Pressekonferenz ÖVI Jahresausblick Immobilienwirtschaft 2023

„Das Immobilienjahr 2023 wird von deutlichen Veränderungen geprägt sein“, ist ÖVI-Präsident Georg Flödl anlässlich der Jahrespressekonferenz des Österreichischen Verbandes der Immobilienwirtschaft überzeugt.

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„Das Immobilienjahr 2023 wird von deutlichen Veränderungen geprägt sein“, ist ÖVI-Präsident Georg Flödl anlässlich der Jahrespressekonferenz des Österreichischen Verbandes der Immobilienwirtschaft überzeugt. Das liegt zum einen an massiven, geplanten gesetzlichen Änderungen (Maklergesetz/Bestellerprinzip, Erneuerbaren-Wärme Gesetz), zum anderen an den herausfordernden Verhältnissen am Immobilienmarkt: Von der Schwierigkeit, Kreditfinanzierungen zu bekommen, über die massiv gestiegenen Baukosten und Lieferkettenschwierigkeiten bis hin zu hohen Energiepreisen und Inflationsraten in ungewohntem Ausmaß.

Bestellerprinzip bei der Vermittlung von Mietwohnungen – keiner kann gewinnen.

Der Gesetzgeber plant, dass der Immobilienmakler bei der Vermittlung von Mietverträgen für Wohnungen ab 1.7.2023 in der Regel nur mehr einseitig vom Bestandgeber beauftragt werden kann. Einzige Ausnahme werden Suchaufträge des Mietinteressenten sein, wenn der Makler weder einen Auftrag vom Vermieter noch die Immobilie schon beworben hat.

Das Prinzip der Doppelmaklertätigkeit, verankert sowohl im Maklergesetz 1996 als auch in den Vorgängerbestimmungen im Handelsvertretergesetz 1921, war über 100 Jahre festgeschrieben und wird nun in der Wohnungsmiete de facto abgeschafft. Die Besonderheit der Dienstleistung des Maklers, beide Seiten als Vermittler zusammenzuführen und jeweils zu beraten, wird nun kraft Gesetzes beendet werden.

Das Narrativ der Justizministerin, dass in der Vergangenheit ausschließlich Mieter die Maklerprovision bezahlt hätten, ist schlicht und ergreifend falsch ist. Als Doppelmakler war der Makler bisher beidseitig tätig und beauftragt und hatte auch ein Honorar im Erfolgsfalle vereinbart. Ohne die Honorierung wird die Dienstleistung in dieser Form auch nicht mehr angeboten werden können. „Schon die Einführung des Bestellerprinzips in Deutschland 2015 hat gezeigt, dass dieses Gesetzesvorhaben Verlierer auf allen Seiten zugleich schafft“, so Flödl kritisch. MieterInnen werden sowohl weniger Angebot als auch geringeres Service finden. In unserem Nachbarland Deutschland ist das sichtbare Angebot auf den Online-Immobilienplattformen bei der Einführung des Bestellerprinzips um ein Drittel gesunken. Ein Phänomen, das vor allem Menschen trifft, die neu in einer Stadt sind, da sie über keine informellen Netzwerke verfügen. Das Beispiel Deutschland zeigt aber auch, dass Gruppenbesichtigungen zu festgeschriebenen Zeiten üblich sind, und Schlangen von Interessenten bis auf den Gehsteig im urbanen Raum das Bild prägen.

Vermieter sehen sich damit konfrontiert, die gesamten Dienstleistungskosten sowohl für den Suchenden als auch für sich selbst, tragen zu müssen. Im Vollanwendungsbereich des MRG sind derartige Kosten nicht abbildbar - im Gegensatz zu Bestimmungen des WGG zB – einmal mehr ein einseitiger Eingriff des Gesetzgebers in die Rechtspositionen des Vermieters. Zu guter Letzt zeigen die Auswirkungen in Deutschland auch klar, dass das Bestellerprinzip zu einem massiven Rückgang an Maklerunternehmen und eben auch an Arbeitsplätzen in diesem Bereich führen wird.

„Mit diesem Gesetzesschritt verlieren alle Seiten. Die gewünschte Entlastung in der Miete könnte sicherlich eher geschaffen werden, wenn der soziale Wohnbau, der 60% der Mietverhältnisse in Österreich abdeckt, treffsicher ausgestaltet wird und jenen zur Verfügung steht, die diesen auch wirklich brauchen.“ so Flödl weiter.

Immobilienmarkt 2023 – Konstanz auch in schwierigen Zeiten

Die Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt der letzten Monate waren von Unsicherheiten geprägt. Nach einem Jahrzehnt ständig steigender Preise scheint erstmals der schon lange zitierte Plafond erreicht zu sein. Die Gründe dafür sind allgemein bekannt: Vor allem die Auswirkungen der KIM- Verordnung, mit der es für den Privaten schwieriger geworden ist, Finanzierungen zu bekommen, sowie die steigenden Zinsen beeinflussen den Markt deutlich. „Aus ein paar wenigen Monaten (seit Herbst 2022) lassen sich jedoch noch keine festen Trends in der Immobilienpreisentwicklung ableiten, so ÖVI-Vorstand und Immobiliensachverständiger Andreas Wollein.

Immobilien sind im Bereich Wohnen auch weiterhin eine solide Anlageform. Als Verband haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder auf die außergewöhnliche Entwicklung in den letzten 10 Jahren wegen Null-Zins Politik und in Ermangelung anderer Anlageformen hingewiesen. Nach Ansicht der Experten des ÖVI ist eine moderate Entwicklung in der nächsten Zeit zu erwarten, möglicherweise vorübergehende Stagnation, aber kein nachhaltiger Wertverlust.

Die Nachfrage zeigt sich aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen kurzfristig zurückhaltend bzw. abwartend. Auch die Vermarktungszeiträume werden aktuell länger.

Wie die Daten der größten Immobilienportale belegen, ist ein leichter Nachfragewechsel in Richtung Miete erkennbar, jedoch keine nachhaltige Preisänderung bei Kaufpreisen ablesbar. Im europäischen Kontext ist hier die geringe Eigentumsquote zu erwähnen, die Österreich (und auch Deutschland) mit weniger als 50% der Haushalte im Eigentum kennzeichnet.

Im europäischen Schnitt ist von 70% Eigentumsquote auszugehen. Ein weiteres Sinken dieser Quote durch restriktive Finanzierungsbedingungen ist sicherlich nicht wünschenswert. Gerade die Wohnimmobilie als Altersvorsorge sollte ein wesentlicher Bestandteil einer diversifizierten Veranlagung der privaten Haushalte sein.

Dass Immobilieneigentum auch im langfristigen Kostenvergleich gegenüber der Miete im Vorteil ist, zeigt die jüngste Erhebung der Statistik Austria im Band Wohnkosten 2021, wonach bei Berücksichtigung der Kreditkosten das selbstgenutzte Wohnungseigentum sogar deutlich günstiger ist als Genossenschaftswohnungen. Zu beachten ist, dass nur die Zinszahlungen, nicht die Kredittilgung in die gesamten Wohnkosten einfließen.

Bauträgerprojekte – Klasse statt Masse

„Ausreichende Produktion ist ein wesentlicher Faktor dafür, dass sowohl im Mietsektor als auch im Kaufsektor das Angebot nicht knapp wird,“ so ÖVI-Bauträgersprecher Klaus Wolfinger. Ansonsten würde dies 2024 zu einem deutlichen Anziehen der Preise bei gleichbleibender Nachfrage führen. Für Bauträger ist jedenfalls das Umfeld nicht einfacher geworden. In den Monaten nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs war vor allem die Kalkulierbarkeit der Baukosten ein enormes Thema. Im 2. Halbjahr 2022 haben sich einige Faktoren wieder stabilisiert, z.B. die Verfügbarkeit von Baumaterialien. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Baupreise weiter drastisch steigen, selbstverständlich sind aber die Faktoren Energie und Lohnkosten zu berücksichtigen. Mittlerweile werden durchaus auch wieder Bauaufträge zu Fixpreisen abgeschlossen. Bremsend wirken freilich die steigenden Finanzierungszinsen - die Entwicklung der Leitzinsen wird einen wesentlichen Einfluss haben. Wie auch in anderen Wirtschaftsbereichen wird die EZB berücksichtigen müssen, ob bzw. in welchem Ausmaß konjunkturdämpfende Effekte im Bereich des volkswirtschaftlich so bedeutenden Bausektors in Kauf genommen werden sollten.

Auch wenn einige Bauträger zuletzt ihre Projekte in Warteposition gestellt haben, zeigt die Erfahrung früherer Jahrzehnte, dass jene Bauträger sich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil verschaffen konnten, die in Phasen dunkler Wolken am Himmel eine proaktive Strategie verfolgt haben.

Erneuerbaren-Wärme-Gesetz und Wohnrecht – Notwendige gesetzliche Initiativen

Die Umsetzung der Klimaziele in der Regierungsvorlage zum Erneuerbaren-Wärme-Gesetz wird vom ÖVI dem Grunde nach voll unterstützt. Hinsichtlich einiger wesentlicher Punkte bedarf es aber dringender Klärungen bzw. Ergänzungen, wie auch in den Stellungnahmen der Verbände im vorparlamentarischen Begutachtungsverfahren artikuliert wurde, so ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel zum wohl wichtigsten Gesetzesprojekt des Jahres 2023 für die Immobilienbranche.

Vor allem fehlt es an einer gesetzlichen Anschlussverpflichtung respektive Duldungspflicht der einzelnen Wohnungseigentümer oder Mieter. Die geplanten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen sind nicht mit dem bestehenden Wohnrecht kompatibel. Nach jetzigem Stand der Regierungsvorlage führt die Zentralisierungsverpflichtung zwangsläufig zum Aufrechthalten von zwei Wärmeversorgungssystemen in einem Gebäude und einer wirtschaftlichen Undurchführbarkeit der Dekarbonisierungsmaßnahmen. Fraglich ist auch, ob die Zentralisierungsverpflichtung von dezentralen Heizungen (§11 EWG) ein angemessenes Instrument zur Erreichung der Dekarbonisierung ist.

Wertsicherung darf nicht (wieder) Spielball der Politik werden

Dass sowohl Mieten als auch Vermieten leistbar bleiben muss, ist angesichts dieser Herausforderungen evident: Die Entwicklung des Baupreisindex (Wohnungs- und Siedlungsbau) im Verhältnis zum Verbraucherpreisindex zeigt, dass Vermieter mit extrem hohen Kostenbelastungen bei Sanierungen und Instandhaltungen konfrontiert sind.

Ein neuerliches Inflationslinderungsgesetz, das die vertraglich vereinbarten bzw. gesetzlich verankerten Wertsicherungen aushebelt, ist mehr als kontraproduktiv, so ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel abschließend. Die Vermieter sind gefordert, Investitionen in die Dekarbonisierung und thermische Sanierung von Gebäuden zu tätigen.

Fazit:

Das Immobilienjahr 2023 bringt aus Sicht des ÖVI deutliche Herausforderungen. Die Einführung des Bestellerprinzips wird per Gesetz das Businessmodell des Maklers verändern, zum Nachteil für Makler und Konsumenten. Dass damit ein wesentlicher Beitrag zur Wohnkostenentlastung erzielt würde, ist mehr als fraglich. Vielmehr mangelt es an der Treffsicherheit der Vergabe von Sozialwohnungen, die wirklich nachhaltig Abhilfe schaffen könnte.

Die Preisentwicklung auf dem Wohnimmobilienmarkt wird sich jedenfalls verlangsamen. Noch sind die verfügbaren Daten nicht aussagekräftig genug, um valide Trends formulieren zu können. Die Schwierigkeit, Finanzierungen zu erlangen, ist ein wesentlicher Grund für eine mögliche vorübergehende Stagnation auf dem Markt. Wichtig ist es jedenfalls, die Eigentumsquote in Österreich weiter zu stärken und nicht zu schwächen. Die EU-SILC Auswertung der Statistik Austria belegt eindeutig die Nachhaltigkeit von selbstgenutztem Eigentum.

Auch wenn die Realisierung von Bauträgerprojekten nach Lieferkettenschwierigkeiten, Baukostensteigerungen, hohen Energiekosten und steigende Zinsen nicht gerade einfacher geworden ist: Gute Unternehmen werden auch in dieser Wirtschaftsphase einen wertvollen Beitrag zur Wohnversorgung liefern.

Ein Mega-Projekt in der Pipeline der Regierung wird in den nächsten Jahren die Immobilienwirtschaft fordern, das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz: Investitionen zur thermischen Sanierung und Dekarbonisierung sind Gebot der Stunde, diese müssen nicht nur finanziert, sondern auch mit wohnrechtlichen Begleitgesetzen umsetzbar gemacht werden.

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  • Erschienen am:
    16.01.2023
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