Der österreichische Immobilienmarkt bleibt auch 2022 attraktiv für Investor:innen und konnte im Vergleich zum Vorjahr sogar an Attraktivität zulegen: 93 Prozent der Marktteilnehmenden ist sich sicher, dass Österreichs Immobilienmarkt attraktiv ist – mehr als die Hälfte der Befragten (52 %) empfindet den Standort sogar als sehr attraktiv – das sind deutlich mehr als im Vorjahr (35 %).
Auch das Investmentvolumen wird sich in diesem Jahr stabilisieren, nachdem die COVID-19-Pandemie im Vorjahr für leichte Verunsicherung gesorgt hat: Während 2021 noch fast ein Drittel (28 %) mit einem sinkenden Investitionsvolumen gerechnet hat, geht heuer nicht einmal jeder Zehnte (9 %) davon aus. Die Hälfte der Befragten (51 %) rechnet damit, dass das Investitionsvolumen auf hohem Niveau bleiben wird, zwei von fünf (40 %) gehen sogar davon aus, dass es weiter steigen wird.
„Trotz der großen Unsicherheit aufgrund der Pandemie hat sich der österreichische Immobilienmarkt bisher als äußerst krisensichere Anlagemöglichkeit erwiesen. Der Trend dürfte sich auch im nächsten Jahr fortsetzen, ein wirklich gutes Zeichen für den Standort und heimischen Immobilienmarkt“, erklärt Stephan Größ, Partner bei EY Law und Leiter des Real Estate Sektors für EY Österreich.
Das sind die Ergebnisse des EY Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt 2022, für das über 60 aktive Investor:innen und weitere Marktteilnehmer:innen am österreichischen Immobilienmarkt befragt wurden.
Preisanstieg bei Wohn- und Logistikimmobilien erwartet
Nach wie vor ungebrochen bleibt aller Voraussicht nach der Preisanstieg bei den Wohnimmobilien: Die Investor:innen gehen in allen Lagen von steigenden Preisen für diese Assetklasse aus. Ähnlich entwickeln werde sich die Situation am Markt für Logistikimmobilien, auch hier erwarten die Befragten eine weitere Teuerung über alle Lagen hinweg.
Die Asset-Klasse Hotels dürfte sich im nächsten Jahr stabil entwickeln, vor allem bei Businesshotels prognostizieren die Befragten unabhängig von der Lage gleichbleibende Preise. Für Ferienhotels dürften die Preise in 1-b-Lagen zumindest leicht sinken, andere Lagen dürften sich heuer stabil halten. Auch bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien bzw. Shopping-Centern hängt die erwartete Preisentwicklung stark von der jeweiligen Lage ab.
Größ dazu: „Der österreichische Markt ist für nationale wie internationale Investor:innen interessant. Bei dieser weiterhin hohen Nachfrage für die als sicher geltende Anlageform ist es deshalb nicht verwunderlich, dass auch ein weiterer Preisanstieg speziell im Wohn- und Logistiksegment erwartet wird.“
Interesse an Wohnimmobilien seitens Investor:innen ungebrochen hoch
Wenig überraschend ist daher auch, dass das Wohnsegment auch für 2022 wie bereits in den drei Jahren zuvor die beliebteste Asset-Klasse (90 %) bleibt. Auch Immobilien im Gesundheitsbereich gewinnen zunehmend an Attraktivität für Investor:innen. Für zwei Drittel (67 %) stehen Immobilien dieser Nutzungsklasse in diesem Jahr im Fokus, im Vorjahr war es noch weniger als die Hälfte der Befragten (43 %).
Rückläufig ist das Interesse an Büroliegenschaften: Waren 2021 noch 70 Prozent daran interessiert, so ist es in diesem Jahr weniger als die Hälfte (49 %) der Befragten. Auch das Hotellerie-Segment sowie Shopping-Center stehen dieses Jahr mit jeweils rund 30 Prozent weniger im Investmentfokus.
Größ sieht den Grund für die Unterschiede hinsichtlich der Assetklassen vor allem in der pandemiebedingten Krise: „Es sind natürlich genau jene Segmente aktuell weniger spannend für Investoren, die durch die Pandemie und die daraus folgenden Einschränkungen besonders betroffen waren. Tourismus und Handel waren von COVID-19 stark beeinflusst, mussten teilweise monatelang geschlossen bleiben. Auch im Bürosegment ist die Unsicherheit aktuell groß, hier warten viele Investoren vorerst ab, ob sich das Homeoffice auch nach der Pandemie großflächig halten wird.“
Wien Österreichs beliebteste Landeshauptstadt bei Immobilieninvestitionen
Vor allem Immobilien in der österreichischen Bundeshauptstadt Wien bleiben 2022 im Hauptinteresse der Investor:innen. Insbesondere bei Büroimmobilien (39 %; im Vorjahr 30 %) steigt das Investment-Interesse, aber auch Wohn- (23 %; unverändert zum Vorjahr) und Einzelhandelsimmobilien (18 %; im Vorjahr 27 %) sind nach wie vor gefragt.
Die beliebtesten Standorte nach Wien sind unabhängig von der Asset-Klasse die Landeshauptstädte Graz, Linz und Salzburg.
Immobilien gelten als sichere Anlage
Fast alle Befragten (90 %) sind sich einig, dass Immobilien prinzipiell ein guter Schutz gegen Inflation sind. Insgesamt gehen vier Fünftel (82 %) der Marktteilnehmenden davon aus, dass die Inflation in Zukunft für den Immobilienmarkt eine große Rolle spielen wird.
Grundsätzlich wird Immobilien auch Krisensicherheit zugeschrieben: 71 Prozent der Befragten gaben an, dass der Anlageindikator „Pandemieresistenz“ bei risikoaversen Investor:innen weiter in den Fokus rücke.
Pandemiebetroffene Assetklassen: Zeichen stehen auf Erholung
Dabei stehen die Zeichen auch bei von der Pandemie stärker betroffenen Assetklassen wie Büro-, Handels- oder Tourismusimmobilien auf Erholung, wenn auch mit einigen Ausnahmen. Laut Umfrage dürften sich die Asset-Klassen Co-Working-Büros (75 %), Business-Hotellerie (62 %) und Serviced Apartments (60 %) bereits weitgehend von der Krise erholt haben. Auch die Immobilien im Bereich der Ferienhotellerie (55 %) und Büros in peripheren Lagen (52 %) stehen bereits wieder gut da bzw. wird deren Erholung in den nächsten drei Jahren erwartet. Angespannt bleibt die Lage vor allem bei Shopping-Centern bzw. besonders bei Büros im Core-Segment: Bei beiden Segmenten geht die Mehrheit der Befragten zurzeit davon aus, dass sie sich nicht vollständig von der Krise erholen werden.Größ dazu: „Eine tatsächliche Erholung ist natürlich schwer zu prognostizieren, das ist stark vom weiteren Pandemiegeschehen und möglichen weiteren Mutationen abhängig.“
Digitalisierung, Klimawandel und Urbanisierung als größte Einflussfaktoren der kommenden JahreWie alle Branchen sieht sich auch der Immobiliensektor durch die beiden Megatrends Digitalisierung (89 %) und Klimawandel (87 %) in den nächsten fünf bis zehn Jahren am stärksten beeinflusst. Gleichauf mit dem Klimawandel auf Platz 2 liegt zudem die Urbanisierung bzw. Dezentralisierung. Der demografische Wandel, der im Vorjahr noch als stärkster Einflussfaktor gesehen wurde (100 %), hat heuer etwas an Bedeutung verloren (86 %).
„Digitalisierung und Klimawandel: Das sind genau jene Trends, die nicht nur in Österreich, sondern weltweit und in allen Branchen für umfassende Transformationsprozesse sorgen werden. Immobilieninvestoren und -entwickler sind dringend angehalten, diese Trends in ihren Strategien, Geschäftsmodellen und Gebäuden zu berücksichtigen. Nur so ist auch in Zukunft sichergestellt, dass Immobilien aber auch der österreichische Immobilienmarkt als Ganzes attraktiv bleiben“, so Größ.
Nachhaltigkeit wird Immobilienmarkt langfristig beeinflussen
Hinsichtlich Strategie wird sich der Markt in den kommenden Jahren unter dem Einfluss von Nachhaltigkeit und Klimawandel wohl neu orientieren. Fast alle (94 %) der befragten Investor:innen sind sich sicher, dass „Manage-to-Green“ in Zukunft die strategische Ausrichtung beeinflussen wird.
Dabei steht der Markt allerdings noch am Beginn einer Transformation. Nach Ansicht der Befragten (88 %) befindet sich die Implementierung von ESG-konformen Strategien noch in den Anfangsstadien. Der empfundene Druck auf den Kapitalmarkt zur Implementierung von ESG-Kriterien aufgrund der EU-Taxonomie ist im letzten Jahr deutlich gestiegen (2022: 97 %, 2021: 85 %).
Hinsichtlich der Investitionskriterien erwarten die Befragten einen starken Einfluss durch Nachhaltigkeit sowohl bei den Ankaufkriterien als auch beim Thema Preis. 84 Prozent der Investor:innen sind sich einig, dass ihre Liste an Ankaufskriterien in Zukunft auch Faktoren rund um das Thema Klimawandel wie Temperaturextreme oder Hochwassergefährdung berücksichtigen werde. 80 Prozent geben außerdem an, dass für ESG-konforme Immobilien Preisaufschläge zu beobachten seien.
Stimmen aus der Immobilienwirtschaft
Alexander Bosak, Geschäftsführer von EXPLOREAL: „Die Zahlen von EXPLOREAL bestätigen den Trendbarometer 2022 von EY im Wohnsegment. Die hohe Wohnbauaktivität liegt in Österreich deutlich über dem europäischen Durchschnittsniveau. Die Preisentwicklung – gemessen an zukünftig fertiggestellten Eigentumswohnungen – zeigt in den meisten Landeshauptstädten weiterhin nach oben.“Franz Pöltl, Geschäftsführer bei EHL Investment Consulting GmbH: „Das Sentiment zu Jahresbeginn deutet darauf hin, dass 2022 ein sehr gutes Immobilieninvestmentjahr werden wird und der Markt wieder in Richtung der Rekordmarke von EUR 6 Mrd. aus dem Jahr 2019 tendiert.“
Harald Ultsch, Geschäftsführer von harry’s home: „Vor dem Hintergrund unsicherer Hotelauslastungen und massiv steigender Herstellungskosten muss mehr auf eine faire Risikoaufteilung zwischen Investor und Betreiber Wert gelegt werden. Der Fixpachtvertrag wird an Bedeutung verlieren, hybride oder Managementverträge gewinnen.“