Der Wohnungsmarkt bleibt angespannt – besonders in Städten wie Wien, wo häufig viele Bewerber:innen auf ein Objekt kommen. Freie Mietwohnungen sind oft nur wenige Tage verfügbar. Fachleute sprechen hier von einem friktionellen Leerstand: Zwischen zwei Mietverhältnissen bleibt kaum Zeit, denn begehrte Objekte sind meist binnen zwei Wochen vergeben. Wer heute also eine Chance haben will, braucht mehr als eine solide Bewerbungsmappe. Neben Bonität und Einkommensnachweis ist vor allem der persönliche Eindruck entscheidend. In einem Auswahlprozess, der zunehmend informeller abläuft, zählen oft kleine Signale: der Ton im Gespräch, die Körpersprache oder ein dezenter Geruch nach Zigaretten. Denn obwohl Rauchverhalten selten offen angesprochen wird, beeinflusst es Vermieterentscheidungen immer häufiger. „In einem Markt, in dem Vermieter:innen die Wahl haben, zählen nicht nur Fakten, sondern auch Empfindungen“, so Markus Lindblad, von Northerner. „Der Eindruck, dass jemand raucht, kann ein unbewusster Ausschlussgrund sein – gerade bei hochwertig sanierten Wohnungen.“
Zwischenmenschliche Wirkung schlägt Zahlen
Auch wenn finanzielle Stabilität natürlich eine Rolle spielt, treten klassische Kriterien wie Einkommensnachweise oder Bonitätsdaten zunehmend in den Hintergrund – vor allem bei privaten oder stark nachgefragten Objekten. Wie eine aktuelle Erhebung von ImmoScout24[1] in unserem Nachbarland Deutschland zeigt, ist für 85 Prozent der Vermieter:innen der persönliche Eindruck ausschlaggebend. Besonders gefragt sind Bewerber:innen, die als verlässlich, konfliktarm und umsichtig wahrgenommen werden – etwa ruhige Paare oder Einzelpersonen mit stabiler Lebenssituation. „Viele unterschätzen, wie stark der Wohnungsmarkt heute emotional geprägt ist“, erklärt Lindblad und führt aus: „Verhalten, Auftreten und sogar Sympathie spielen oft eine größere Rolle als jede Bescheinigung.“
Zigarette als stilles Ausschlusskriterium
Ein Beispiel für solche unterschwelligen Ausschlussgründe: das Rauchverhalten. Zwar dürfen Mieter:innen in Österreich in ihrer Wohnung rauchen – untersagt werden kann es rechtlich nicht. Doch genau das macht es für Vermieter:innen zum Risiko: Gerüche ziehen ein, Nikotin verfärbt Wände, Rückstände setzen sich in Böden und Vorhängen fest. Gerade bei frisch renovierten Wohnungen bedeutet das im schlimmsten Fall Neuanstrich, Zusatzkosten und Verzögerung bei der Weitervermietung. „Niemand schreibt in die Anzeige: ‚Keine Raucher:innen‘ – aber viele denken es sich“, sagt Lindblad. „Und wenn der Geruch bei der Besichtigung auffällt, ist der Eindruck kaum zu revidieren.“ Wohnungssuchende können aber auf diese unausgesprochenen Erwartungen reagieren: Sei es der bewusste Verzicht auf Zigaretten vor dem Termin, oder der Konsum von geruchsneutralen Alternativen wie Nikotinbeuteln, um keine Nachteile zu riskieren.
Was müssen Bewerber:innen sagen – und was nicht?
Auch wenn es einige Vermieter:innen wohl gerne hätten, müssen bestimmte persönliche Details bei der Wohnungsbewerbung nicht offengelegt werden. Informationen, die nichts mit der Nutzung des Mietobjekts zu tun haben, müssen weder angesprochen noch wahrheitsgemäß beantwortet werden. Diskriminierende Fragen sind verboten und dürfen ignoriert werden – etwa zur Sexualität, Religion oder eben ob potenzielle Mieter:innen rauchen. Trotzdem zeigt die Praxis: Selbst wenn keine direkte Frage gestellt wird, nehmen Vermieter:innen Eindrücke sehr wohl wahr. „Man muss nicht uneingeschränkt Auskunft geben – aber alles, was sichtbar, hörbar oder riechbar ist, wirkt trotzdem“, erklärt Lindblad. „Ein kurzer Moment kann reichen, um aus dem Rennen zu sein – ohne dass es je offen angesprochen wird.“
Der Besichtigungstermin als Bewerbungsgespräch
Makler:innen raten Wohnungssuchenden inzwischen ganz offen, den Besichtigungstermin wie ein Bewerbungsgespräch zu behandeln. Neben den notwendigen Unterlagen zählen Auftreten, Sprache, Zurückhaltung und ein sicheres, aber nicht überhebliches Auftreten. Auch der Umgang mit sensiblen Themen wie Haustieren, Schichtarbeit, Lautstärke oder eben Rauchen sollte überlegt erfolgen. „Wer zu fordernd wirkt oder unterschwellig Konflikte vermuten lässt, hat es schwer – auch wenn objektiv nichts dagegen spricht“, sagt Lindblad.Umgekehrt haben Wohnungssuchende, die als zurückhaltend, freundlich und kompromissbereit auftreten, oft bessere Chancen – selbst wenn die Ausgangslage nicht perfekt ist.