RICS veröffentlicht Global Construction Monitor Q1 2023
Weltweiter Bautätigkeitsindex mit dem stärksten Wert seit Anfang 2022, dabei trägt die Region APAC den größten Anteil
Wachstum im Infrastrukturbereich übertrifft in allen Regionen weiterhin die Aktivitäten im Bereich Wohn- und Gewerbeimmobilien
Obwohl Materialkosten immer noch das größte Hindernis für die Marktaktivität darstellen, zeigen die jüngsten Ergebnisse, dass dieser Druck leicht nachlässt
Deutschland: Bautätigkeitsindex steigt leicht von -17 auf -14
Weiterer Rückgang im privaten Wohnungsbau für dieses Jahr in Deutschland erwartet: Nettosaldo fällt von -57 % auf -59 %
Aussichten für steigende Bautätigkeit im Infrastrukturbereich in Deutschland steigen von +14 % auf +32 %
Dennoch zeigt sich die Dynamik trotz des leichten Aufschwungs relativ bescheiden. Materialkosten, finanzielle Zwänge und der Mangel an Arbeits- bzw. Fachkräften beeinträchtigen den Markt weiterhin, auch wenn sich einige dieser Faktoren etwas verbessert haben.
Region APAC führend bei Verbesserung des Gesamtindex
Drei der vier weltweiten Regionen weisen aktuell einen positiven CAI auf. Vor allem die Region APAC verzeichnete einen starken Aufschwung. Hier stieg der CAI von +7 auf +23. Auch die MEA-Region erreicht weiterhin einen positiven CAI-Wert von +25, der im Vergleich zum vierten Quartal 2022 unverändert blieb. Der CAI für Nord-, Mittel- und Südamerika stieg von +13 auf +18. Im Gegensatz dazu ist Europa die einzige Region, in der der CAI im negativen Bereich liegt, wenn auch nur geringfügig. Hier ist der CAI leicht auf -4 gesunken, nachdem er in der letzten Umfrage noch bei -2 gelegen hatte.
Auf Länderebene verzeichneten Deutschland und die Niederlande negative CAI-Werte, auch wenn sich die Werte in beiden Ländern leicht verbessert haben. So stiegt der CAI in der Bundesrepublik von -17 auf -14 und in den Niederlanden von -36 auf -20. In Spanien (Anstieg von -12 auf +1) und Großbritannien (Anstieg von -7 auf +5) hat sich das Gesamtbild positiv verändert, während der CAI-Wert in Frankreich von +23 auf +9 gefallen ist. In allen Ländern verringert sich aufgrund der steigenden Hypothekenzinsen die Arbeitsauslastung im privaten Wohnungsbau weiter. Saudi-Arabien (+69), Indien (+53), Nigeria (+47) und die Vereinigten Arabischen Emirate (+41) sind im weltweiten Vergleich die Nationen mit den höchsten CAI-Werten. Alle Marktsegmente verzeichnen in diesen Ländern einen Anstieg des Arbeitsvolumens, ein Trend, der sich in den letzten Quartalen fortgesetzt hat.
Obwohl der CAI-Wert für China aktuell mit +10 nur leicht positiv ist, stellt dies eine deutliche Trendwende gegenüber dem letzten Wert von -10 dar. Darüber hinaus ist dies der stärkste Gesamtwert in China seit dem zweiten Quartal 2021. Auch in Hongkong (von + 1 auf +23) und Singapur (von +30 auf +37) zog der CAI im ersten Quartal deutlich an. Am schwächeren Ende des Spektrums ist die Situation in Sri Lanka (-38) und Katar (-22) weiterhin schwierig, da beide Länder stark negative CAI-Werte aufweisen.
Infrastrukturbereich mit stärksten Wachstumsaussichten für kommende 12 Monate
Der Infrastruktur verzeichnet sowohl global als auch in den Regionen im Vergleich zu allen anderen Sektoren die stabilsten Erwartungen für das Arbeitsvolumen in den nächsten 12 Monaten. In der Region APAC erreicht der aktuelle Nettosaldo hier einen Wert von +64 % und damit den höchsten Wert seit Beginn der Untersuchungsreihe im Jahr 2020. Auch in Nord- und Südamerika sowie im Mittleren Osten bleiben die Wachstumserwartungen im Bereich Infrastruktur dynamisch, nur in Europa fallen sie etwas bescheidener aus.
Herausforderungen bei Materialkosten sind nach wie vor groß, scheinen sich aber etwas zu entspannen
Die Materialkosten sind nach wie vor das am häufigsten genannte Hindernis für die Marktaktivität weltweit. Allerdings ist der Anteil der Befragten, die diesen Grund angaben, in jedem der letzten vier Quartale von einem Höchststand von 91 % in Q1 2022 auf 75 % in diesem Quartal zurückgegangen. Darüber hinaus gaben etwas mehr als zwei Drittel der Befragten an, dass die Finanzierungsbedingungen die Bautätigkeit hindern.
Europa: Außer im Infrastruktursektor weiterhin gedämpfte Aussichten trotz erster Anzeichen eines nachlassenden Kostendrucks
Die Ergebnisse für Europa zeigen weiterhin einen allgemein gedämpften Ausblick für den gesamten Bausektor. Ermutigend jedoch ist, dass die Prognosen der Befragten für die Gesamtinflation der Baukosten gesunken sind, was auf eine gewisse Abschwächung des starken Drucks auf die Branche schließen lässt.
Aggregierter Bautätigkeitsindex bleibt stabil
Europaweit lag der CAI-Wert bei -4 und veränderte sich damit kaum gegenüber dem Wert von -2 im letzten Quartal. Auf Länderebene verzeichnen sowohl Italien (+19) als auch Irland (+18) einen höheren CAI als im europäischen Durchschnitt. In Frankreich bleibt der CAI zwar leicht positiv (+9), verliert dennoch seine Dynamik im Vergleich zu Q4 2022 mit +23. In Großbritannien und Spanien blieb der CAI weitgehend unverändert und konnte sich sogar leicht verbessern. Im Gegensatz dazu sind die Gesamtergebnisse in Deutschland und den den Niederlanden weiterhin negativ, obgleich eine leichte Verbesserung zu verzeichnen ist.
Privater Wohnungsbau bleibt Schlusslicht, während der Ausblick im Infrastrukturbereich nach wie vor recht optimistisch ist
Auf gesamteuropäischer Ebene ist die Auslastung im privaten Wohnungsbau weiterhin rückläufig. Hier fiel der Nettosaldo von -9 % auf -13%. Negative Werte verzeichnen dabei Frankreich (von +25 % auf -25 %), Deutschland (keine Veränderung -25 %), die Niederlande (von -50 % auf -25 %) und Großbritannien (von -13 % auf -9 %). Im Gegensatz verzeichnen Irland und Italien mit +15 % und +20 % positive Werte. Bei den Zwölfmonatserwartungen deuten die Ergebnisse für den privaten Wohnungsbau eine relativ flache Entwicklung europaweit an, da der Nettosaldo auf null gesunken ist, nachdem er im letzten Quartal bei -9% lag. Besonders negativ sind die Erwartungen nach wie vor in Deutschland (von -57 % auf
-59 %) und den Niederlanden (von -88 % auf -60 %). Auch die Bautätigkeit im privaten Nichtwohnungsbau stagniert in Europa. Hier liegt der Nettosaldo jetzt bei -1 % im Vergleich zu +4 % in Q4 2022. Die Erwartungen für die kommenden 12 Monate befinden sich in diesem Sektor im neutralen Bereich. Allerdings konnte sich hier der Nettosaldo von zuletzt -7 % auf +2 % verbessern. Auf Länderebenen zeigen sich die Umfrageteilnehmer in Frankreich, Großbritannien und Spanien im regionalen Durchschnitt für die Bautätigkeit im Nichtwohnungsbau für die nächsten 12 Monate zuversichtlicher. In Deutschland aber fiel der Nettosaldo hier von -13 % auf -15 %. Der Infrastrukturbereich zeigt sich sowohl bei der aktuellen Arbeitsauslastung als auch den Zwölfmonatserwartungen europaweit positiver. Hier erwartet ein Nettosaldo von +17 % eine weitere Zunahme. In Deutschland stieg der Wert sogar von +14 % auf +32 %.
Materialkosten immer noch größtes Hindernis, obwohl Druck nachlässt
Obwohl die Materialkosten in Europa nach wie vor der am häufigsten genannte Faktor sind, die den Markt derzeit am meisten hemmen, hat sich der Anteil der Befragten von 86 % in Q1 2022 auf aktuell 73 % reduziert. In Deutschland stieg der Wert allerdings von 74 % auf 88 %. Auch bei der Zwölfmonatsprognose für die Baukosten europaweit ist eine positive Entwicklung zu verzeichnen. Doch obwohl dieser Druck nachlassen dürfte, erwartet ein Nettosaldo von -17 % eine Verringerung der Gewinnmargen in den nächsten 12 Monaten, in Deutschland liegt der Wert sogar bei -36 %.
Fazit: Erwartung an eine Verbesserung sind stark an Infrastrukturmaßnahmen geknüpft, Aussichten im privaten Wohn- und Gewerbesektor deutlich geringer
Susanne Eickermann-Riepe, Vorstandsvorsitzende der RICS Deutschland: „Die Weltregionen APAC und MEA stützen den Construction Activity Index weltweit, insbesondere aufgrund großer Infrastrukturprojekte. Das Sentiment zeigt auch deutlich, dass die positiven Erwartungen stark an diesen Sektor geknüpft sind, während die Aussichten im privaten Wohn- und Gewerbesektor im Vergleich deutlich geringer sind. Gerade in Europa ist der leichte Aufschwung relativ bescheiden. Materialkosten, finanzielle Zwänge und der Mangel an Arbeits- bzw. Fachkräften beeinträchtigen den Markt weiterhin, auch wenn sich einige dieser Faktoren etwas verbessert haben. Allerdings rechnet die Branche in Europa und auch in Deutschland mit besseren Aussichten in Bezug auf Infrastrukturmaßnahmen im Laufe des Jahres.“