Die Covid Infektionszahlen sind weiter im Sinken begriffen. Dennoch scheint der Jubel verfrüht, denn trotz der mittlerweile in vielen Länder hohen Impfrate schafft die Impfung alleine nicht die benötigte Sicherheit. Aktuelles Beispiel dafür ist Großbritannien: Aufgrund der auftretenden Virusmutationen wurde über das Land ein Einreiseverbot in EU-Staaten verhängt. Eine Situation, die symptomatisch für die aktuelle Lage ist und wohl kein Einzelfall bleiben wird, da derartige Schwierigkeiten überall auftreten können.
Damit wird der ohnehin schon ordentlich gebeutelten Tourismusbranche abermals außerordentliche Flexibilität abverlangt. Martin Schaffer, Geschäftsführer und Partner mrp hotels, dazu: „Anders formuliert zählt die flexible, schnelle und situationsbedingte Anpassung an neue Gegebenheiten in der Zukunft sicher zu einem der wesentlichen Erfolgsfaktoren für Betriebe.”
Verunsicherung durch Uneinheitlichkeit in der EU
Verstärkt werden die Effekte zusätzlich durch die Uneinheitlichkeit bei Regelungen und Umsetzungen innerhalb der Europäischen Union. Die mit Juni angekündigte neue Reisefreiheit durch den “Grünen Pass” lässt weiter auf sich warten – einzelne Staaten setzen daher auf eigene Konzepte, die allerdings für zusätzliche Verwirrung sorgen.
„Solange es die Europäische Union nicht schafft für einheitliche Rahmenbedingungen und Grundlagen zu sorgen, wird die Verunsicherung bei den Reisenden weiterhin groß sein. Das hat wiederum Auswirkungen auf längerfristige Reiseplanungen und damit auf Auslastungsprognosen beziehungsweise die wirtschaftliche Planbarkeit der Tourismusunternehmen. Erst durch eine Harmonisierung wird auch insbesondere die Ferienhotellerie über den Sommer hinweg einen Aufschwung erleben können”, so Martin Schaffer.
Diese allgemeine Verunsicherung hat in weiterer Folge auch Auswirkungen auf den interkontinentalen Tourismus. Die Verluste können nur von Märkten mit einem relativ hohen Inlandsanteil, beispielsweise Deutschland, Polen oder Schweden, halbwegs kompensiert werden. All jene Märkte, die von internationalen Gästen abhängig sind, werden weiterhin ein hohes Defizit aufweisen. Das trifft in großem Maße auch die Stadthotellerie, deren Wiederbelebung zu einer der großen Herausforderungen zählt.
Vorbild USA?
Martin Schaffer weiter: „Die USA, zu Beginn der Krise vollkommen zu Recht in der Kritik, hat sich mittlerweile zu einem internationalen Vorbild entwickelt. Ende Juni werden 70% der Bevölkerung immunisiert sein. Schon jetzt, wie beispielsweise in Florida oder Kalifornien, sind keine Tests oder Quarantänen vorgeschrieben – die Verantwortung wird an die Bürger zurückgegeben.”
Dass dies positive Auswirkungen auch auf den Tourismus hat, zeigt die aktuelle Auslastungsquote von 72% der Hotels in Miami, wenngleich auch in den Staaten internationale Reisen erst nach einer vollständigen Immunisierung möglich sind.
„Ein guter Indikator für die Marktaktivität sind die Flugbewegungen. In München – einer der zentralen Hubs – konnten von 21. Mai bis 06. Juni 2019 noch 19.300 Starts und Landungen verzeichnet werden – im gleichen Zeitraum 2021 werden es nur 4.700 sein. Das bedeutet einen Rückgang von 75%” führt Martin Schaffer weiter aus. Optimistisch betrachtet wird der Luftverkehr, so der Tourismusexperte, das Niveau von 2019 frühestens 2024 wieder erreichen.
Fragezeichen für Events und Messen
Eine der großen Unbekannten – und besonders auch für Städte relevant – bleiben auch weiterhin Geschäftsreisen, Messen und Großevents. Martin Schaffer: „Seminare in Kleingruppen kommen bei den Buchungen langsam zurück. Messen und andere Events im großen Stil sind allerdings noch sehr verhalten oder haben schon jetzt die virtuellen Formate des letzten Jahres prolongiert. Das trifft die Austragungsorte natürlich besonders hart, besonders, wenn man keine alternativen Konzepte in petto hat.”