Allein das Rahmenprogramm des Wiener Gesundheitsbundes unterstreicht, wie umfassend die Herausforderungen im Österreichischen Gesundheitswesen derzeit sind. Bis 2040 sollen alle Wiener Kliniken komplett modernisiert werden. So soll einerseits die Vollversorgung der Patient:innen im gesamten Stadtgebiet auf modernstem Niveau sichergestellt werden. Andererseits soll durch Schwerpunktbildung bei den Leistungen der einzelnen Kliniken eine Qualitätssteigerung erreicht werden, heißt es von Seiten des Gesundheitsbundes.
Mit der Einführung des LKF-Systems (Leistungsorientierte Krankenanstalten-Finanzierung) in Österreich im Jahr 1997 ist man mit dem Ziel, Kosten zu reduzieren, von der ehemals gängigen pauschalen Tagessatzfinanzierung übergegangen auf ein Modell, das sich im Wesentlichen auf „Diagnose und erbrachte Leistung“ stützt. Dies hat dazu geführt, dass viele Krankenhäuser ihre Prozesse und Strukturen optimiert haben. Dennoch stehen Gesundheitseinrichtungen heute vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Der Kostendruck steigt stetig, die Planungssicherheit hat auf Grund allgemein steigender Preise, Materialverknappung und gestörter Lieferketten abgenommen. Prozesse müssen noch effizienter gestaltet, Strukturen neu gedacht werden. Zudem steigen die Ansprüche an Klinikimmobilien sowie die Standards im Patientenkomfort.
Wandel im Gesundheitswesen
„Wir leben in Zeiten großer Veränderungen“, erklärt Gerald Herndlhofer von Drees & Sommer Österreich. „Kostendruck, Personalengpässe, die sich verändernde Demografie, der Klimaschutz und neue Technologien sind nur einige der Einflussfaktoren für die Planung, den Bau und den Betrieb von Kliniken der Zukunft. Der Bau einer Klinik war schon bisher auf Grund der hohen Komplexitäten eine große Herausforderung. Wir brauchen künftig eine noch stärkere und möglichst frühzeitige Vernetzung von Planer:innen, Ausführenden und Betreiber:innen, um möglichst effiziente Lösungen entwickeln zu können.“
Digitale Planung für Bau und Betrieb
Eine besondere Bedeutung kommt dabei der digitalen Planung mit Building Information Modeling BIM zu. „Nicht nur, dass wir mit BIM alle Beteiligten im Planungsprozess in einer digitalen Planungsumgebung zusammenführen können, tragen wir in der Planung auch eine große Menge an relevanten Daten zusammen, die auch für den Gebäudebetrieb relevant sind“, betont Arnold Schmitzer, Geschäftsführer von PM1 part of Drees & Sommer. „Wenn alle Daten im BIM-Modell sorgsam aufbereitet und gewartet werden, kann später dem Facility Management ein digitaler Zwilling des Gebäudes in die Hand gegeben werden, um den Betrieb detailliert und effizient zu planen. Es wird immer wesentlicher, Daten sauber aufzubereiten und allgemein verständlich den Projektbeteiligten zur Verfügung zu stellen.“
Flexibel planen
Zudem müssen Klinikimmobilien der Zukunft so geplant werden, dass interne Prozesse immer wieder flexibel an neue Gegebenheiten angepasst werden können. Denn gerade durch die voranschreitende Digitalisierung kommt es immer wieder dazu, dass ehemals strikt getrennte Bereiche in einem Krankenhaus miteinander verknüpft werden müssen, um effiziente Lösungen zu schaffen. Dazu gehören neben einer modernen Raumplanung und zeitgemäßen Gebäudestrukturen auch effiziente sowie kostenoptimierte Organisationsprozesse.
Neue Technologien, die sich gerade rasant entwickeln, sei es im Bereich künstlicher Intelligenz oder der Robotik, müssen dabei genauso mitgedacht werden wie Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz. Ein möglichst energieeffizienter Betrieb ist in der Planung eines der zentralen Ziele. Zudem muss auch die Architektur einer Klinik den Bedürfnissen der Nutzer:innen – beispielsweise nach möglichst kurzen Wegen und viel Tageslicht – gerecht werden. „Mit all dem einhergehend ist auch der Anspruch an die Veränderbarkeit der baulichen Strukturen erheblich gestiegen. Modulare Planungen werden künftig somit eine größere Rolle spielen“, erklärt Herndlhofer. Nicht zuletzt führt auch die zunehmende Ambulantisierung zu einer Neubewertung des Flächenbedarfs. „Somit wird auch die Umnutzung eines bestehenden Krankenhauses oder von Teilen davon in Zukunft an Bedeutung gewinnen.“
Maximale Kostensicherheit
„Während die Ansprüche an Flexibilität, Komfort und Qualität im Gesundheitswesen steigen, müssen Kosten genau eingehalten werden“, betont Schmitzer. „Dies können wir nur mit den entsprechenden Abwicklungsmodellen und Tools im Projektmanagement, als auch einer frühen Integration der Nutzer:innen und Betreiber:innen einer Klinikimmobilie sicherstellen. Wesentlich ist eine Planung, die sich an den Nutzer:innen orientiert.“ Und deren Bedürfnisse bzw. die generellen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen ändern sich laufend. „Man denke nur an die demographische Entwicklung mit einer immer älter werdenden Bevölkerung, neue medizinische Leistungen oder den zunehmenden Einsatz von neuen Technologien wie etwa künstlicher Intelligenz“, ergänzt Herndlhofer. „All das muss stärker, möglichst frühzeitig und vorausschauend in die Planung einer Klinikimmobilie berücksichtigt werden.“
Darüber hinaus empfiehlt sich eine partnerschaftliche Projektabwicklung, beispielsweise über Early Contractor Involvement (ECI) Modelle, in denen alle ausführenden Unternehmen frühzeitig, in einer Phase höherer Kostenbeeinflussbarkeit ins Projekt integriert werden und ihr Know-how einbringen können. Professionelle Projektmanagement-Methoden auf Basis des Lean-Gedanken und dem Einsatz moderner Planungsinstrumente wie BIM sind für Herndlhofer und Schmitzer ein Muss, um maximale Kostensicherheit gewährleisten zu können.