Wie weit fortgeschritten die Möglichkeiten des digitalen Planens und Bauens aktuell sind, zeigte sich kürzlich bei der „Building the Future“-Konferenz an der Johannes-Kepler-Universität in Linz. Das Immobilienplanungs- und Projektmanagement-Unternehmen Drees & Sommer hatte kürzlich gemeinsam mit dem auf „Reality Capture“ spezialisierten Linzer Startup „qapture“ Branchenvertreter:innen eingeladen, um über die neuesten Entwicklungen und aktuelle Anwendungsbeispiele von digitalen Tools für intelligente und nachhaltige Gebäude zu informieren.
„Wenn man sich anschaut, wie wir heute Gebäude planen, findet gerade ein großer Wandel statt“, erklärt Matthias Mayr, Standortleiter von Drees & Sommer Linz. „Die Komplexität in den Projekten steigt extrem, genauso wie der Termindruck und die Dichte an Informationen in einem Projekt. Aktuell gilt es, die Komplexität aus Projekten herauszunehmen und für die jeweiligen Bezugsgruppen im Projekt jene Informationen bereitzustellen, die sie wirklich brauchen. Der Schlüssel für ein effizienteres und kollaboratives Planen liegt in der digitalen Planungsmethode BIM (Building Information Modelling).“
Gebäudedaten richtig managen
Wurde BIM anfangs noch in erster Linie in der Gebäudeplanung eingesetzt, wird die Methode nun auf alle Phasen eines Gebäudezyklus ausgedehnt: Vom Planen über das Bauen bis hin zum Betreiben. „Um den ökologischen Fußabdruck eines Gebäudes bestmöglich zu minimieren und ein optimiertes Planungsergebnis zu erarbeiten, ist das Sammeln von Daten, das Aktualisieren und laufende Bewerten essenziell wichtig. „Vor allem aber geht es darum, aus dieser enormen Datenflut die relevanten Daten herauszulösen und zu managen“, erklärt Hannes Asmera, BIM-Experte von Drees & Sommer Österreich. „Unser Ziel ist es, mit dem Einsatz von BIM und einem effizienten Datenmanagement einen Beitrag für nachhaltigere und ressourcenschonende Gebäude zu leisten sowie Planungs- und Bauprozesse unter Einbeziehung aller Projektbeteiligten noch effizienter und kollaborativer zu gestalten.“
Sparkasse Oberösterreich als Best Practise
So kommt BIM auch bei der Sanierung der Zentrale der Sparkasse Oberösterreich an der Promenade in Linz zum Einsatz. Eine besondere Herausforderung dieses Projekts liegt neben der Planung der Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes im tiefgreifenden Nachhaltigkeitsansatz mit Integration von Kreislaufwirtschaft. „Und um Letztere auch zur Umsetzung zu bringen, müssen wir zuerst den Gebäudebestand erheben“, erklärt Christof Löffler, Kreislaufwirtschaftsexperte der von der Sparkasse OÖ beauftragten Drees & Sommer Tochter EPEA. Dafür wurde das auf Reality Capture spezialisierte Linzer Startup „qapture“ beauftragt. „Wir haben mit einem speziellen 3D Laserscanner das gesamte Gebäude aufgenommen und auf dieser Basis einen digitalen Zwilling des Gebäudes erschaffen“, erklärt Daniel Höller, CEO von qapture. „Nicht nur, dass damit alle realen Maße des Gebäudes bis ins Detail erhoben wurden, konnten wir so auch eine automatisierte Erfassung des Inventars durchführen.“ Auf dieser Basis kann nun die Detailplanung des Projekts erfolgen.
Örtliche Bauaufsicht mit digitalem Zwilling
Der digitale Zwilling eines Gebäudes erhält mittlerweile aber auch Einzug in der örtlichen Bauaufsicht (ÖBA). „Wenn es nach mir geht, können wir das Bautagebuch, mit dem wir bisher gearbeitet haben, langsam außer Dienst stellen“, erklärt Otto Eichler vom auf Automatisierungslösungen im Gebäudemanagement spezialisierten Unternehmen EOTEC. „Bei einem unserer aktuellen Großprojekte sind wir dazu übergegangen, das Gebäude wöchentlich zu scannen und den Fortschritt der Baustelle laufend mit der Planung abzugleichen. So lassen sich Fehler rasch erkennen und beheben.“ Vor allem aber wird die Baustelle transparenter und effizienter. „Mit dem Einsatz des digitalen Zwillings ließen sich in einem aktuellen Projekt in Deutschland gegenüber gewohnten Methoden zuletzt rund 2,5 Prozent der Baukosten sparen. Termine konnten besser eingehalten werden“, erklärt Daniel Höller. „Ich bin überzeugt, dass der digitale Zwilling gerade in der Bestandssanierung essenziell ist“, untermauert Otto Eichler. „Ich denke, gegenüber herkömmlichen Methoden der ÖBA lassen sich mit dem digitalen Zwilling in der Bestandssanierung künftig bis zu zehn Prozent der Kosten sparen.“
Paradigmenwechsel
Weit verbreitet sind digitale Tools wie BIM oder der digitale Zwilling in Österreich noch nicht. „Damit sich diese wirklich durchsetzen, braucht es einen Paradigmenwechsel“, erklärt Daniel Höller. Der Planungsstandard ist in Österreich derzeit noch 2D. In Deutschland wird bei Ausschreibungen zunehmend eine 3D-Planung eingefordert. „Eine 2D-Planung geht meist schneller, eine 3D-Planung macht vieles einfacher und sie ist auch technisch einfacher geworden“, erklärt Höller. „Jedoch muss die 3D-Planung künftig noch mehr Gewicht in der Ausbildung von Planern bekommen, damit sich die Technologie weitgehend durchsetzt.“