In Vorträgen und interaktiven Diskussionsrunden bot die Veranstaltung eine Plattform für den Austausch bewährter Praktiken und visionärer Konzepte, um den vielfältigen Anforderungen moderner Ortszentren und Innenstädte gerecht zu werden sowie zukunftsfähige Lebensräume zu schaffen.
Innenstädte im Wandel: Herausforderungen annehmen
Den Auftakt der Tagung übernahm DI Wolfgang Richter (RegioData Research GmbH) mit seinem inspirierenden Vortrag zum Thema „Urbane Zentren der Zukunft“ oder „Wie wird aus einem Donut ein Krapfen?“. Richter stellte die verbreitete Annahme in Frage, dass Innenstädte „sterben“, und wies darauf hin, dass sich Zentren zwar wandeln, jedoch keinesfalls verschwinden. Die Kaufkraft sei nach wie vor vorhanden, allerdings ändern sich die Konsumgewohnheiten. Um die Attraktivität der Innenstädte für alle Bevölkerungsgruppen zu erhöhen, sei ein Wandel erforderlich. Richter forderte eine gerechte Flächenverteilung im öffentlichen Raum und eine Gestaltung, die sich an den Bedürfnissen aller Stadtnutzer:innen orientiert.
Gesunde Zentren: Klimaanpassung und Bürgerbeteiligung
Im ersten Block des Tages, der dem Thema „Gesundes Zentrum“ gewidmet war, präsentierten verschiedene Fachleute zukunftsweisende Projekte zur Begrünung und Entsiegelung urbaner Flächen. Doris Schnepf (Green4Cities GmbH), Nicole Kirchberger (Klima- und Energiefonds) und Robert Gutscher (Stadt Tulln) erläuterten, wie diese Maßnahmen zu einer besseren Nutzung durch alle Altersgruppen führen. Besonders betont wurde die Bedeutung der Bürgerbeteiligung, um klimafitte und lebenswerte Städte zu schaffen. Stefan Niedermoser (LEADER-Forum Österreich) stellte den europäischen Entwicklungsansatz LEADER vor, der auf aktive Regionalentwicklung und soziale Inklusion setzt. Auch die Herausforderungen bei der Umsetzung von Mobilitätsprojekten wurden thematisiert. Valentin Eisendle (Radlobby), Dr. Verena Zeuschner (Fonds Gesundes Österreich) und DI Matthias Komarek (Energie- und Umweltagentur NÖ) hoben die Wichtigkeit sicherer Fahrradinfrastrukturen und innovativer Mobilitätskonzepte wie Carsharing in ländlichen Gebieten hervor.
Abschließend diskutierten Expert:innen von der TU Wien , Katrin Hagen, Forschungsbereich Land-
schaftsarchitektur und Landschaftsplanung, Lena Hohenkamp, Forschungsbereich Örtliche Raumplanung) gemeinsam mit Jan Gartner (Raumpioniere – Agentur für StadtmacherInnen GmbH, Wien), wie Tactical Urbanism zur Anpassung an den Klimawandel beitragen kann.
Hierbei wurden Einblicke in die Projekte „TikTak Galilei – Next Level Wohnstraße“ und „Hard verbunden“ gegeben.
Ein zentrales Problem sei der Verlust von Biodiversität und grünen Flächen, der zu urbanen Hitzeinseln führt. Veränderung ist jedoch oft schwierig, wenn das Bewusstsein und die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung fehlen. Taktische Interventionen, die temporär und kurzfristig umgesetzt werden, können helfen, schnell sichtbare und erlebbare Mehrwerte zu schaffen, um die Akzeptanz baulicher Veränderungen zu fördern. Besonders wichtig sind Partizipationsprojekte, die vulnerable Gruppen wie junge Menschen und Senior:innen einbeziehen, um deren Bedürfnisse besser zu verstehen.
Beispiele aus der Praxis zeigen, wie öffentliche Räume transformiert werden können: In Hard wurde der Schulvorplatz unter Einbindung der Schüler:innen und der Bevölkerung gestaltet, während im Alsergrund verschiedene Beteiligungsformate zur Umgestaltung der Gallileigasse genutzt wurden.
Die Diskussion hob die Bedeutung von Co-Kreation hervor, um Entscheidungsprozesse zu legitimieren. Fragen aus dem Publikum zu weggenommenen Parkplätzen verdeutlichten, dass Veränderungen zwar schmerzhaft sein können, jedoch für das Gemeinwohl notwendig sind.
„Wegnehmen von Parkplätzen ist immer schmerzvoll aber es benötigt Reibungen und Innovation, um Neugestaltung zu erzeugen, und dies muss man aushalten.“- so Gartner.
Belebung durch aktive Bürgerbeteiligung
Im zweiten Teil der Veranstaltung wurde die zentrale Frage behandelt, wie aktive Bürgerbeteiligung, die Einbindung verschiedener Bevölkerungsgruppen und die Nutzung kultureller Ressourcen zur authentischen und vielseitigen Ortsentwicklung beitragen können. In der ersten Diskussionsrunde unterstrichen Thomas Auböck (KIBB Immobilien GmbH), Sabrina Halkic (Lokale Agenda 21 Wien) und Peter Kühnberger (DIALOGPLUS e.U.) die Notwendigkeit einer frühzeitigen Einbindung der Bevölkerung in Planungsprozesse. Die Diskussion zeigte, dass unklare Parameter oder politische Instrumentalisierungen die Stimmung negativ beeinflussen können. Ein sorgfältig gestalteter Beteiligungsprozess kann hingegen dazu beitragen, dass vielfältige Bedürfnisse berücksichtigt und Projekte langfristig akzeptiert werden.
Ein weiterer Höhepunkt war der Vortrag von Lisa Müller-Schober von Gehl – Making Cities for People, die die Herausforderungen der standardisierten Stadtplanung beleuchtete, die oft spezielle Mobilitätsbedürfnisse von Kindern, Senior:innen und Menschen mit besonderen Anforderungen übersehen. Anhand von Projekten in Kopenhagen und München zeigte sie auf, wie Städte durch partizipative Ansätze inklusiver gestaltet werden können. Sandra Schwarz (Regionalmanagement OÖ GmbH) erläuterte das Konzept des „Dritten Ortes“ nach Ray Oldenburg, der soziale Treffpunkte neben Wohn- und Arbeitsorten beschreibt. Diese Orte bieten Raum für Begegnung, Kultur und Experimente und tragen zur Belebung von Innenstädten bei.
Abschließend diskutierten Michael Gsaller (Stadtmarketing Hall in Tirol), Klaus Kofler (Future Design Akademie) und Guido Flatz (Bürgermeister von Doren) darüber, wie kulturelles Erbe und traditionelle Veranstaltungen zur Stärkung der regionalen Identität und Wirtschaft beitragen können.
Innovative Nutzungskonzepte: Brachflächen und Wohnen im Zentrum
Im dritten Block lag der Fokus auf der Reaktivierung von Brachflächen und dem Wohnen im Ortskern. DI Sabine Rabl-Berger (Umweltbundesamt GmbH) und Mag. Monika Hohenecker (RegioPlan Consulting GmbH) betonten die Potenziale von Brachflächen für die Ortsentwicklung. Erfolgreiche Beispiele wie der Umbau der ehemaligen Konservenfabrik „Die Erbse“ in Bruckneudorf zur Volksschule oder die Umnutzung der alten Spinnerei in Oberwaltersdorf zu Wohnungen verdeutlichen, wie durch kreatives „Brachflächenrecycling“ nicht nur Raum revitalisiert, sondern auch das Ortsbild positiv verändert werden kann. Dr. Alfred Kollar (Oberwarter Siedlungsgenossenschaft) sprach über die zentrale Rolle des Wohnens im Ortszentrum für eine lebendige Gemeinde.
Die lebhafte Diskussion über innovative Nutzungskonzepte, moderiert von Mag. Monika Hohenecker, mit DI Markus Schadenbauer (Schadenbauer Projekt- und Quartierentwicklungs GmbH), Anna Janz, MA („Gründung findet Stadt“, Eisenstraße Niederösterreich), Thomas Heissenberger (Hutwisch Regionalentwicklung eGen) sowie Klaus Falkinger, MBA (Gemeinde Kleinzell im Mühlkreis), verdeutlichte, dass das Engagement der Bürger:innen und kreative Ansätze entscheidend sind, um Stadt- und Ortszentren zu beleben. Ein Beispiel hierfür ist Hohenems, wo die Altstadt durch hochwertige Sanierungen und eine Mischung aus eigentümergeführten Geschäften revitalisiert wurde, was zu einer erheblichen Steigerung der Bevölkerungszahl führte.
Fazit: Unsere Innenstädte haben schon oft bewiesen, dass sie wandlungsfähig sind
Die Behauptung, dass Innenstädte „sterben“, verkennt ihre Fähigkeit zur Erneuerung und Anpassung. Zwar sind viele Herausforderungen zu bewältigen, doch es gibt auch viele erfolgversprechende Ansätze und Beispiele, die zeigen, dass unsere Ortskerne lebendig bleiben und sich immer wieder neu erfinden können. Es liegt an uns, diesen Wandel aktiv zu gestalten und unsere Innenstädte fit für die Zukunft zu machen.