Der Immobiliensektor rückt immer mehr in den Fokus der Klimabestrebungen in der Politik, Kriterien aus den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) - kurz ESG Kriterien -, sollen Bauträgern, Investoren, Banken und Versicherungen belastbare Daten für die Nachhaltigkeits-Bewertung von Gebäuden liefern. „Gebäude müssen in den nächsten beiden Jahrzehnten transformiert werden, um die Klimaziele zu schaffen“, ist Geschäftsführerin DI Michaela Ragoßnig-Angst, MSc. überzeugt. Namhafte Expert:innen zeigten bei der Fachtagung Ende Oktober im Wiener Palais Eschenbach, wie künftig Kapitalströme in nachhaltige Investitionen gelenkt werden und dabei Greenwashing vermieden werden soll.
Transformation vergleichbar mit industrieller Revolution
Key Note Speaker Mag. Peter Fischer, Leader Real Estate PwC, verglich den aktuellen Transformationsprozess mit dem Zeitalter der industriellen Revolution, die zu einer tiefgreifenden und dauerhaften Umgestaltung des Lebens führte. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, so Fischer. „Es gibt keine Pflicht, aber für jede Finanzierung, für jede Versicherung muss künftig eine Bewertung hinsichtlich der Taxonomie-Konformität abgegeben werden. Nachhaltige bzw. Taxonomie-konforme Projekte erhalten in weiterer Folge günstigere Finanzierungen oder Versicherungen.“ Man werde dafür in den Unternehmen die Funktion eines „Chief of Sustainability“ installieren. Die Transformation sei machbar, im ehemaligen Ostdeutschland wurde sogar ein Plattenbau ESG-konform saniert, merkt Fischer an. Ein großes Unternehmen brauche viele Expert:innen, um die Berichte für die EU-Taxonomie erfüllen zu können, bestätigte Catharina Ahmadi, Leitung Bilanzierung, ÖBB Infrastruktur. Immobilien haben einen hohen Stellenwert, die das Rechnungswesen sehr fordern und benötigen viele Einzelerhebungen zur Erstellung der Daten zur Bewertung des Portfolios und der Auswirkungen auf die Finanzierung.
Besser einen Tick grüner
„Die EU-Taxonomie soll gegen Greenwashing helfen und Geldströme in die nachhaltige Realwirtschaft lenken“, betont DI Elisabeth Sardy-Rauter, Senior Managerin von EY Carbon Real Estate, Ernst&Young Österreich. Es brauche viele Daten um den Nachweis zu führen und diese müssen jederzeit verfügbar sein. Es sei wichtig von der Planung weg eine Strategie dafür zu haben. „Es ist besser einen Tick grüner zu sein, denn die Anforderungen werden sich laufend erhöhen“, so Sardy-Rauter. Bis vor wenigen Jahren war eine Zertifizierung nach ökologischen Kriterien „Nice to have“, so DI Sabine Huger, Verantwortliche System und Konformität, ÖGNI. 94 Prozent der bestehenden Gebäude entsprechen nicht den geforderten Kriterien der EU-Taxonomie, ÖGNI habe ein Tool um diese Gebäude konform zu machen, so Huger, aber es brauche auch Allianzen.
Bei Sanierungen fehlen oft Gebäudebestandspläne
Werden Gebäude nach EU-Taxonomie -Kriterien saniert, soll dabei z.B. eine Einsparung der Primärenergie von mehr als 30% erzielt werden. DI Michaela Ragoßnig, Geschäftsführerin Angst Vermessung: „Bei älteren Gebäuden ist oft kein vollständiger Bauakt vorhanden, Bestandspläne, die als Grundlage für die Planung einer Sanierung erforderlich sind, fehlen. Mit Laserscanning können wir diese Pläne herstellen.“ Dafür werden verschiedene Methoden wie stationäres, handgeführtes oder Airborne Laserscanning angewendet.
Recycling von Brachflächen reduziert Verbrauch neuer Flächen
„Bestehende Flächen, die nicht mehr gebraucht werden, sollen durch Flächenrecycling einer neuen Nutzung zugeführt werden“, plädiert DI Dr. Arne Ragoßnig MSc, Geschäftsführer RM Umweltkonsulenten. „Damit können wir den Flächenverbrauch stark reduzieren und viel zur Klimastrategie beitragen“, so Ragoßnig weiter. Flächen und oft auch die infrastrukturelle Anbindung sind bereits vorhanden. So werden Aufschließungskosten, Ressourcen- und Flächenverbrauch reduziert, das mache diese Alternative attraktiv. Dazu gebe es Förderungen für Flächenrecycling. Zu achten sei aber auf das Risiko der Kontaminierung durch die Vornutzung.
Nicht alles ist neu
„Vieles der EU-Taxonomie Verordnung ist nicht neu, sondern lehnt sich an Vorhandenes an“, sagt Mag. Doris Wirth, Geschäftsführerin Bluesave Consulting. So seien bereits DGNB- zertifizierte Gebäude auf die Anforderungen der EU-Taxonomie vorbereitet. Im Bereich der Sanierung gäbe es bereits eine vollständige Abdeckung von EU-Taxonomie und DGNB-System. Im Bereich Neubau lassen sich zehn der insgesamt 15 technischen Bewertungskriterien verifizieren. „Der Einfluss der EU-Taxonomie auf die Immobilienwirtschaft ist enorm und wird diese nachhaltig verändern“, ist Wirth überzeugt.
Die Unternehmensgruppe der Familie Angst zählt zu den führenden Unternehmen im mittel- und osteuropäischen Raum. Mit einem Full-Service-Angebot von der Vermessung über die Projektentwicklung, Architektur, Immobilienvermittlung und Hausverwaltung bis zur Umwelttechnik ist die Gruppe das einzige familiengeführte Unternehmen Österreichs, das in dieser Form branchenübergreifend im Bau- und Immobilienbereich tätig ist. DI Michaela Ragoßnig-Angst MSc., und Firmengründer BR h.c. DI Josef Angst führen dazu die internationalen Tochterfirmen in Deutschland, Tschechien und Kosovo. Architektur, Projektentwicklung, Immobilienvermittlung und Hausverwaltung werden von Arch. DI Robert Angst geleitet, die Umwelttechnik von DI Dr. Arne Ragoßnig MSc. und DI Dr. Jürgen Maier.