Beim Wohnungskredit ausgebremst

Der dynamische Anlegermarkt treibt die Preise an, was den Immobilienerwerb für kapitalschwache Eigennutzer in weite Ferne rücken lässt.

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Kredite für Immobilienfinanzierungen werden ab dem Sommer schwerer zu bekommen sein. Quotenregelungen beim Beleihungsumfang und ein maximal zumutbarer Schuldendienst werden im Juli schlagend. Europäische Institutionen aus dem Finanzwesen, allen voran der Internationale Währungsfonds, haben die nun ergriffenen Maßnahmen den österreichischen Behörden anempfohlen. Bei der heimischen Finanzmarktaufsicht läuft derzeit ein Begutachtungsverfahren zu einer Verordnung, welche die Immobilienfinanzierung betrifft. Einmal beschlossen, soll sie für drei Jahre und theoretisch noch zwei weitere gültig sein. Im Wesentlichen läuft sie auf eine Zehn-Prozent-Untergrenze mit Eigenkapital und 40 Prozent maximaler Schuldendienst relativ zum verfügbaren Gesamteinkommen hinaus. Ausnahmeregelungen bei der Vergabe gibt es, um den Banken hier Spielräume zu lassen.

Kreditzusage fraglich

Betroffen sind Neuvergaben von privaten Immobilienkrediten über 40.000 Euro, die vor Coronazeiten anscheinend auch zu hundert Prozent mit Fremdfinanzierung abgeschlossen wurden. In Summe habe das für „systemische Risiken“ gesorgt, heißt es bei der Österreichischen Nationalbank (OeNB). Beim Finanzmarkstabilitätsgremium (FMSG), einer empfehlenden staatlichen Institution, verweist man auf Entwicklungen, die in Österreich in den letzten zehn Jahren risikoreicher als im restlichen Europa verlaufen sind: „Das mittlere jährliche Immobilienkreditvolumen wuchs in Österreich um 4,2 Prozent, während der Anstieg im Euroraum lediglich 2,6 Prozent betrug.“ Variable Verzinsungsanteile bei Neuabschlüssen seien im Europavergleich ebenfalls höher. Laufende Kredite mit variablen Verzinsungen würden das Risiko trotz mittlerweile geänderten Verhältnissen hoch halten. Insgesamt rechnen Finanzierungsexperten mit bis zu einem Drittel weniger Kreditzusagen.

Kredite für Investoren

Bei der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien wird betont, dass man die nun verordneten Regeln sowieso schon anempfohlen habe. Ihr Generaldirektor-Stellvertreter, Reinhard Karl, sieht unter gewissen Bedingungen derzeit immer noch gute Finanzierungsgelegenheiten: „Angesichts der sich abzeichnenden Zinswende sind Kreditnehmerinnen und -nehmer mit Fixzinsfinanzierungen gut beraten.“ Spätestens im dritten Quartal sei zu erwarten, dass die Europäische Zentralbank mit einem Anheben des Leitzinses reagieren wird. Roman Eisenmagen, Leiter der Abteilung für gewerblicher Bauträger bei der Erste Bank, sieht angesichts der Entwicklungen Folgeprobleme auftauchen: „Treffen wird es vor allem Junge, für die kein Vermögensaufbau möglich sein wird.“ Indirekt bevorteilt seien auf einmal Kredite mit Investorenhintergrund, was er für sozial bedenklich hält. Einnahmen aus Bestandsvermietungen würden in diesen Fällen zum Einkommen gezählt, was bei der Beleihungsquote den Spielraum hoch hält. Bei Raiffeisen Research spricht man von einem Anlegermarkt, der krisenbedingt „einen Gang hochgeschaltet“ hat. Matthias Reith, Chefanalyst des Instituts, sieht bei der Dynamik aber natürliche Grenzen: „Die derzeitige Inflation wirkt zwar unterstützend für die Immobilienmärkte, schlägt aber jetzt verstärkt auf die Leistbarkeit durch.“ Er erwartet, dass die Teuerung von österreichischem Wohneigentum von zuletzt 11,8 Prozent deswegen heuer zumindest etwas, nämlich auf acht Prozent heruntergebremst wird. Bei Raiffeisen Immobilien Vermittlung (RIV) beobachtet man als Folge der gestiegenen Preise eine „Seitwärtsbewegung“ der Kunden. „Der Wohnungskauf wird mangels Eigenkapital immer öfter aufgeschoben, und bis auf Weiteres ist man Mieter“, sagt Geschäftsführer Peter Weinberger.

Zeitfenster nutzen

Auch die Kreditvermittler melden sich angesichts des derzeit zerrütteten Marktumfelds, und bei INFINA hebt man die Rekordinflation im Euroraum von 7,5 Prozent hervor. Angesichts steigender Lebenshaltungskosten wie auch Energiepreise müssten Antragsteller bereits jetzt höhere Einkünfte mitbringen. Reinhold Baudisch, Geschäftsführer des Tarifvergleichsportals durchblicker.at, sieht für all jene, die da bevorteilt sind, eine Gelegenheit: „Wer trotz der hohen Immobilienpreise sein Sparguthaben in Immobilien umschichten möchte, sollte das Zeitfenster der kommenden zwei Monate noch nutzen.“ Vor langen Laufzeiten unter variablen Bedingungen wird trotzdem gewarnt, denn auch viele kleine Zinserhöhungen würden auf Dauer stark ins Gewicht fallen.

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  • Erschienen am:
    11.05.2022
  • um:
    07:00
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Geschrieben von:

Matzanetz Peter

  • branchenfrei at Agentur
    CEO
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Medien und Digitale Medien für die Bau- und Immobilienwirtschaft sind die Welt des Peter Matzanetz. Im Bereich Stadt- und Regionalforschung in Europa und Lateinamerika hat er akademische Abschlüsse. Nicht nur was die Brancheninformationen betrifft ist er stets am Puls der Zeit, sondern auch technologisch. Auf die Transformation von Stadt und Region am technologischen Weg hat er sich seit langem fokussiert. 2019 hat hat er die PlaceQu GmbH gegründet. Das Proptech-Startup  kann als erster Anbieter einer Lagesuchmaschine gelten. Seit 2016 ist er im Rahmen des Lehrganges der Immobilienwirtschaft außerdem als Lehrender an der FH-Wien tätig.

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