Faktum ist, dass wir nun definitiv keine baldigen Zinserhöhungen sehen werden. Die beschlossenen Hilfspakete für die Wirtschaft werden extrem niedrige Zinsen auf lange Zeit einfrieren. Weiters werden wir sehen, dass es in bestimmten Branchen zu Marktbereinigungen und damit auch geringerer Nachfrage nach Immobilienflächen kommen wird. Eine damit einhergehende Steigerung der Arbeitslosigkeit wird in einigen Gesellschaftsschichten die Möglichkeit zu Mieterhöhungen schrumpfen lassen.
Über diese direkten und klar verständlichen Folgen hinaus muss man aber auch überlegen, was denn mit dem ungeheuren Vermögen passieren soll, welches aktuell im Markt ist und das sich in Mitteleuropa seit dem 2. Weltkrieg aufgebaut hat: „Sehr viel Geld sucht eine Heimat“!
Die jetzige Krise führt zu Verunsicherung. Der Aktienmarkt ist erschüttert und wird viele Investoren auf lange Zeit nicht mehr sehen. Anleihen sind ob der Zinssituation kaum eine Alternative (negative Zinssätze), im private Equity Bereich wird es einiges zu verdienen geben, aber nur für wenige, und als letzte große echte Anlageklasse bleiben Immobilien. Tatsächlich ist es so, dass Immobilien im Vergleich zu anderen Anlageklassen aktuell noch nie so attraktiv waren, obwohl man sich bei Neuinvestments an geringere Renditen und vor allem Werterhalt gewöhnen wird müssen.
Aus diesen Gründen sehen wir folgende Auswirkungen auf die Immobilienbranche:
Wohnungsmarkt
Der Wohnungsmarkt wird nach den Ausgangsbeschränkungen und dem Gewöhnen an dem normalen Alltag wieder an der alten Dynamik anschließen. Wir sind jedoch der Meinung, dass der Markt –gerade in diesem Jahr- von den auch heute schon solventen Käufern auf der Suche nach sicheren Veranlagungen getragen wird. Von der gesamten Käuferfront der möglichen Käufer wird es abhängen, wie die Banken nach der Krise ihre Risikoseite arrangieren.
Zusätzlich werden wir erleben, dass die durch die derzeitigen Baustellen – Schließungen für heuer geplante Fertigstellungen vielerorts nicht eingehalten werden können und dadurch auch die bereits miteingerechneten und größtenteils fehlenden Wohneinheiten nicht am Markt ankommen werden. Dieses bedeutet bei einer vielleicht gedämpften Nachfrage auch wiederum einen klassischen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage.
Im Bereich der Geringverdiener werden wir aufgrund der gesunkenen Kaufkraft geringere Mieten sehen, eventuell sogar mit staatlichem Eingriff. Überall dort, wo die Krise neues Wachstum hervorbringt und das Durchschnittseinkommen hoch ist, werden die Mieten weiter steigen.
Büromarkt
Durch die aktuelle Situation ist die Nachfrage nach Büroflächen über Nacht zusammengebrochen. Die Unternehmungen sind mit den Auswirkungen der Pandemie beschäftigt und haben etwaige Umzüge/Expansionen/etc. nach hinten gerückt. Es wird sich nach der Krise und nach den staatlich zugesagten Förderungen zeigen, welche Unternehmungen in der Lage sein werden, Ihre bereits eingegangen Mietverträge zu halten und zu verlängern. Neue Vermietungsverträge einzugehen (außer die Pläne sind schon vor der Krise festgemacht worden), sehen wir für heuer eher unrealistisch.
Bei der langfristigen Einschätzung muss man zuwarten, ob und wie sich die jetzt in Gang gesetzte Digitalisierung des Arbeitsplatzes (Stichwort: Home-Office) bei den Dienstgebern und –nehmern durchsetzen wird.
Tourismus
Einer der größten Profiteure der jetzigen Krise wird in naher Zukunft der Tourismus in Österreich und dem angrenzenden Ausland sein. Schon zuvor durch die Klimaschutzbewegung stark unterstützt, wird diese österreichische Kernindustrie einen starken Aufschwung erfahren. Das heurige Jahr wird unter dem Zeichen von Bereinigungen stehen. Kapitalschwache Betriebe werden vom Markt verschwinden oder durch andere aufgekauft werden. Mittel- und langfristig wird die Nachfrage nach „Urlaub in Österreich“ stark steigen. Der Grund dafür ist einfach: Keine Flugreise, sondern eigenständige An- und Abreise, Qualität in Speise und Unterkunft, perfekte Infrastruktur und vor allem Versorgung mit Krankenhausdiensleistungen, Sicherheit und klare bekannte Verhältnisse.
Logistikmarkt
Der Logistikbereich ist aktuell „der” Gewinner. Den durch den Onlinehandel kleiner gewordenen Verkaufsräumen stehen die höheren Lagerhaltungen für eine in-time Versendung zum Endkunden entgegen. Der klassische kleine Einzelhändler braucht keine teuren in-house Lagerräumlichkeiten und bezieht ebenso die auswärts gelagerten Waren in-time. Durch die weitere Zunahme des E-Commerce und die damit verbundene Konsumentenerwartung hinsichtlich Schnelligkeit und Pünktlichkeit der Zustellung werden Logistikimmobilien noch weiter in und um die Städte rücken und ihre Anzahl erhöht werden. Auch hier denken wir, dass kleine und mittlere Logistikimmobilien in gut angebundenen Lagen aktuell noch unterbewertet sind und sich als Investments sehr gut eignen.
Einzelhandelsmarkt
Der Einzelhandel (abgesehen der Lebensmittelbranche und hier aber auch nur ausgenommen die großen Ketten) leidet derzeit am meisten unter der vorherrschenden Situation. Die aktuelle Nachfrage der Mieter nach Einzelhandelsimmobilien ist praktisch auf dem Null-Niveau angelangt. Je länger die Rahmenbedingungen so bleiben werden, wie sie aktuell sind, desto mehr wird sich die gesamte wirtschaftliche Nachfrage verschlechtern und sich dadurch das Interesse und die Fähigkeit von Einzelhändlern, Einzelhandelsimmobilien weiterhin anzumieten, verringern.
Wir werden trotz aller jetzt in die Wege geleiteten wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine hohe Anzahl von Insolvenzen sehen, gefolgt von Filialschließungen und Leerständen. Selbst wenn die Krise vorbei ist, wird es Monate dauern, bis sich wieder ein neues Gleichgewicht etabliert haben wird.
Zusammengefasst: Diejenigen, die sich am schnellsten auf neue Rahmenbedingungen einstellen können und entsprechend anpassen, werden auf der Gewinnerseite stehen, sobald die Krise vorbei ist.
Für trivium bedeutet das, aktiv nach sehr günstigen Gelegenheiten im Einzelhandelsbereich zu suchen, denn der Markt wird überreagieren und einzelne Objekte werden durch die geringere Nachfrage stark unter Wert auf den Markt kommen.