Die überwiegende Mehrheit der Branchen war im Jahr 2020 mit Umsatzrückgängen konfrontiert, das galt allerdings nicht für Lebensmittel sowie Elektrogeräte und Möbel – und vor allem nicht für den Online Handel (+ 17%). Besonders dort, wo der Handel eng mit dem Tourismus verbunden ist, gingen die Umsätze stark zurück. „Die Situation am Markt ist bekannt, nun geht es darum, Konzepte zu entwickeln, die den Handel wieder pushen“; so Wölfler, der mit seinem Team den Markt regelmäßig analysiert. Ergebnis der Analyse ist der aktuelle CBRE Einzelhandelsbericht, in dem sich nicht nur ein Überblick über die aktuelle Situation und eine Prognose für die Zukunft des Einzelhandels befindet, sondern in dem auch einzelne Standorte in Österreich analysiert werden.
„Vielfach wurde und wird die Krise als Katalysator für Entwicklungen, die bereits davor präsent waren, genannt. Im Handel trifft das hundertprozentig zu – so erlebte der Online Handel nun auch in Österreich in den letzten Monaten einen gewaltigen Push und nähert sich dem europäischen Durchschnitt“, so Wölfler.
Physische Geschäfte wird es auch weiterhin geben, Euromonitor geht in einem sehr aktuellen Market Research Reports davon aus, dass bis 2025 der Umsatz im stationären Handel um rund 4% gegenüber 2020 steigen sollte. Die Bedeutung der physischen Geschäfte wandelt sich allerdings und Flächen werden in Zukunft anders genutzt werden. „CBRE Österreich arbeitet derzeit an einer Reihe von Projekten, bei denen es darum geht, Filialnetzwerke von Einzelhändlern ganzheitlich – also unter Berücksichtigung aller Channels – zu bewerten“, so Wölfler.
Weniger Fertigstellungen, Flexibilisierung bei Mietverträgen
Das Fertigstellungsvolumen von Einzelhandelsflächen in Österreich ist im Jahr 2021 so niedrig wie noch nie, womit sich ein langjähriger Trend fortsetzt. 2021 werden ca. 16.400m2 neue Einkaufsflächen in Österreich entstehen, um 58% weniger als im Jahr 2020, als es noch beinahe 40.000m2 waren. Bewegung am Markt könnte durch zu erwartende Insolvenzen – laut Handelsverband gehen rund 25% der Klein- und Mittel davon aus, im Jahr 2021 Insolvenz anmelden zu müssen – entstehen, wenn dadurch begehrte Verkaufsflächen in Prime Locations frei und internationale Interessenten darauf aufmerksam werden.
Bereits in den vergangenen Monaten wurden Mietverträge im Einzelhandel flexibler gestaltet als in der Vergangenheit: entweder mit kürzeren Laufzeiten oder durch konkret zu beschreibende und zu bewertende Ausstiegsszenarien. Die Spitzenmieten sind in Einkaufszentren im ersten Quartal 2021 auf EUR 100,00/m2/Monat gesunken, in der Wiener
Innenstadt liegt die Spitzenmiete jetzt bei EUR 320,00/m2/Monat. Lediglich bei den Fachmarktzentren blieb die Spitzenmiete stabil bei EUR 14,00/m2/Monat. Eine Anpassung des Mietniveaus an eine Post-Covid-Situation ist allerdings zu erwarten.
2020: Mehr Marktaus- als -eintritte
Mit beinahe 40 Markteintritten war das Jahr 2016 das stärkste bisher, 2020 waren es nur 8 Markteintritte, wobei einige auf 2021 verschoben wurden. 2020 war auch das Jahr, in dem es erstmals seit langem mehr Marktaus- als eintritte gab. Die Marktaustritte bzw. Insolvenzen waren vor allem im Bereich der mittelpreisigen Bekleidung und Schuhe festzustellen. Die Markteintritte konzentrieren sich auch 2021 zu einem großen Teil auf Wien, wo Nehera, Louboutin, Five Guys, Victorinox sowie Iqos vor kurzem eröffnet haben.
Massiver Rückgang bei Investitionen im Einzelhandel
Das jährliche Investitionsvolumen lag im Jahr 2020 rund 77% unter dem Fünf-Jahres-Schnitt 2015-2019 und somit bei rund EUR 200 Millionen, von denen 74% auf das Konto österreichischer Investoren gehen. „Die Investorenstruktur hat sich komplett geändert, in den Jahren 2012 bis 2014 lag der Anteil der inländischen Investoren bei 35 bis 45%, heute machen sie rund drei Viertel aus“, so Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich. Die Investoren konzentrierten sich 2020 auf den Großraum Wien sowie die Steiermark. Die aktivste Zeit für Investoren war im dritten Quartal, noch vor dem zweiten Lockdown.
„Investoren haben jetzt andere Erwartungshaltungen als vor der Pandemie. Sie erwarten z.B. bei Einkaufszentren Preisreduktionen von bis zu 30%“, so Fichtinger, der die Spitzenrendite bei Einkaufszentren derzeit mit 4,7% beziffert. Ähnlich sind die Erwartungshaltungen für Investments in Immobilien auf Einkaufsstraßen, wo ebenfalls die Spitzenrenditen sich stabilisiert haben.