Die im Vergleich zu den Vorjahren deutlich höhere Zahl neuer Wohnungen führt dazu, dass der über mehrere Jahre hinweg aufgebaute Nachfrageüberhang nach und nach verringert wird. Die meisten Eigentumswohnungsprojekte im dominierenden mittleren Preissegment sind zwar weiterhin deutlich vor Fertigstellung großteils verwertet, doch wird der Zeitabstand zwischen Fertigstellung und Abschluss der Vermarktung des vollständigen Projektes wieder länger.
Auch im dritten Quartal führte der hohe Nachfragedruck seitens institutioneller Anleger, die in das Wohnsegment drängen, dazu, dass zahlreiche große Neubauprojekte gesamthaft an Investoren verkauft wurden. Daher kommen mehr Miet-und weniger Eigentumswohnungen auf den Markt und auch das Angebot an Einheiten, die als Vorsorgewohnung für private Anleger geeignet sind, wird tendenziell geringer.
Geänderte Rahmenbedingungen verunsichern im Altbau
Im Segment Altbau ist die Verunsicherung über die geänderten Rahmenbedingungen – Stichworte restriktivere Lagezuschläge, Unverbindlichkeit der Lagezuschlagskarte, Abbruchbestimmungen – nach wie vor zu spüren. Hier bleibt abzuwarten, wie die zukünftige Regierung aussehen wird und welche Themen im Arbeitsprogramm zu finden sein werden.
Angebotsentwicklung
Der September ist traditionell einer der besonders starken Monate für den Wohnungsmarkt. Das dritte Quartal konnte nahtlos an die hohen Fertigstellungszahlen des ersten Halbjahrs anschließen, insgesamt waren heuer damit bereits rund 8.000 Wohnungen neu bezugsfertig. Dabei dominierten ganz klar große Projekte.
Die Zahl der im Zuge von Dachbodenausbauten und Nutzung von Baulücken in zentraleren Lagen errichteten Wohnungen entwickelte sich vergleichsweise moderat. Unter anderem waren dafür die extrem hohen Baupreise in den Vorperioden verantwortlich, weswegen zahlreiche Projekte verschoben oder zeitlich gestreckt wurden. Diese Maßnahmen der Entwickler schlagen sich aktuell in einer geringeren Fertigstellungszahl nieder.
Nachfrage auf stabilem Niveau
Die Nachfrage nach Wohnraum blieb auch im dritten Quartal auf stabil hohem Niveau. Aus dem für das Gesamtjahr 2019 erwarteten Bevölkerungswachstum von 11.000 Personen resultiert bei der durchschnittlichen Haushaltsgröße von zwei Personen ein Zusatzbedarf von 5.500 Wohnungen. Wenn die durchschnittliche Größe der ca. 910.000 Haushalte in Wien auch nur um 0,01 Personen zurückgeht, ergibt das einen zusätzlichen Bedarf von ca. 4.000 Wohneinheiten.
Im Hinblick auf die Wohnungsgrößen zeichnet sich eine gewisse Änderung ab. Während zur Miete weiterhin vor allem Ein-und Zweizimmerwohnungen gesucht werden, geht der Trend bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen wieder stärker in Richtung Drei-und Vierzimmerwohnungen.
Erfreulich ist, dass die Wohnungen in den Stadtentwicklungsgebieten grundsätzlich gut angenommen werden. Wenn in einer neuen Wohnlage entsprechende Lebensqualität gegeben ist (insbesondere eine adäquate Infrastruktur mit Schulen, Kindergärten, Freizeit-und Einkaufsmöglichkeiten) sind die Wohnungssuchenden bereit, dorthin zu übersiedeln. Offenbar folgt hier die Nachfrage dem Angebot.
Preisentwicklung
Die Verschiebung des Angebots an Neubauwohnungen vom Eigentums- in das Mietsegment hat zu einer recht differenzierten Preisentwicklung auf dem Wiener Wohnungsmarkt geführt. Wegen des höheren Angebots an Mietwohnungen sind in diesem Segment aktuell nur Preissteigerungen im Bereich der (sehr niedrigen) Inflationsrate (aktuell rund ein Prozent) durchsetzbar. Bei Eigentumswohnungen ist die Entwicklung weit dynamischer und im Jahresabstand liegen die Zuwächse bei rund 3,5 Prozent. Im Vergleich zu Alternativveranlagungen wie z.B. Spareinlagen oder festverzinslichen Wertpapieren ist das weiterhin sehr positiv, auch wenn die Zuwächse damit wesentlich moderater ausfallen als in den Vorjahren.
Ausblick
Die Perspektiven für den Wiener Wohnungsmarkt sind aus heutiger Sicht weiterhin sehr gut. Die Prognosen für die demographische Entwicklung gehen kurz-, mittel- und langfristig von einem anhaltenden Bevölkerungswachstum aus und die Haushaltsgrößen werden weiter leicht sinken. Diese beiden Faktoren sorgen für eine stabile Basisnachfrage nach zusätzlichem Wohnraum.
Zusätzlich wird in den kommenden Jahren auch verstärkt der Wechsel der während der Flüchtlingswelle 2015 zugewanderten Personen in den „normalen“ Wohnungsmarkt spürbar werden. Je mehr Menschen aus dieser Gruppe ein eigenes Einkommen erwirtschaften, desto mehr wird von diesen auch Wohnraum gemietet oder gekauft werden. Zumindest für die nahe und mittlere Zukunft ist auch davon auszugehen, dass der Markt durch die niedrigen Zinsen und die zwar abgeschwächten, aber weiterhin guten Konjunkturaussichten gestützt wird.
„Abwanderung“ beeinflusst kaum den Markt
Eine Abwanderung von Wohnungssuchenden nach Niederösterreich, sowohl in den „Speckgürtel“ als auch in etwas weiter entfernte Städte wie Baden, St. Pölten oder Wiener Neustadt, wird zwar dank der Beschleunigung der Verkehrsverbindungen (sowohl öffentlich als auch mit dem motorisierten Individualverkehr) immer attraktiver, wird aber insgesamt keinen wesentlichen Einfluss auf den Wiener Markt haben.
Eigentumswohnungen steigen um drei bis vier Prozent
Die nachhaltig steigende Nachfrage sorgt dafür, dass auch weiterhin mit einer moderat positiven Entwicklung der Preise zu rechnen ist. Die Mieten werden in den kommenden Jahren Anstiege in etwa im Bereich der Inflationsrate verzeichnen, bei Eigentumswohnungen ist ein Preisanstieg zwischen 3,0 und 4,0 Prozent jährlich zu erwarten.