Die stabile Entwicklung des Investmentmarktes (+10 % im Vergleich zum Vorjahr) ist vor dem Hintergrund der vielfältigen Herausforderungen, mit denen die Marktteilnehmer konfrontiert sind, insoweit erfreulich, da dies ein weiterer Beleg für die Krisenresistenz des österreichischen Immobilienmarktes ist, dem die Eigentümer und Investoren Vertrauen schenken.
Entwicklung der unterschiedlichen Asset-Klassen
Die starke Sicherheitsorientierung der Investoren hat sich auch im 2. Quartal des Jahres fortgesetzt und zu einer guten Performance, insbesondere jener Assetklassen geführt, die nach Einschätzung der Investoren hohe Sicherheit versprechen.
So rangieren stark risikodiversifizierte, gemischt genutzte Immobilien, die eine Mischnutzung aus mehreren Bereichen wie Einzelhandel, Büro, Wohnen und teils gewerblichen Wohnanteilen aufweisen, zum Halbjah- resende mit einem Anteil von über 28,5 % auf dem ersten Platz.
Institutionelle Wohnprojekte, die in den letzten Jahren die Führungsrolle eingenommen haben, sind auch auf Grund der eingeschränkten Verfügbarkeit mit einem Anteil von ca. 19 % auf Platz 2 gerutscht, knapp vor Büro mit ca. 16 %.
Der Anteil der krisenresistenten und sehr gut performenden Assetklasse Logistik liegt im 1. Halbjahr auf- grund der vorherrschenden Angebotsknappheit sowie der länger andauernden Transaktionsprozesse bis- lang nur bei 3 %, wird sich aber im Jahresverlauf wohl noch deutlich steigern.
Die von den Auswirkungen der Pandemie besonders getroffenen Bereiche Einzelhandel und Hotel verzeich- nen verstärktes Investoreninteresse, weswegen davon auszugehen ist, dass der aktuell im langjährigen Vergleich noch immer geringe Anteil dieser Assetklassen (Einzelhandel 15 % / Hotel 3 %) ansteigen wird.
Investoren
Auf Käuferseite waren im 1. Halbjahr mit wenigen Ausnahmen (8 %) nahezu ausschließlich Investoren aus Deutschland (36 %) und Österreich (56 %) aktiv.
Investoren außerhalb der DACH-Region sehen sich derzeit wieder verstärkt nach Ankaufmöglichkeiten um, allerdings werden die ersten Abschlüsse dieser Käufergruppe noch etwas Zeit benötigen und sich vermutlich erst im dritten und vierten Quartal in der Statistik wiederfinden.
Da die Märkte für die nächsten 6 Monate gem. den Ankündigungen der EZB mehrere Zinsschritte erwarten, wird es im Laufe des 2. Halbjahres 2022 auch wieder zu verstärktem Interesse der überwiegend in UK und den USA angesiedelten Value-Add und Private Equity Investoren kommen, welche sich aktuell verstärkt auch in Österreich wieder auf der Suche nach passenden Opportunitäten befinden.
Entwicklung der Renditen
Die Entwicklung der Renditen ist aktuell sehr unterschiedlich zu betrachten. Klar festzustellen ist jedoch, dass der Abstand zwischen Spitzen- und Durchschnittsrenditen deutlich angestiegen ist. Hohe Sicherheit wird vom Markt mit stabilen Preisen honoriert. Risiken werden hingegen stärker eingepreist und mit Abschlägen abgestraft.
Die sich stärker manifestierende Zurückhaltung der Banken in Verbindung mit dem Ansteigen der Swap- Sätze wird sich in nahezu allen Segmenten negativ auf die Preisentwicklung aus. Das äußerst sich nicht nur in höheren Zinssätzen, sondern es steigen auch die geforderten Eigenkapitalquoten in Kombination mit den verrechneten Risikomargen. In einzelnen Fällen münden diese Adjustierungen der Businesspläne auch in Preisanpassungen.
Die Spitzenrenditen für institutionelle Wohnprojekte sowie Büroobjekte bewegen sich für Top-Produkte weiter um die 3 %, während schlechtere Lagen, kürzere Mietvertragslaufzeiten sowie drohender Leerstand oder ein nicht ESG-konforme Zustand der Objekte mit deutlichen Risikoaufschlägen von bis zu 100 Basispunkten und in Ausnahmefällen auch mehr, abgestraft werden.
Im Logistikbereich liegen die Renditen für ausgewählte, langfristig vermietete Objekte weiterhin auf Rekordniveau von unter 3,50 %. Im Retailbereich ist zwischen Nahversorgung (Supermärkte, Fachmarktzentren) und großen Shopping-Centern zu unterscheiden. Fachmarktzentren waren auch während der Pandemie gefragt, wobei das Interesse in den letzten Monaten kontinuierlich gestiegen ist. Für überregional strahlende Shopping-Center sowie für großvolumige Hotelimmobilien ist es derzeit aufgrund zu geringer Transaktionstätigkeit schwer, das Renditeniveau zu bestimmen.
Ausblick
Die Pandemie und der weiter andauernde Ukraine-Konflikt haben der europäischen Gesellschaft und vor allem der Wirtschaft in den letzten Monaten außerordentliche Herausforderungen beschert, die dem Kontinent das Äußerste abverlangen. Zusammen mit den rapide gestiegenen Baukosten, dem sich ändernden Kapitalmarktumfeld und dem steigenden Zinsniveau gibt es mittlerweile einige Faktoren, die den Ausblick auf die Zukunft etwas trüben.
Die Immobilienwirtschaft konnte sich trotz dieser teils widrigen Rahmenbedingungen in den meisten Bereichen jedoch erstaunlicherweise gut entwickeln. Insbesondere die Nachfrage nach Wohn- und Logistikimmobilien ist weiterhin außergewöhnlich stark, aber auch Core Büroimmobilien entwickeln sich erfreulich. Wie sich die Situation bei den teils noch unter den Auswirkungen der Pandemie leidenden Segmenten Shopping-Center und Hotel auswirkt, bleibt abzuwarten, zumal der Rebound in diesen Segmenten den eingangs erwähnten Faktoren entgegenwirkt.
Im Moment gehen wir davon aus, dass das Investmentvolumen des vergangenen Jahres von EUR 4,55 Mrd. übertroffen werden kann. Diese Erwartung wird auch das vergleichsweise starke 1. Halbjahr dieses Jahres untermauert, in welchem bereits knapp über EUR 2 Mrd. umgesetzt wurden.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Immobilienwirtschaft und in weiteren Folge auch auf die Preisbildung und das Transaktionsgeschehen wird in naher Zukunft die Umsetzung der EU Taxonomie und der korrespondierenden nationalen Programme haben.
Obwohl bedingt durch die hohen Energiepriese der Eindruck entsteht, die EU Kommission würde von den postulierten Nachhaltigkeitszielen abweichen, ist davon auszugehen, dass die eingeschlagene Entwicklung in den nächsten Jahren eine außerordentliche Dynamik erreicht wird, die vieles in der Immobilienwirtschaft ändern wird. Aufgrund der langen Lebensdauer von Gebäuden und des hohen Rohstoff- sowie Energieverbrauchs, sowohl bei der Errichtung als auch im laufenden Betrieb der Immobilien kann ein wesentlicher Beitrag zur Reduktion des Ressourcenverbrauches geleistet werden. Dieses Ziel deckt sich mit der immer stärkeren Ausrichtung der Fonds und Veranlagungsrichtlinien auf Nachhaltigkeit.