Die Zukunft der Hausverwaltung

Johannes König (ÖRAG) eröffnet die Runde mit einer Antwort auf die Frage: Wie haben sich Hausverwaltungen eingangs auf den Lockdown eingestellt? Home-Office, Zoom-Meetings und dergleichen seien mit den Monaten der Pandemie erfolgt; zu Beginn war es aber ein „Umstellen von heute auf morgen, das Haus nicht mehr zu verlassen“. Das hat organisatorische Herausforderungen – Stichwort Schlüsselübergaben – mit sich gebracht, erzählt König. Die „klassische“ Wohnungsübergabe habe zwischen März und April 2020 nicht passieren können, es gab eine Phase der Neu-Organisation und Koordinierung.
Bruno Schwendinger von EHL ergänzt um die aktuellen Herausforderungen: „Es hat sich eine Routine entwickelt, und mit unserem Grad an Digitalisierung waren wir auf Home Office eingestellt.“ Gerade beim Thema Gewerbe-Immobilien sei es bis zuletzt um „Einzel-Vereinbarungen“ gegangen, etwa was die Mietzins-Minderung betreffe. Lockdown-bedingt seien die Wohungs-Anfragen zurückgegangen, sagt Schwendinger: „Die Leute waren mit sich selbst beschäftigt.“
Helmut Bayerl von der BUWOG sieht die großen Herausforderungen in der Hausverwaltung in der „internen Kommunikation“ – Mitarbeiter „up to date“ zu halten, und die jeweils neuesten Corona-Verordnungen der Regierung an die Belegschaft „auszurollen“. Gleichzeitig sei es für eine Hausverwaltung „eine Challenge, zum Beispiel Wohnungseigentümerversammlungen abzuhalten“ in Zeiten, wo das eigentlich physisch nicht passieren dürfte.
Lässt sich Home Office in einer Hausverwaltung einfach umsetzen? Worauf müssen sich Hausverwaltungen einstellen?
Helmut Bayerl (BUWOG) sieht keine Frage zwischen „leicht und schwierig – wir waren schlicht unter Zugzwang“. In der BUWOG war Home Office bereits zuvor etabliert; im Zuge der Lockdowns hätten sich auch technische Probleme wie Überlastung der IT-Provider gelöst. „Wir haben einen Journaldienst, wir arbeiten aus dem Home Office“, sagt Bayer, „das merken die Kunden gar nicht.“
Bruno Schwendinger (EHL) ergänzt um die Vor-Ort-Leistungen wie Reparaturarbeiten im Objekt. „Wir merken Verzögerungen bei, zum Beispiel, Ersatzteilen – etwa bei Wasserschäden oder kaputten Aufzügen“. Dritt-Firmen hätten Schwierigkeiten mit ihren Lieferketten; dazu komme die Sorge von Bewohnern „Professionisten in die eigene Wohnung zu lassen“.
Johannes König (ÖRAG) spricht zu den neuen Herausforderungen der Hausverwaltungs-Branche. „Es ist die E-Mail-Flut, die oft missbräuchlich verwendet wird“, klagt König, „eine Mail schreibe ich schnell – und schon nach zwei Stunden frage ich nach, warum die Hausverwaltung noch nichts getan hat“. Dass Mieter und Eigentümer jetzt schneller als Informationsquelle bei Schäden dienen, „ist grundsätzlich gut“, meint König, „aber wir müssen das auch abarbeiten“. Hausverwaltungen seien „Generalisten“ – aber „wir sind keine Juristen, keine Versicherungsprofis und keine Bausachverständige“. Dazu brauche es Profis, und die Hausverwaltung vermittle gerne an Professionalisten – „aber man kann nicht alles auf uns abwälzen“, so König.
Helmut Bayerl erklärt das „Ticket-System“ in der BUWOG – womit sich verhindern lasse, „doppelt, dreifach und vierfach-Meldungen“ abhandeln zu müssen. „Natürlich haben wir eine Flut an Daten, die bei uns ankommen“ – die Herausforderung sei, das zu „qualifizieren“ und die Mitarbeiter entsprechend zu briefen, auch hinsichtlich der vielen Kommunikationskanäle, die mittlerweile zur Verfügung stehen. Bruno Schwendinger ergänzt: Die EHL biete eine eigene App für Mieter und Bewohner, welche „moderne und wichtige Kommunikation“ biete, um über aktuelle Schadensfälle und Reparaturleistungen informiere. „Natürlich braucht es dafür kompetente Mitarbeiter, die mit diesen Tools umgehen können“, sagt Johannes König (ÖRAG).
Was bringt die Digitalisierung für Hausverwaltungen, wo sind die Grenzen?
Helmut Bayerl (BUWOG) sieht die Grenzen der Digitalisierung unter anderem bei den gesetzlichen Auflagen – Stichwort Datenschutz. Letztlich liege es „am Menschen – wie weit wollen wir solche Tools nützen?“, fragt Bayerl rhetorisch; technologische Entwicklungen wie das schnelle 5G-Internet führen bei großen Unternehmen wie der BUWOG zu „mehrjährigen Strategien“ – die würden aber „ständiger Weiterentwicklung, ständiger Evaluierung“ unterworfen.
Johannes König (ÖRAG) erzählt von „Neubauprojekten, die wir komplett digital übernehmen“ – vom Bauplan bis zum Mietvertrag liege alles digital vor. Im Gegensatz dazu stehe „das analoge Zinshaus von 1846“ – hierbei Archive zu digitalisieren koste Zeit und Geld. Das wiederum ermögliche im Nachhinein ein „flottes Arbeiten“, weil alle Mitarbeiter auf Stand seien.
Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen braucht es in Zeiten der Pandemie und der Digitalisierung?
Bruno Schwendinger (EHL) spricht das Thema der Wohungseigentümer-Versammlungen an. Diese Versammlungen müssten abgehalten werden – aber „derzeit ohne gesetzliche Legitimität, wenn sie nur online passiert“. Für Schwendinger steht aber im Vordergrund, diese Versammlungen überhaupt abzuhalten – „um am Kunden dran zu bleiben“.
„Eine Versammlung als Info-Tool ist wichtig“, sagt Johannes König (ÖRAG), aber eine Beschlussfassung sei in der digitalen Form gar nicht möglich, weil nicht alle Eigentümer einen entsprechenden Online-Zugang haben.
Wichtiger als der rechtliche Rahmen sei aber der „Service-Gedanke“, um mit den Kunden in Kontakt zu bleiben, sagt Schwendinger (EHL).
Der ImmoLive-Chat stellt Fragen – etwa zur geplanten Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes
Helmut Bayerl (BUWOG) spricht zur geplanten „Vereinfachung der Willensbildung der Wohnungseigentümer“ – eine „rechtsphilosophische Frage“, wenn es um das Einstimmigkeitsprinzip geht. „Nicht bei allen Maßnahmen ist das sinnvoll“, sagt Bayerl.
Johannes König (ÖRAG) meint: „Es ist gut, dass die Mehrheit entscheiden kann“ – was die „hundertprozentige Zustimmung“ betrifft, seien gewisse „Stellschrauben zu bewegen“. Anzugehen sei das Thema der „Mindestrücklage“, meint König, beispielhaft für Objekte aus den 1950er-Jahren: „Es ist klar, dass nach 70 Jahren am Haus etwas gemacht werden muss. Da ist es gut, eine Rücklage für solche Fälle anzusparen.“
Braucht es eine verbindliche Mindestrücklage? Das hänge von der vorgeschriebenen Summe ab, meint Schwendinger (EHL) – bei „90 Cent pro Quadratmeter Neubaufläche“ würde das „die Sache leichter machen“.
Bruno Schwendiger sieht „die Erleichterung der Willensbildung“ im Eigentumsgesetz „grundsätzlich gut“, die „Aufweichung“ auf das angepeilte Drittel der notwendigen Eigentümerstimmen seien „eine gute Sache“.
Verzögert die Pandemie bestimmte Umlaufbeschlüsse? „Ich sehe das entspannt“, sagt Bruno Schwendinger (EHL). Vor allem bei größeren Liegenschaften sei der Umlaufbeschluss sowieso gängige Praxis, unabhängig von Pandemie und Lockdown.
Die Zukunft der E-Mobilität in Garagen
Die Installation von Ladestationen in Garagen solle vereinfacht werden für den Wohnungseigentümer, sagt Bruno Schwendinger (EHL), der für „Gemeinschaftsanlagen statt Einzel-Boxen“ plädiert – schlichtweg, weil das die Netzauslastung und Überlastungen im Stromverbrauch verhindere.
Johannes König (ÖRAG) ergänzt: Im „klassischen Zinshaus“ gebe es „einen Netzwerkanschluss pro Haus“ bei den Wiener Netzen – da müsse die Kapazität erhöht werden, was mit „hohen Kosten“ verbunden sei. „Und dann muss der Kunde mit Schwachstrom laden“, sagt Helmut Bayerl (BUWOG), was zu „noch mehr Kapazitätsbelastung führt“. „Die Gemeinschaftsstation ist der bessere Weg“. „Was mir in der Diskussion fehlt“, sagt Bayerl: Leichter nachzurüsten – auch im Bestand – seien Ladestationen für E-Bikes, die ein „wesentliches Thema im städtischen Bereich“ werden.
Sind Wiener Altbauten für die digitale Zukunft geeignet? Was bewegt Mieter?
Johannes König (ÖRAG) will die Frage aus dem Chat zurückspielen: „Die Stromversorgung ist abgedeckt, aber wir haben nicht die Stromleitungen für private Serverfarmen“. Etwas ganz anderes seien natürlich Neubauten, die für die schnelle Internet-Anbindung besser gerüstet seien.
Bruno Schwendinger erzählt von „Einzelfällen der Mietzins-Reduktion“ seit dem ersten Lockdown – dazu könne es aber keine „Pauschalaussage“ geben, es brauche die individuelle Lösung zwischen Mieter und Vermieter. „Da wächst der Zusammenhalt“, sagt Schwendinger, „die Pandemie ist irgendwann vorbei. Und dann wollen sich Mieter und Vermieter noch in die Augen schauen wollen“. Von ähnlichen Anfragen zu Ratenvereinbarungen und Stundungen erzählt auch Helmut Bayerl (BUWOG) – „aber das ist Sache der Regierung. Je länger die Krise dauert, desto mehr wird sich die Krise zuspitzen“. Die Arbeitslosigkeit werde steigen, befürchtet Johannes König (ÖRAG), und die Zahl der Anfragen auf Mietzinsstundungen entsprechend wachsen. „Wir sind in der Hinsicht nur Dienstleister, als Hausverwalter. Das müssen wir dann einzeln mit dem Eigentümer klären.“
Wird es einen allgemeinen Preisnachlass bei Mieten geben? „Schwierig einzuschätzen“, sagt Helmut Bayerl (BUWOG), „vielleicht kommt es zum Aussetzen von Indexierungen durch die Regierung“. Aber: „Es ist ein Blick in die Glaskugel“, so Johannes König von ÖRAG, „der Mietpreis wird aber nicht vom derzeitigen Niveau hinuntergehen“.
Die Hausverwaltung als Mediator zwischen Eigentümer und Mieter
Johannes König (ÖRAG) meint: „Auf alle Fälle werden wir noch mehr zum Mediator und Koordinator“, angesprochen auf die Pandemie. „Wir handeln im Auftrag des Eigentümers, aber etwaige rechtliche Fragen muss der Anwalt des Eigentümers klären.“
Helmut Bayerl (BUWOG) als „ausgebildeter Mediator“ unterstützt: Es stehe jedem Eigentümer frei, mehr als über die gesetzlichen Rahmen hinaus dem Mieter in Fragen entgegen zu kommen. „Aber letzten Endes sind wir nur Vermittler“, so Bayerl.
„Wir haben einige hunderte Vorsorgewohnungen in der Verwaltung“, erzählt Bruno Schwendinger (EHL), und die Nachfrage sei ungebrochen groß. Er höre „viel vom Trend zur größeren Wohnungen und zum Grünraum“ in Zeiten des Home Office, „aber das muss man sich auch leisten können“. So gesehen könne Schwendinger nicht bestätigen, dass vermietete Vorsorgewohnungen zunehmend leer stünden.
Welche Tätigkeiten und Aufgaben werden Hausverwaltungen künftig noch übernehmen müssen?
Johannes König (ÖRAG) nennt ein „klares Ja“ zu mehr Aufgaben, welche die Hausverwaltung übernehmen soll. „Wer kennt denn das Objekt besser, als der Immobilienmanager?“, fragt er rhetorisch – „wir sind bereit, die Verantwortung zu übernehmen“. Aber: Die Hausverwaltung könne das nicht „all in all“ übernehmen, und müsse sich entsprechende Profis beiziehen. Was natürlich mit Kosten verbunden sei.
Helmut Bayerl (BUWOG) sieht vor allem die Klimaschutzziele als „wesentliches Thema“. Gerade bei Bestandsbauten mit alten Heizsystemen (Stichwort Ölheizung) kämen „viele Themen auf uns Hausverwalter zu“, was zu einer Erweiterung der derzeitigen Funktion als reiner „Berater“ für die Eigentümer führe. Hausverwaltungen müssten sich auch mit Fragen der „nachhaltigen Bewirtschaftung“ auseinandersetzen, etwa betreffend Fassaden- und Dachbegrünungen.
Bruno Schwendinger (EHL) will aus Hausverwalter Richtung Eigentümer „zukunftsweisende Empfehlungen abgeben“ statt nur zu reagieren. „Wir kennen den Bestand, wir kennen den Nutzer, wir sehen auch Schäden sofort“ – ein Schritt weg von der „verwaltenden“ hin zur „beratenden“ Tätigkeit der Hausverwaltung.
Kosten reduzieren – und den Wartungs- und Energieaufwand 
User im ImmoLive-Chat sprechen von nachhaltiger Energienutzung – und Helmut Bayerl (BUWOG) antwortet: Beim Bestand werde zunehmend auf stromsparende LED-Beleuchtung gewechselt; beim Neubau „gibt es ohnehin allerhand Features“ wie Bewegungsmelder, die den Licht- und Stromverbrauch verringern. Damit werde sukzessive an der Verringerung des Stromverbrauchs gearbeitet, „es passiert alles, was der Stand der Technik hergibt“.
Zum Abschluss: Ein Blick in die Kristallkugel – wo stehen Hausverwaltungen in den kommenden Jahren?
Das „Thema Transparenz“ greift Bruno Schwendinger von EHL als erstes auf. Kunden – Mieter wie Eigentümer – fordern schnellere Reaktionsgeschwindigkeiten und einfachere Prozesse. Das werde durch die Digitalisierung ermöglicht. Die Anzahl der Hausverwaltungen werde sich „konsolidieren“ – große Anbieter würden weiter wachsen, wobei es „natürlich auch kleine Hausverwaltungen braucht“. „Es muss auch unsere Aufgabe sein, dem Kunden unsere Leistung zu vermitteln“, meint Schwendinger, „damit der Kunde bereit ist, dafür zu zahlen“.
Helmut Bayerl (BUWOG) sieht eine „nächste Evolution der Digitalisierung“ Richtung Automatisierung kommen. Damit würden sich Rollen, Aufgaben und Strukturen innerhalb der Hausverwaltungen ändern – auch Richtung Kundenkanäle, angesichts der Zielgruppen „Junge Bewohner und die Generation 70+“ – Bayerl nennt in der Kommunikation das Stichwort „Chatbot versus analogen Brief“. Auch die nachhaltige, ökologische Bauweise – Energieverbrauch, Mobilität, etc. – werde zu Erneuerungen im Baubestand führen.
Johannes König (ÖRAG) schließt mit seiner Einschätzung: „Die Hausverwaltung bleibt starker Berater für Eigentümer, aber auch für Mieter und Bewohner.“ Das Leistungsbild müsse entsprechend „klar eingegrenzt“ werden – aber keinesfalls dürfe es laut König „zu einem Preisdumping kommen. Wir bringen gute Qualität, und wir müssen etwas dafür verlangen. Wir dürfen uns nicht unter Wert verkaufen.“ Abschließend: Das wichtigste Asset der Hausverwaltung seien „gute Fachkräfte“. Diese Kräfte zu finden, werde in naher Zukunft ein „schwieriges Thema“ sein.

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  • 28.01.2021
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