Nachverdichtung ist ein „Muss“

Zieht man einen Vergleich, so gewinnt Wohnraum in der Stadt immer vor den Streusiedlungen am Stadtrand.
Stellt man Vergleiche zwischen europäischen und US-amerikanischen Städten an und damit auch über das Verhältnis von Quadratmetern und Personen beim Verbrauch von Betriebsmitteln im privaten Personenverkehr – sprich Kraftfahrzeuge -, dann sind die Betriebsmittel in den USA ungleich höher als in Europa. Zu sehr gehen in den USA die Städte in die Breite, und wenn man daher über Ressourcenschonung und Energieeffizienz in Städten nachdenkt, stößt man auf die Verdichtung der Städte als eine wesentliche Herausforderung. Auch deshalb, weil die Länder und Kommunen– vor allem in Europa– erkannt haben, dass die Erhaltung der Infrastruktur (Wasser, Strom, Entsorgung etc.) in ihrer jetzigen Form durch die öffentliche Hand nicht mehr fortgesetzt werden kann. Wenn sich jemand aus einer einzigen Motivation heraus, nämlich weil es billig ist, ein Grundstück am Land kauft und ein Einfamilienhaus baut, dann finanziert die Allgemeinheit einen sehr großen Teil mit: Infrastruktur, Förderung, Pendlerpauschale und Ähnliches.

Stadt der Zukunft

Geht es daher innerhalb der Stadt oder einer Stadtagglomeration um Nachverdichtung, stellt sich auch die Frage: Wie sieht die Stadt der Zukunft aus? Muss man dazu vielleicht in die Vergangenheit blicken? Ein Beispiel: Wenn man das Graz der Gründerzeit betrachtet, dann sieht man sehr genau, wie die Stadt funktionieren soll. Die Blockrandverbauung war das, was geklappt hat. In späterer Folge sind in Mitteleuropa nur noch Siedlungen gebaut worden, aber keine Städte im eigentlichen Sinn mehr. In Zukunft wird es notwendig sein, dass ein Stadtbild entsteht– wir sprechen hier von Stadtreparatur. Betrachtet man das Grazer Herz-Jesu-Viertel, ein klassisches Gründerzeitviertel, dann sieht man, dass eine bestimmte Dichte nötig ist, um einen urbanen Lebensraum entstehen zu lassen. Möglichst viele Bevölkerungsgruppen sollen in einem solchen Viertel leben. Im Grazer Gründerzeitviertel funktioniert das auch heute noch, aber einige Kilometer weiter außerhalb sieht man, dass es sich dort nicht mehr um eine Stadt handelt, sondern um eine Siedlung. In einer Siedlung wird aber mehr Asphaltfläche für die Erschließung der Nutzflächen in den Erdgeschoßzonen benötigt, das heißt, es wird nicht nur mehr Raum verbraucht, sondern es wird auch kostspieliger: Jedes Haus, das in einer Siedlung steht, muss an die Infrastruktur angeschlossen werden und muss auch mit dem Pkw erreichbar sein.

Vorteil bestehender Stadtstrukturen

Der Vorteil einer bestehenden Stadtstruktur gegenüber Stadtentwicklungsgebieten am Rand: Hier gibt es eine funktionierende Durchmischung und Infrastruktur, wie Lebensmittelhandel, Lokale, Unternehmen, Treffpunkte, öffentliche Verkehrsmittel– alles, was zum täglichen Leben benötigt wird. Es existiert außerdem eine klare Trennung von öffentlichem und privatem Raum. Wichtig wäre es, den Wohnraum nach oben zu entwickeln– um ein bis zwei Geschoße. Damit entstünde neuer Wohnraum, für den auch schon die Infrastruktur vorhanden wäre und der nicht wie bei neuen Siedlungen erst auf Kosten der Allgemeinheit errichtet werden müsste. Auch in Wien wird ein bestimmter Teil des zu erwartenden Zuzugs von Menschen nicht in Stadtentwicklungsgebieten aufgefangen werden können, sondern nur über städtische Verdichtung.

Ganze Stadtviertel verdichten

Im Idealfall– und das ist der eigentliche Punkt– geht es nicht mehr darum, einzelne Gebäude zu verdichten, sondern ganze Stadtviertel. Je dichter eine Stadt ist, desto mehr Qualität muss es im öffentlichen und im privaten Raum geben. Es ist daher wichtig, das Augenmerk nicht auf ein Gebäude zu legen und hier zu verdichten, sondern einen ganzen Wohnblock als ein Gesamtsystem zu betrachten und zu realisieren. Den Höfen kommt damit eine ganz wesentliche Bedeutung zu, und es gibt ein riesiges Potenzial. Ein wesentlicher Gedanke ist es, die einzelnen, segmentierten Höfe auszuräumen, zusammenzuführen und für die private Nutzung zu öffnen.

Reduzierung der Gesetze

Es sollte Initiativen geben, damit ganze Stadtviertel entwickelt werden– bei Zusammenarbeit aller Beteiligten. Die Frage ist: Wie kann so eine Stadtentwicklung „häuserübergreifend“ organisiert werden? Ein Vorschlag wäre, die Gesetze, die eine solche Entwicklung erschweren, möglichst zu reduzieren. Eine andere Idee wäre: Man nimmt ein Stadtviertel oder auch einen Wohnblock, in dem mehrere Häuser zusammengeschlossen sind, lässt die gesetzlichen Rahmenbedingen weg und schaut, was in einer gemeinsamen Entwicklung prinzipiell möglich wäre. Wenn man ernsthaft über Nachverdichtung nachdenkt, dann müssen alle etwas davon haben.

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  • Erschienen am:
    14.02.2013
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    11:31
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Geschrieben von:

Walter Senk

Walter Senk ist Chefredakteur der Immobilien-Redaktion, die er 2010 gründete. Er ist seit über 25 Jahren Journalist mit dem Fachgebiet „Immobilien“. Er konzipiert und betreut Newsletter und Magazine für Medien und Unternehmen, moderiert Veranstaltungen und leitet Podiumsdiskussionen. Sein Motto: Es gibt zum Optimismus keine vernünftige Alternative.

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