Was ist passiert?
Ein Wohnungseigentümer ohne eigenen Balkon wollte bei den Sanierungskosten der Balkone in einer Wohnhausanlage nicht mitzahlen. Seine Begründung: Er könne die Balkone der anderen Eigentümer weder nutzen noch habe er einen eigenen. Es sei daher unbillig, ihn an den entsprechenden Kosten zu beteiligen.
Er beantragte deshalb beim Gericht, vom gesetzlichen Aufteilungsschlüssel abzuweichen und ihn von den Sanierungskosten vollständig auszunehmen. Die Streitsache gelangte bis an den obersten Gerichtshof (OGH).
Wie ist die Rechtslage?
Grundsätzlich haben alle Wohnungseigentümer die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen an der Liegenschaft anteilig nach dem gesetzlichen Aufteilungsschlüssel zu tragen. Eine Abweichung davon ist nur dann zulässig, wenn sich wesentliche Unterschiede in der Nutzungsmöglichkeit bestimmter Einrichtungen oder Anlagen ergeben, etwa bei gemeinschaftlich genutzten Bereichen wie Aufzügen oder Heizungsanlagen. Hat ein Wohnungseigentümer erst gar keinen Zugang zu einem Aufzug in der Wohnhausanlage, muss er dafür auch keine Instandhaltungskosten zahlen. In solchen Fällen kann das Gericht eine andere Verteilung der Kosten anordnen oder eigene Abrechnungseinheiten schaffen.
In der Entscheidung zu 5 Ob 146/24t sah der OGH allerdings keine Grundlage für eine Ausnahme. Die Tatsache, dass einzelne Eigentümer über keinen Balkon verfügen und jene der anderen nicht mitbenutzen dürfen, stellt keine „erheblich unterschiedliche Nutzungsmöglichkeit“ im rechtlichen Sinn dar. Vielmehr handelt es sich dabei um die übliche Folge der Struktur des Wohnungseigentums, bei dem jeder Eigentümer ausschließlich über sein Objekt und die dazugehörigen Flächen verfügen darf.
Eine abweichende Abrechnungseinheit für Balkonbesitzer konnte ebenfalls nicht geschaffen werden. Balkone sind keine eigenständig abzurechnenden Anlagen (wie etwa Aufzüge oder Heizungsanlagen), sondern integraler Bestandteil des jeweiligen Wohnungseigentumsobjekts. Daher fehlt es an den Voraussetzungen für eine gesonderte Behandlung dieser Aufwendungen.
Schlussfolgerung
Auch wenn ein Wohnungseigentümer über bestimmte Einrichtungen wie Balkone nicht verfügen oder diese nicht nutzen kann, bleibt er grundsätzlich verpflichtet, sich anteilig an deren Erhaltungskosten zu beteiligen. Nur objektiv unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten bei gemeinschaftlichen Einrichtungen können eine abweichende Kostenverteilung rechtfertigen. Persönliche Versäumnisse aus der konkreten Ausstattung der eigenen Wohnung genügen dafür nicht.
Mit seiner Entscheidung unterstreicht der OGH die solidarische Grundstruktur des Wohnungseigentums. Wer im Wohnungseigentum lebt, ist Teil einer Solidargemeinschaft.