Es wird heißer in Österreich. Mit den von Jahr zu Jahr häufiger auftretenden Tropennächten mit über 20°C und Tagestemperaturen jenseits der 30°C steigt auch der Kühlbedarf von Gebäuden deutlich. Eine aktuelle Studie im Auftrag des Klima- und Energiefonds und dotiert aus Mitteln des Klimaschutzministeriums zeigt nun, dass sich der Kühlenergiebedarf bis 2050 ohne passive Kühlmaßnahmen beinahe verzehnfachen könnte. Abhilfe schaffen können hier passive Maßnahmen wie Gebäudebeschattung, Bauteilaktivierung und Nachtlüftung. Sie können den Kühlbedarf um über zwei Drittel senken.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler: „Lange und erdrückende Hitzetage sind leider keine Seltenheit mehr. Die Auswirkungen der Klimakrise sind längst für alle Menschen spürbar. Vor allem die extreme Hitze im Sommer erfordert eine Kühlung von Gebäuden. Die dafür nötige Energie muss aus Erneuerbaren kommen und durch sinnvolle bauliche Maßnahmen ergänzt werden. Die vorliegende Studie zeigt, welche Maßnahmen langfristig sinnvoll sind.“
Klima- und Energiefonds-Geschäftsführerin Theresia Vogel: „Die sommerliche Hitze nimmt stetig zu, beeinflusst unser Wohlbefinden und gefährdet potenziell unsere Gesundheit. Wir müssen jetzt handeln und unsere Gebäude und unser Energiesystem auf den steigenden Kühlbedarf vorbereiten – mit PV-Anlagen auf den Dächern, Bauteilaktivierung und Beschattung.“
Vier Szenarien: Entwicklung des Kühlbedarf bis 2050
Die Studie wurde durch das AIT - Austrian Institute of Technology, das Energieinstitut an der Johannes-Kepler-Universität Linz und das Institut für Energiesysteme und elektrische Antriebe an der Technischen Universität Wien erstellt. Das Forschungsteam hat anhand vorhandener Daten zur Gebäudekühlung, Klimadatensätzen und anhand eines österreichischen Gebäudebestandsmodells verschiedene Szenarien bzw. Untersuchungsfälle festgelegt, welche mehrere aus heutiger Sicht realistische Entwicklungspfade repräsentieren:
Referenzszenario: Istzustand im Ausgangsjahr 2020
Szenario „Hoch“: u.a. nur 40 % Abschirmung solarer Wärmeeinträge durch Verschattung, mäßige passive Kühlung mittels Nachtlüftung (Luftwechsel 0,5 h-1), höchste Ansprüche an den thermischen Komfort (maximale Raumtemperatur von 24°C)
Szenario „Mittel“: u.a. mittlere Abschirmung solarer Wärmeeinträge durch Verschattung (50 %), gute passive Kühlung mittels Nachtlüftung (Luftwechsel 1,5 h-1), mittelhohe Ansprüche an den thermischen Komfort (maximale Raumtemperatur von 25°C)
Szenario „Niedrig“: u.a. effektive Abschirmung solarer Wärmeeinträge durch Verschattung (80 %), effektive passive Kühlung mittels Nachtlüftung (Luftwechsel 2,5 h-1), moderatere Ansprüche an den thermischen Komfort (maximale Raumtemperatur von 26°C)
Das Ergebnis: Je nach Szenario und Gebäudekategorie variiert die Entwicklung des Kühlbedarfs stark und erhöht sich nur bei Gebäuden mit niedrigem Kühlbedarf nicht (siehe Bild).
Empfehlung: Kühlmaßnahmen in Bauordnung und Förderungen verankern
In Bezug auf öffentliche Förderprogramme empfehlen die Studienautor:innen, Maßnahmen zur Reduktion des Kühlbedarfs in die bestehenden Instrumente zur Reduktion des Heizwärmebedarfs zu integrieren. Passive Maßnahmen zur Reduktion des Kühlbedarfs könnten sowohl regulativ (Bauordnung) als auch als Förderkriterium expliziter herangezogen werden. Beim Fenstertausch zur Wärmedämmung könnte etwa das Anbringen von Rollläden forciert werden.
Vorzeigestadt „Cool-down Güssing“
Um der sommerlichen Hitze und den damit einhergehenden Auswirkungen auf die Bevölkerung zu begegnen, fördert der Klima- und Energiefonds im Rahmen seiner Smart Cities Initiative das Projekt „Cool-down Güssing“. In Güssing, einer Stadtgemeinde im Südburgenland, die besonders von sommerlicher Überhitzung betroffen ist, wird nach einem Open Innovation-Ansatz und mittels Co-Creation nach Lösungen gesucht, um den Gebäudebestand, hauptsächlich Altbauten, mit energieeffizienten, innovativen Kühlsystemen nachzurüsten. Ziel des Projektes ist es, Erfahrungen im Bereich Gebäudekühlung zu sammeln und zu demonstrieren, wie klimaschonende und integrative Lösungen wirtschaftlich betrieben und finanziert werden können.