(Fast) ausgebremster Immobilienmarkt

Die allgemeinen Rahmenbedingungen mit Kreditzinsenanstieg und den verschärften Vergabekriterien spielen im Immobilienbereich derzeit bei jeder Marktanalyse eine große Rolle. Laut aktuellem Marktüberblick ist nun eine „gesunde Regulierung“ der Märkte zu erwarten.

Fotocredit: sonyakamoz

Allgemeine Preissteigerungen und gestiegene Baukosten setzen dem Immobilienmarkt zu. Seit Juni dieses Jahres beobachtet man beim Maklerverbund Engel & Völkers eine abgeschwächte Dynamik beim Immobilienverkauf. „Die Preissteigerungen werden auf einem moderateren Niveau stattfinden“, lautet die Einschätzung von Sylvia Verdorfer, Gebietsleiterin Österreich bei E&V, für die nächste Zukunft. Über alle Märkte hinweg wird im auslaufenden Jahr 2022 mit einem Preisanstieg im „einstelligen höheren Bereich“ gerechnet. Für 2023 wird zumindest in weniger guten Lagen von nur mehr leichten Anstiegen oder stagnierenden Preisen ausgegangen. Nur in besseren Lagen soll die weiterhin anhaltende Nachfrage zu deutlichen Preissteigerungen führen. Im Beobachtungszeitraum der letzten fünf Jahre hat sich in Summe bereits ein Preisanstieg von rund fünfzig Prozent vollzogen. Trotz allem wurde in Österreich zuletzt bei Wohnungen und Häusern ein Transaktionsvolumen von 24,4 Milliarden Euro umgesetzt.

Genauer hinsehen

In Wien wird es heuer zu rund 15.000 Transaktionen bei Wohnungen und Häusern kommen. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis dürfte dieses Jahr ziemlich genau 5.500 Euro betragen. Philipp Niemann, Geschäftsführer von E&V in Wien, beschreibt eine aktuell stattfindende Trendumkehr: „Wir sehen in der Nachfrage derzeit einen deutlichen Rückgang, aber die Nachfrager, die übrig bleiben, sind qualitativ auf einem hohen Niveau.“ Das „günstige Geld“ habe zuvor neue Käufer auf den Markt gebracht, und diese würden in der aktuellen Situation wieder verschwinden. „Die Übertreibungen von gestern führen jetzt auch zu Korrekturen, und man muss bei der Lage nun genauer hinsehen“, sagt Niemann, genau das sei aber für Private schwierig. In der Vermietung würde die Nachfrage dafür merklich anziehen. Weil einerseits Bauprojekte nun rückläufig sind und andererseits durch den Zuzug nach Wien die Nachfrage konstant bleibt, sei ein Überangebot an Wohnraum nicht zu erwarten. Bemerkenswert sei die Nachfrage von Familien in den Randbezirken.

Home-Office auf dem Land

In Niederösterreich hält die Nachfrage rund um die Hauptstadt an. Wegen der Grundstücksverknappung rücken auch weiter entfernte Gebiete in den Fokus. Darauf verweist der Geschäftsführer von E&V Baden, Oskar Beirer, und begründet es so: „Mit Home-Office-Regelungen und ein- oder zweimaligen Fahrten pro Woche ins Büro weitet sich der Radius aus.“ Bis in die Bezirke Neunkirchen oder Amstetten erstrecke er sich bereits. In Baden und Mödling seien klassische Villen sehr gefragt. In den Teilmärkten Krems und Wiener Neustadt habe dafür die Nachfrage bei den Wohnungen zugelegt. Bemerkenswerte Preiszuwächse sind da jeweils die Folge. Teure Objekte jenseits einer Million Euro, aber auch günstigere Wohnungen bis 400.000 Euro sind in Niederösterreich weiter gefragt. Schwieriger wird es demnach im mittelpreisigen Segment.

Neubauoffensive mit Wirkung

Dank reger Bautätigkeit sind die Preise in Graz zuletzt nicht ganz so stark gestiegen. 3.000 Euro pro Quadratmeter muss man da für eine Eigentumswohnung mitbringen. Rund um die Landeshauptstadt, aber auch im Stadtgebiet werden vielfach Grundstücke für den Hausbau gesucht. Das berichtet Harald Martich von E&V in der Steiermark. Investoren gebe es nun auch vermehrt: „Wir bemerken eine ungebremste Nachfrage nach Wald, Ackerland und Jagden.“ Vielfach sind es Käufer von außerhalb, die in der „grünen Mark“ anfragen. Die „Steirische Toskana“ erfreut sich bei ausländischen Käufern ebenfalls neuer Beliebtheit.

Seezugang für alle

Auf Gegenliebe im Ausland stoßen auch die Seen in Kärnten. Daher sieht man sich bei der Nachfrage auch schon in einer Reihe mit Seengebieten in der Schweiz und in Bayern. Hansjörg Lenz von E&V Kärnten berichtet über die dann doch raren Verkaufsfälle am See: „Kommt ein Seegrundstück durch Erbschaft auf den Markt, geht es ohne großes Marketing sofort wieder weg.“ Weil die Seen nun auch mehr öffentliche Zugänge bekommen, werden auch „die zweite und die dritte Reihe“ aufgewertet. Für viele sei das Einfamilienhaus jenseits des Zentralraums mit Preisen bis 300.000 Euro noch erschwinglich. „Die Leute suchen sich gebrauchte Häuser, und es wird nicht mehr so viel gebaut“, sagt Lenz. Wenn doch, würden sich aber Gebiete mit Bauland um 50 Euro pro Quadratmeter finden.

Wohnsitzverlagerung

Bauland ist dafür genau das, was in Salzburg-Stadt rar ist und was für Preise auf hohem Niveau sorgt. „Es ist eingeschränkt, was auf den Markt kommt“, sagt Mark Hüsges von E&V Salzburg, und ein Nachfrageüberhang sei die Folge. Münchner Preise halten hier noch nicht ganz Einzug. Diejenigen, die von dort nach Salzburg ausweichen, werden aber auf jeden Fall mehr. „Flexible Arbeits- und Lebensmodelle unterstützen den Trend“, stellt Hüsges fest. Auch das Salzkammergut werde von der neuen Zielgruppe stark nachgefragt – von Liebhaberpreisen für Häuser wird berichtet.

Highend-Immobilie

Am oberen Ende der Preisskala rangiert einmal mehr Tirol. Bei den Einfamilienhäusern wird der Durchschnittspreis allein im heurigen Jahr um 20 Prozent klettern, und die eine oder andere Million Euro muss man für den Erwerb mitbringen. Kitzbühel als Rekordhalter für Wohnluxus ist beim Objektpreis zweieinhalbmal so teuer. „Der hochpreisige Markt funktioniert tadellos“, berichtet Florian Hofer von E&V Tirol. Spitzenobjekte in Aurach würden bis zu 30 Millionen Euro erzielen. Am unteren Ende des Spektrums ist auch im Tirolerland Ernüchterung angesagt, aber bei Engel & Vökers bleibt man positiv: „Grundsätzlich normalisiert sich der Markt, und das macht ihn gesünder.“

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Geschrieben von:

Matzanetz Peter

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  • Erschienen am:
    28.09.2022
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Kategorie: Inland

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