Die Kommunikationswissenschaftler:innen der deutschen Uni und die Expert:innen des österreichischen Kommunikationsberatungs-unternehmens haben im März und April 2024 Projektverantwortliche von 224 Bauvorhaben in Deutschland, Österreich und Südtirol befragt, darunter Projekte wie der SuedLink oder der Brenner-Basistunnel. Das Investitionsvolumen der Projekte liegt insgesamt bei 426 Milliarden Euro. Aus Österreich waren 55 Projekte mit einem Volumen von 40 Milliarden dabei, aus Südtirol 14 Projekte mit 6,5 Milliarden. Eines der zentralen Ergebnisse: Fast alle Befragten setzten bei ihren Projekten auf freiwillige Kommunikation – 87 Prozent mit dem Ziel der Information, 72 Prozent mit dem Ziel des Dialoges. Nur zwei Prozent gaben an, ohne Kommunikation ausgekommen zu sein.
„Eine ähnliche Befragung haben wir bereits 2018 gemeinsam durchgeführt. Nun sind die Ergebnisse noch eindeutiger: Kommunikation und Beteiligung sind nicht nur gesellschaftlich sinnvoll, sie zahlen sich auch für die Projektwerber aus“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Frank Brettschneider vom Institut für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim.
Nutzen höher als Kosten
Das zeige sich nicht nur an dem Umstand, dass nahezu zwei Drittel der Befragten den Nutzen der Kommunikation höher einschätzen als die Kosten. Sondern auch daran, dass 72 Prozent der Projektwerber:innen der Meinung seien, dass die Kommunikation ihr Projekt positiv beeinflusst hat. Nur vier Prozent berichten vom umgekehrten Effekt. Die übrigen sehen keinen Einfluss der Kommunikation auf ihr Projekt oder können das noch nicht sagen.
„Früher hat es oft geheißen, man kommuniziere nicht, um keine ungewollte Aufmerksamkeit zu erregen. Heute wissen die Projektwerber:innen, dass die Schweinwerfer oft schon sehr früh auf sie gerichtet sind, und gestalten ihre Kommunikation dementsprechend vorausschauend“, analysiert clavis-Geschäftsführer Ulrich Müller. Mit aktiver Kommunikation könne man nämlich die Wahrnehmung bei den Stakeholdern und in der Öffentlichkeit steuern, während bei mangelnder eigener Kommunikation oft Projektgegner:innen, etwa aus Bürgerinitiativen, NGOs oder anderen Interessengruppen, den Deutungsrahmen vorgeben.
Fehlende politische Unterstützung als Minuspunkt
Zu wenig, zu späte oder zu wenig professionelle Kommunikation sind daher Gründe für mangelnden Projekterfolg, gaben die Projektverantwortlichen an. Andere Gründe seien die fehlende politische Unterstützung, bürokratische Hürden, emotionale Bürgerinitiativen und Fake-News.
Beim Großteil der befragten Unternehmen ist die Akzeptanz für das Projekt mit der Kommunikation gestiegen, nur bei neun Projekten hat sich die Akzeptanz verschlechtert. Eingesetzt wurden etwa Medienarbeit, Informationsveranstaltungen, Projektwebsites und Visualisierungen (u. a. Virtual Reality und 3D). Relativ neu sind sogenannte Bürgerräte, also Dialogveranstaltungen mit zufällig ausgewählten Bürger:innen. Sie wurden bislang nur von wenigen Projektverantwortlichen durchgeführt, aber diejenigen, die dieses Instrument verwendet haben, beurteilen es als ganz besonders wertvoll. Social Media hingegen werden eher nicht als nützlich wahrgenommen. Knapp zwei Drittel der Unternehmen lassen sich in der Strategie und/oder in der Umsetzung von externen Agenturen beraten.
Kommunikation macht Planung nachvollziehbar
Den größten Gewinn sehen die Projektwerber:innen in der gewonnenen Transparenz. Der Aussage „Der Einsatz von Kommunikation hat unsere Planungen für die Öffentlichkeit nachvollziehbar gemacht“ stimmen 83 Prozent der Befragten zu. 80 Prozent sagen, die Kommunikation habe ein kooperatives Miteinander mit den Stakeholdern gefördert, 45 Prozent meinen, die Kommunikation habe Proteste reduziert oder verhindert.
„Kommunikation ermöglicht gesellschaftlich tragfähige Lösungen auch bei strittigen Projekten. Das sehen wir jetzt auf einer sehr breiten Basis – es handelt sich um die größte länderübergreifende Studie zum Thema Projektkommunikation im deutschsprachigen Raum. Projekterfolg erfordert Dialog mit der Bürgerschaft, der Politik und der Verwaltung. Immer mehr Unternehmen in Deutschland, Österreich und Südtirol wissen das und handeln entsprechend“, bilanziert Studienleiter Frank Brettschneider.