ist eine leichte Verschiebung der Anteile zugunsten der Bezirke innerhalb des Gürtels feststellbar. 

Preise sinken

Die Preise sind seit dem Herbst 2022 gesunken, in einigen Bezirken auch deutlich. „Über ganz Wien ist im Durchschnitt ein Minus von 10 % zu beobachten“, berichtet Maisel. Am stärksten gesunken sind die Mindestpreise im 2., 3., 10. und 20. Bezirk – mit einem Minus von jeweils rund 15 %. „Auch in den Bezirken 11, 12, und 18 sind die Einstiegspreise zurück gegangen. Hier haben wir Verluste zwischen 10 % und 11 % beobachtet, wobei Gründerzeit-Zinshäuser in einem durchschnittlichen Zustand nicht unter 2.035 Euro/m² verkauft werden“, so Mag. Maisel. Die Maximalpreise sind ebenfalls zurück gegangen – und zwar um durchschnittlich -9 % .

In Hinblick auf die Preiskategorien entfiel nach Erhebung der Expert*innen auf die Kategorie der ganzen Zinshäuser bis 5 Mio. Euro mit 64 % der Transaktionen ein um -5 %-Punkte niedrigerer Anteil als im Vergleichszeitraums des Jahres 2021. Die Anzahl der Verkäufe mit einem Volumen höher als 5 Mio. Euro hat dagegen deutlich zugenommen und liegt nun bei 36 %. „Im Bereich von über 10 Mio. Euro wurden sogar deutliche Zuwächse im Transaktionsvolumen verzeichnet“, weiß Maisel.

Renditen steigen

Erstmalig ziehen die Renditen im Jahr 2022 wieder an. „Im Großteil der Bezirke beträgt die Maximalrendite zwischen 2-3 %“, berichtet Dkfm. Christoph Lukaschek MBA, MRICS, Leiter Investment bei OTTO Immobilien. Die einzige Ausnahme bildet der Bezirk 1, wo die Maximalrendite unter 2 % liegt. „Die Spitzenrendite für das beste Objekt in der besten Lage (entspricht der Mindestrendite im 1. Bezirk) beträgt derzeit 0,76 %“ so Lukaschek.

Signifikanter Rückgang bei Share Deals

Für Share Deals verlief das Jahr 2022 zweigeteilt, berichtet Mag. Florian Schmidl, Geschäftsführer Mazars.  Während das erste Halbjahr noch vergleichbar mit der Vergleichsperiode 2021 verlief, kam es nach seiner Analyse im zweiten Halbjahr sowohl hinsichtlich der Anzahl als auch der Volumina zu einem starken Rückgang. „Zwar war auch in den Vorjahren erkennbar, dass das zweite Halbjahr jeweils tendenziell schwächer ausfällt, allerdings ist der Rückgang im zweiten Halbjahr 2022 auch im Vergleich mit dem zweiten Halbjahr 2021 signifikant“, so Schmidl. Die Anzahl der Transaktionen sank im Vergleich um 77%, die Volumina sogar um 84%. Insgesamt wurden im Jahr 2022 53 Share Deals durchgeführt – nach 72 im Jahr 2021 – ein Rückgang um 26%, betont Schmidl.

Unternehmen dominieren

Sowohl auf der Verkäufer- als auch auf der Käuferseite hatten Unternehmen 2022 die Nase vorn. „Knapp 81% aller Käufe sowie 43 % aller Verkäufe sind im Vorjahr von Unternehmen ausgegangen. Im Vergleich zum Jahr 2021 bedeutet dies +16 %-Punkte bei den Käufen, -9 %-Punkte bei den Verkäufen“, berichtet Maisel. Die restlichen Transaktionen sind der Gruppe der Sonstigen zuzurechnen. Vergleicht man das zweite Halbjahr 2022 mit jenem des Jahres 2021, so zeigt sich, dass auch in Bezug auf das Transaktionsvolumen Unternehmen die stärkste Käufer- sowie Verkäufergruppe darstellen: 95 % der Käufer (+ 6 %-Punkte) bzw. 55 % der Verkäufer des gesamten Transaktionsvolumens je Bereich entfallen auf diese. Privatpersonen sind als Käufer für 4 % und als Verkäufer für 41 % des Transaktionsvolumens im 2. Halbjahr 2022 verantwortlich, was eine Abnahme von -8 %-Punkten bzw. -2 %-Punkten bedeutet. Auf die Gruppe der Sonstigen entfielen nur rund 1 % des Volumens auf Käufer- bzw. 4 % auf Verkäuferseite.  

Bestand sinkt weiter  

Während im Herbst 2009 noch 15.529 Gründerzeit-Zinshäuser − im engeren Sinn nach OTTO Immobilien − identifiziert werden konnten, sind es mit Stichtag 14.2.2023 nur noch 13.607. Damit hat sich die Anzahl seit der letzten Berichtsperiode um 68 und somit insgesamt um 1.922 verringert, was einem Rückgang des Bestandes seit 2009 von etwa 12,4 % entspricht. Hauptgrund dafür ist die Begründung von Wohnungseigentum. Abrisse von Gründerzeit-Zinshäusern sind hingegen sehr selten, was für ihre hohe bauliche Qualität bzw. ihre ausgezeichnete Adaptierbarkeit spricht.  

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  • Erschienen am:
    29.03.2023
  • um:
    11:00
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