Geringe Flächenproduktion und Umnutzungen reduzieren Druck auf den Retailmarkt
Spitzenlagen kennen keine Krise und verzeichnen Rekordmieten
Aufwärtstrend im Onlinehandel zumindest temporär gebrochen
Die Leerstandsrate ist im letzten Jahr in den heimischen Primär- und Sekundärstädten laut dem Standortberater STANDORT + MARKT sogar von 7,4 Prozent auf 6,8 Prozent zurückgegangen.
Für diese in einem schwierigen Marktumfeld etwas überraschende Entwicklung sind zwei Faktoren hauptverantwortlich: Die nach Insolvenzen, insbesondere dem Aus für kika/Leiner, freiwerdenden Flächen konnten durchwegs rasch neuverwertet werden und die gesamte Verkaufsfläche ging wie bereits seit mehreren Jahren erneut um rund 1,5 bis 2,0 Prozent zurück – einerseits werden kaum neue Flächen produziert und andererseits werden Bestandsflächen durch Umnutzungen etwa für Büros oder Hotels und Abriss dauerhaft aus dem Markt genommen.
„Der Markt ist aktuell zweifellos schwierig, aber in Anbetracht des herausfordernden wirtschaftlichen Umfelds kann man mit der heurigen Entwicklung durchaus zufrieden sein“, erklärt Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter von EHL Immobilien. „Die Mieten gehen wegen der hohen Inflation zwar real zurück, aber zumindest in guten und sehr guten Lagen sind nominelle Rückgänge eher die Ausnahme. Auffällig ist allerdings die Verkürzung der Laufzeiten bei Neuverträgen, die mittlerweile oft nur mehr für drei statt früher zumindest fünf Jahre oder länger abgeschlossen werden.“
Am positivsten entwickeln sich laut Mario Schwaiger, Einzelhandelsspezialist bei EHL Gewerbeimmobilien, der in der Krise traditionell starke Diskontsektor und mehr noch die Spitzenlagen, die durch starke Nachfrage seitens globaler Luxuslabels eine regelrechte Sonderkonjunktur erleben. „Am Kohlmarkt und am Graben ist keine Krise zu erkennen. Für jede freiwerdende Fläche gibt es reichlich Interessenten. Die Mieten sind, abhängig von der Größe der Mieteinheit, auf bis zu 450 Euro/m² gestiegen, für sehr kleine Flächen wird in Einzelfällen sogar noch mehr bezahlt. Selbst die angrenzenden Straßenzüge profitieren vom Overflow aus dem Run auf die Spitzenlagen.“
Auch für die längerfristige Entwicklung ist Schwaiger optimistisch: „Strukturell ist der Markt gesund und bemerkenswert ist, dass 2022 und 2023 der Trend zum Onlinehandel zumindest temporär stagnierte und der stationäre Einzelhandel Marktanteile zurückgewinnen konnte. Die Mausklick-Konkurrenz hat ihren Schrecken verloren, auch wenn sie in den kommenden Jahren durchaus auch wieder etwas zulegen könnte.“
Ebenfalls positiv ist das große Interesse internationaler Player an einem Markteintritt in Österreich und der Aufschwung gänzlich neuer Nachfragegruppen. So haben sich in den europäischen Metropolen E-Mobilitätsanbieter mittlerweile als fixe Größe in Innenstadtlagen etabliert. „In diesem und anderen Wachstumssegmenten hat Österreich noch einigen Nachholbedarf und das wird 2024 dazu beitragen, die Flächenreduktion im Bereich traditionell starker Branchen wie insbesondere Textil zumindest teilweise auszugleichen“, so Schwaiger.