Aktueller Zinshaus-Marktbericht von Otto Immobilien

Die Wiener Gründerzeit-Zinshäuser haben im Vorjahr allen Corona-bedingten Einschränkungen und ökonomischen Einbrüchen getrotzt und sich als „Fels in der Brandung“ erwiesen. Das zeigt die aktuelle Ausgabe des ersten Wiener Zinshaus-Marktberichts von OTTO Immobilien.

© Christian Steinbrenner

„Die klassischen Wiener Gründerzeitzinshäuser haben sich in den letzten 12 Monaten als eine der wesentlichsten Stabilisatoren für die Wiener Immobilienwirtschaft ausgezeichnet. Keine Krise bringt dieses besondere Wiener Kultur- und Wirtschaftsgut mit seinem hohem, emotionalen Wertanteil ins Wanken“, zieht Dr. Eugen Otto, Eigentümer von OTTO Immobilien am Dienstag in einer Aussendung Bilanz. „Die Nachfrage nach Gründerzeitzinshäusern ist aufgrund ihrer substanziellen Wertbeständigkeit und Sicherheit ungebrochen hoch geblieben. Und auch internationale Investoren, wie kürzlich das deutsche Immobilien Investmenthaus aik, finden immer mehr Gefallen an unseren klassischen Wiener Zinshäuser“, betont Mag. Richard Buxbaum, Leiter der Abteilung für Wohnimmobilien.  

Insgesamt wurden 2020 in ganz Wien 507 Zinshäuser verkauft – ein leichtes Minus von 2 % gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2019. Einen Einbruch gab es allerdings beim Volumen der Verkäufe, das sich gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 um fast ein Drittel (32 %) verringert hat. Im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt (2013 bis 2019) betrug das Minus ca. 26 %. „Die Milliardengrenze wurde aber dennoch geknackt“, so Mag. Buxbaum. Damit bewege man sich auf dem Niveau der Jahre 2016 und 2017. Allerdings: „Auch wenn diese herausfordernde Zeit nach stabiler Investmentsicherheit trachtet und eine ungebremste Nachfrage auf die Knappheit angebotener Gründerzeithäuser stößt, werden Zinshäuser nicht um jeden Preis gekauft“, erklärt Mag. Buxbaum. 

Boom im 6. und 16. Bezirk

In Hinblick auf die einzelnen Bezirke sind laut OTTO Immobilien vor allem der 6. und 16. Bezirk hervorzuheben: „Hier wurden mit 80 Mio. im 6. und 83 Mio. im 16. Bezirk um rund 20 % mehr als im Vorjahreszeitraum umgesetzt“, berichtet Martin Denner, BSc, Leiter Immobilien Research. Im Jahresvergleich (Frühjahr 2020) hat sich das Transaktionsvolumen sonst nur in den Bezirken 8., 11., 18. und 19. erhöht – alle anderen Bezirke hatten deutliche Umsatzrückgänge zu verzeichnen. „Mit Stichtag 14.2.2021 konnten wir in keinem der Bezirke jedoch Verkäufe von mehr als 100 Mio. Euro feststellen“, weiß Denner. Vor allem der 1. Bezirk, der seit der Ersterhebung durchgehend diese Grenze übertroffen hat, weist nicht nur im Vorjahr, sondern bereits in den letzten zwei Jahren deutliche Umsatzrückgänge auf.

Bei der Anzahl der Verkäufe verzeichnen der 15. und 18. Bezirk mit +93 % bzw. +81 % die stärksten Zuwächse. Vor allem die inneren Bezirke haben im Verhältnis zur Vergleichsperiode bei der Anzahl der Transaktionen zugenommen. Am stärksten war laut OTTO Immobilien der Rückgang in den Bezirken 7. und 2. ausgefallen.

Hohe Volumina innerhalb des Gürtels

„In Bezug auf die Transaktionsvolumina innerhalb bzw. außerhalb des Gürtels sehen wir diesmal sehr große Verkäufe innerhalb des Gürtels“, erklärt Denner. Mit knapp 65 % des Transaktionsvolumens (+13 %-Punkte) präsentieren sich die Bezirke innerhalb des Gürtels nach einer leichten Trendwende im Vorjahr wieder deutlich vor den äußeren Bezirken. Anders sieht es bei der Anzahl der Verkäufe aus: Bei diesen gab es mit 70 % deutlich mehr in den Bezirken außerhalb des Gürtels. Dies bedeutet, dass eine Transaktion innerhalb des Gürtels im Durchschnitt ein dreimal so hohes Volumen aufweist, wie ein Verkauf in den äußeren Bezirken.

Maximalpreise: Plus 2 Prozent – Steigerungen vor allem außerhalb des Gürtels

Der starke Rückgang an angebotenen Wiener Gründerzeit-Zinshäusern und die gleichzeitig starke Nachfrage haben dazu geführt, dass die Mindestpreise in einzelnen Bezirken deutlich zugelegt haben. Der höchste Zuwachs bei den Mindestpreisen konnte im 18. und 19. Bezirk verzeichnet werden. Hier stiegen die Mindestpreise um 12 % an.

Ebenfalls stark gestiegen sind die Einstiegspreise in den Bezirken 9., 13., und 20. „Dort konnten wir Steigerungen zwischen 9 % und 11 % beobachten“, sagt Denner. Bei den Maximalpreisen beobachtet er Wien-weit eine durchschnittliche Veränderung von +2 % Besonders hoch war das Plus bei den Maximalpreisen im 16. Bezirk – sie kletterten um 12 % in die Höhe. „Die niedrigsten Einstiegspreise sind zwarweiterhin in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu finden, aber mittlerweile wird kein Wiener Gründerzeit-Zinshaus in einem durchschnittlichen Zustand unter 1.770 Euro/m? verkauft“, berichtet Mag. Jelena Pirker, Teamleiterin Zinshaus bei OTTO Immobilien. Und sie ergänzt: „Die Preise haben seit Herbst 2020 insbesondere in den Regionen außerhalb des Gürtels deutlich zugelegt. Vor allem bei den Einstiegspreisen konnten wir starke Steigerungen beobachten.“

Generell ist nur mehr in den Bezirken 10., 11., 21., 22. und 23. eine Rendite von über 3 % erzielbar. Alle anderen Bezirke weisen mittlerweile eine Rendite von weniger als 3 % auf. Die Maximalrenditen sind in den vergleichbaren Bezirken weiter gesunken, nicht jedoch so stark wie in den vergangenen Jahren. Am stärksten fiel die Reduktion mit -0,1 %-Punkten in den Bezirken 2., 3., 4., 10. und 18. aus. Die Minimalrenditen haben sich in dieser Berichtsperiode in keinem Bezirk verändert.

Die Spitzenrendite für das beste Objekt in der besten Lage (entspricht der Mindestrendite im 1. Bezirk) beträgt derzeit 0,78 %. „Insgesamt spiegeln die Renditen des Wiener Zinshausmarktes dessen hohe Attraktivität wider“, so Mag. Pirker.

Anteilskäufe haben wieder zugenommen

In die Auswertung sind jene Kaufverträge von 1. Jänner bis 31. Dezember 2020 eingeflossen, die bis Februar 2021 im elektronischen Grundbuch abrufbar waren. Die Transaktionen wurden dabei in fünf Gruppen eingeteilt, je nachdem, wie viel Eigentum übertragen wurde – von kleinen Zinshausanteilen bis zu ganzen Häusern (100 % der Grundbuchsanteile). Hierbei ist ein leichter Rückgang gegenüber 2019 bei der Übertragung von ganzen Häusern (100 % der Anteile) feststellbar: Knapp 48 % der im Jahr 2020 getätigten Transaktionen sind dieser Gruppe zuzuordnen. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dieseinen Rückgang von 12 %-Punkten.

Der Kauf und Verkauf von Zinshausanteilen (1 % bis 99 %) machte dementsprechend einen Anteil von knapp 52 % der umgesetzten Transaktionen aus. Betrachtet man die Transaktionsvolumina, ist die Übertragung von ganzen Häusern nach wie vor auf hohem Niveau (85 %).

Mehr Transaktionen unter 5 Mio. Euro

In Hinblick auf die Preiskategorien machten die Zinshäuser bis 5 Mio. Euro diesmal einen Anteil von 83 % der Transaktionen aus. Der Anteil liegt somit 5 %-Punkte über dem Wert des Vergleichszeitraums des Jahres 2019. Der Anteil der Transaktionen mit höheren Volumina (Transaktionen größer als 5 Mio. Euro) hat sich im Vergleich zum Jahr 2019 von 22 % auf 17 % verringert. Zudem ist besonders hervorzuheben, dass sich nahezu die Hälfte der Transaktionen in der Preiskategorie von 2,5 Mio. Euro bis 5 Mio. Euro bewegt haben.

Gute Aussichten

Durch die globale Überbeanspruchung des Gesundheitssystems und die massiven Auswirkungen in vielen Branchen wie Gastronomie, Tourismus, Boutiquen, Highstreet-Geschäften etc., sehnen sich Investoren nach Sicherheit im Immobiliensektor. Weiters begünstigt das niedrige Zinsniveau im Bankensektor auch bei geringen Rendite-Perspektiven langfristige Investmentmöglichkeiten am Zinshausmarkt. „Gewinnträchtigere Kapitalanlageformen wie Rohstoffe, Edelmetalle oder Aktien weisen hingegen aufgrund ihrer Volatilität ein höheres Risiko der Vermögensspekulation auf, weshalb der „Zinshaus-Investment-Klassiker“ eine krisensichere und zuverlässige Investment-Alternative darstellt“, erklärt Dr. Otto. Der Investmenthorizont orientiert sich deshalb nach Wertsteigerung und Parametern, wie Lage, Mikrolage, Potentialanalysen und Mietverhältnissen. Aufgrund der steigenden Zinshauspreise fokussieren sich Developmentpotentiale verstärkt auf den Sanierungs-, Entkernungs-, Umnutzungs- und Ausbauprozess. So erweitern sich neue attraktive Zinshaus-Investmentzonen insbesondere in den ursprünglich weniger begehrten Gürtellagen und angrenzenden Außenbezirken durch die Erschließung des neuen U-Bahnnetzes mit dem Ausbau der U5-Linie.

Vermehrt Preislimits spürbar

Am Zinshausmarkt wird die Preis-Dynamik stets angekurbelt und es werden sehr marktkonforme und für erlesene Unikate auch hohe Liebhaberpreise bezahlt. Dennoch sind aufgrund der Mietrechtsbestimmungen auch Preislimits auf der Käuferseite vermehrt spürbar. 

„Auch wenn diese herausfordernde Zeit nach stabiler Investmentsicherheit trachtet und eine ungebremste Nachfrage auf die Knappheit angebotener Gründerzeithäuser stößt, werden Zinshäuser nicht um jeden Preis gekauft, denn der Anstieg der Verkaufspreise führt zur Senkung der Renditespannen“, sagt Mag. Pirker.

Bestand sinkt weiter

Die Zahl der Gründerzeit-Zinshäuser geht weiter zurück. Während im Herbst 2009 noch 15.529 Gründerzeit-Zinshäuser im engeren Sinn nach OTTO Immobilien identifiziert werden konnten, hat sich ihre Anzahl seit der letzten Berichtsperiode um 37 und insgesamt um 1.709 verringert. Demnach existieren mit Stichtag 19.2.2021 nur noch rund 13.820 klassische Gründerzeit-Zinshäuser in Wien. Dies entspricht einem Rückgang des Bestandes seit 2009 um etwas mehr als 12 %. Hauptgrund dafür ist die Begründung von Wohnungseigentum. Ein weiterer Grund sind Nutzungsänderungen, etwa die Umwandlung in Hotels. Allerdings: „Hoteleigentümer sind schon seit einigen Monaten aufgrund mehrfacher Schließungsphasen unter Druck, manche von ihnen denken daher über einen Verkauf nach. Ursprünglich als klassisches Zinshaus gebaut, kann dieses nun nach einer jahrzehntelangen Zwischennutzung als Hotel wieder als reines Mietwohnhaus dem Bestand der Wiener Gründerzeitzinshäuser hinzugerechnet werden“, sagt Dr. Otto. 

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  • Erschienen am:
    30.03.2021
  • um:
    15:00
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