73 % aller Verkaufsflächen in Österreich sind derzeit ungenutzt
Von den aktuell 14,2 Mio. m² Verkaufsfläche in Österreich liegen derzeit etwa 10,3 Mio. m² * still, weil sie nicht betreten werden dürfen. Das sind rund 73 % der gesamten Verkaufsfläche in Österreich.
Der stationäre österreichische Einzelhandel verliert täglich knapp 140 Mio. € brutto
Ausgehend von den Konsumausgaben der privaten Haushalte ** von etwa 73 Mrd. €/Jahr und unter Abzug der Branchen, die derzeit geöffnet haben, ergibt sich ein tägliches Umsatzvolumen von etwa 167 Mio. € (stationär und online). Wenn man davon den „normalen“ branchenspezifischen Onlineanteil von etwa 37 Mio. abzieht, verbleibt ein stationärer Umsatzentgang von täglich 130 Mio. € (brutto).
Zu jenen 130 Mio. € (brutto) kommen noch die Umsatzrückgänge durch den Tourismus, der der-zeit praktisch auf Null zu setzen ist, hinzu. Errechnet aus den branchenrelevanten Konsumausgaben pro Nächtigung und der durchschnittlichen Nächtigungszahl im März ergibt sich ein zusätzlicher Umsatzentgang von täglich 9,5 Mio. € für den stationären Handel.
Ähnliche Situation in der Gastronomie: Umsatzentgang von über 60 Mio. €/Tag
Die ÖsterreicherInnen (exkl. TouristInnen) geben im Jahr etwa 11,7 Mrd. (brutto) für den Ver-zehr außer Haus aus, davon den größten Teil in der klassischen Gastronomie und Systemgastronomie. Derzeit sind in Österreich praktisch alle öffentlich zugänglichen Gastronomiebetriebe geschlossen. Abzüglich der Fertigprodukte, die der Handel anbietet und Zustellung/Catering, entsteht somit im Gastronomiesektor ein Umsatzverlust von etwa 25 Mio. €/Tag durch die Wohnbevölkerung.
Die Umsätze der TouristInnen in der Gastronomie betragen an einem „normalen“ Tag im März, errechnet aus den spezifischen Ausgaben und der Anzahl der Nächtigungen, täglich etwa 38 Mio. €, allerdings mit regional und lokal stark unterschiedlichen Werten.
Längerfristige Auswirkungen
Die derzeitigen Verluste im stationären Einzelhandel bedeuten jedoch nicht, dass der gesamte entgangene Umsatz für immer verloren ist. Es kann auf Grund von Analogien aus anderen Fällen angenommen werden, dass in dieser Situation etwa ein Drittel der Ausgaben der Wohnbevölkerung, also etwa 40 Mio. €/Tag bloß aufgeschoben und nach der Normalisierung wieder nachgeholt wird.
Bei der Gastronomie ist das allerdings nicht der Fall, da ist praktisch der gesamte Umsatz von 60 Mio. €/Tag verloren. In einigen Branchen (etwa Gartencenter, Baumärkte, Bekleidungshandel, Schuhhandel) hängt der tatsächliche Umsatzentgang aber noch mehr als in den anderen Branchen von der Dauer der Schließung ab: Jungpflanzen, Setzlinge und Gartenmöbel können später kaum mehr verkauft werden, ebenso die Frühjahrsmode im Sommer nur mehr zu sehr reduzierten Preisen.
Was mit Sicherheit angenommen werden kann ist, dass die heurige Sommersaison im Tourismus besonders schwach ausfallen wird. Die Umsätze der TouristInnen im Einzelhandel und der Gastronomie, die in einigen Regionen und Städten deutlich höher sind als die der EinwohnerInnen und Tagesgäste, fehlen den Unternehmen in der Umsatzbilanz ebenso. Eine Abschätzung des längerfristigen Umsatzentgangs kann aber derzeit nicht seriös erfolgen, denn sie ist maßgeblich vom Fortgang der Pandemie und der Reisebeschränkungen ab.
Verschiebung der stationären Umsätze
Derzeit ist eine Verschiebung der stationären Umsätze in Richtung Internet zu beobachten. Ab-gesehen vom Lebensmittelhandel und Drogeriehandel war vor allem an den ersten „Hamsterkauftagen“ ein starker Anstieg der Onlinebestellungen zu beobachten, derzeit liegen die Bestellungen nach Auskunft einiger (weniger) MarktteilnehmerInnen in Summe um etwa 25 – 30 % höher als normal. Dieser Effekt wird sich nach Beendigung der Maßnahmen der Bundesregierung wieder legen, aber trotzdem dem Onlineeinkauf langfristig einen Boost geben, denn derzeit „üben“ den Onlineeinkauf Zielgruppen aus, die es vorher nicht getan haben.
Zu beachten ist auch, dass diese Onlineumsätze zu knapp 70 % Online-Pure-Playern zu Gute kommen ***, und jene sitzen meistens im Ausland oder haben ihre Unternehmenszentrale im Ausland. Eine bloße Verschiebung der Umsätze der in Österreich tätigen stationären HändlerInnen in ihren eigenen Onlineshop gelingt somit nur sehr wenigen Unternehmen.
Lebensmittelhandel als Gewinner?
Aktuell sind es gewiss der Lebensmittel- und Drogeriehandel, die sich über Umsatzzuwächse freuen können. Allerdings ist dieser Mehrumsatz nur temporär und teilweise auch teuer erkauft: höhere Personal- und Logistikkosten, Schutzmaßnahmen, teurere Warenbeschaffung, etc. Was allerdings zu erwarten ist, ist, dass sich der derzeit nur bei knapp 2 % befindliche Onlineanteil im Lebensmittel- und Drogeriehandel, bedingt durch die derzeitige Situation, auch langfristig erhöhen wird.
KonsumentInnen lernen derzeit, dass die Hauszustellung von Lebensmittel und Klopapier auch seine Vorteile hat, insbesondere wenn eine (völlig berechtigte und sinnvolle) allgemeine Kontaktphobie herrscht. Ob das den Lebensmittelhandel sehr freut, sei dahingestellt, denn viel Profit kann man mit der Lieferung von Lebensmittel nicht machen.
* Quelle: Standortdatenbank Österreich, RegioData Research
** Quelle: Konsumausgaben Österreich, RegioData Research
*** Quelle: Onlinehandel Österreich, RegioData Research