Keine neuen Shopping Malls mehr
In den letzten fünf Jahren sind in Österreich – mit Ausnahme eines Projektes in Steyr – keine größeren Shopping Malls eröffnet worden. Und auch die Projektpipeline ist leer: lediglich ein kleineres Projekt soll 2022 (in Lienz) fertig werden und eines 2023 (VIO-Plaza, Wien). Das geplante Kaufhaus am Areal des ehemaligen Leiners auf der Wiener Mariahilfer Straße ist ein weiteres bekanntes Retailprojekt, das jedoch nicht zur Kategorie der Shopping Malls zählt. Vor einigen Jahren war das noch ganz anders: Während in den letzten fünf Jahren insgesamt nur etwa 20.000 m² neue Fläche entstanden sind, waren es in den fünf Jahren zuvor mit 205.000 m² mehr als zehnmal so viel.
Zu viele Flächen und kaum neue Mieter
Beim Flächenangebot in Shopping Malls in Relation zu den Einwohnern liegt Österreich im Europavergleich im oberen Drittel, was – bisher – auf Grund der hohen Kaufkraft und den dementsprechenden Ausgaben im Einzelhandel durchaus passend war. Doch die Zeiten haben sich geändert: Der Anteil der online gekauften Waren steigt kontinuierlich auf derzeit bereits 16 % und die Retailer sind mit dementsprechend geringeren Quadratmeterumsätzen konfrontiert. Und betroffen sind vor allem Bekleidung, Schuhe, Elektro, Bücher, Sport, Spiel-waren – also die derzeit wichtigsten Branchen in einer Shopping Mall. Die logische Konse-quenz ist die Reduktion der Geschäftsflächen in diesen Branchen.
Die Pandemie beschleunigt die Metamorphose
Seit Beginn der Pandemie haben in Österreich die Eigentümer der knapp 150 Shopping Malls etwa 200 Mio. € an Mieteinnahmen verloren. Und selbst vor Covid war die Welt schon nicht mehr so einfach wie noch vor 10 Jahren, wo es teilweise noch lange Wartelisten für die Mieter gegeben hat. Einzelne Branchen, vor allem Bekleidung, Schuhe und Lederwaren schließen Standorte auch in Einkaufszentren oder verkleinern sie. Allein Lebensmittel und Drogerie blieben stabil, was in einigen Fällen ein Rettungsanker war. Mangels expansions-williger Einzelhändler werden so die sonst leerstehenden Flächen deutlich günstiger angebo-ten und sind deswegen auch für Non-Food-Diskonter, Möbelhändler oder sogar für Auto-häuser interessant.
Mixed-Use statt monofunktional
Wenn die angebotenen Retailflächen zu viel sind und die Nachfrage der Mieter zu gering, wird es jedoch mittelfristig völlig andere Strategien benötigen, um die Shopping Malls er-tragreich zu halten, denn der reine Verkaufsvorgang wird künftig nur mehr eine Nebenrolle spielen. Kommunikation, Emotion und die Suche nach Erfahrungen werden die Gründe sein, um künftig in die Mall zu kommen. Für die Eigentümer bedeutet es jedenfalls flexibler und risikofreudiger zu werden – was für risikoscheue Endinvestoren durchaus eine Herausforde-rung bedeutet. Die Lösung ist einfach, aber je nach Standort unterschiedlich umzusetzen: multifunktional statt monofunktional. Öffnen von reinen „Verkaufstempeln“ zu urbanen, offeneren Orten/Plätzen: Ärztezentren, Ambulanzen, Coworking Spaces, Showküchen, Party-räume, Seminarräume, Yogastudios, Kultureinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen, Club-räume, Beautyeinrichtungen, Fitness, Workshops, Markthallen, Fashion Shows, Bildungsein-richtungen, temporäres Wohnen, Senioreneinrichtungen, urbane Logistik etc.
Die österreichischen Betreiber verhalten sich momentan noch sehr konservativ: Während etwa in Finnland die Kommunen große Flächen in den Malls für ihre Angebote mieten oder in Toronto der Cirque du Soleil eingemietet ist und bei vielen neuen Malls die Grenzen zwischen Einkaufen, Gastronomie, Events, temporäre Working Spaces etc. völlig ver-schwimmen, dominiert in Österreich noch der klassische, monofunktionale Einzelhandel.
Shopping Malls – ein Auslaufmodell?
DI Romina Jenei, CEO von RegioPlan Consulting fasst zusammen „Zum Shoppen braucht man keine Mall mehr. Der Name ist daher auch nicht mehr passend. Was es auf Grund des völlig geänderten Kundenverhaltens in den nächsten Jahren brauchen wird, ist ein Ort, an dem man zwar „auch“ einkaufen kann, aber eigentlich aus völlig anderen Gründen hinkommt: Kommunikation, Unterhaltung, Erledigungen etc. Schon der Erfinder der Shopping Center, der Österreicher Viktor Gruen, wusste 1956, dass es für die Attraktivität einen Mix braucht: über 30 % Nicht-Handel, dagegen mehr Flächen für Treffpunkte/Kommunikation etc. Fazit: die Zukunft der Shopping Malls ist multifunktional – also Mixed-Use. Planer, Betreiber und Investoren werden sich darauf einstellen müssen.“