Vom Container aus verteilen
UPS hat mittlerweile in Hamburg ein neues Konzept präsentiert. Von einem abgestellten Container aus wird mittels E-Lastenfahrrädern umweltfreundlich und geräuscharm geliefert. Die verkehrsbehindernden Klein-LKWs, oftmals kurz auf Gehsteigen oder im Haltverbot geparkt, gehören damit der Vergangenheit an. Das „Hamburger Modell“ macht Schule, und Kiehl ist mittlerweile in einigen Großstädten Europas unterwegs, um die neue Verteilerkette von UPS interessierten Stadtverantwortlichen zu präsentieren, denn das Konzept funktioniert nicht nur für die Innenstadt, sondern für den urbanen Bereich an sich: „In einem Stadtteil oder einer Stadt mit bis zu 15.000 Einwohnern stellen wir die Logistikverteilung mit Fahrrädern auf.“
Wiener Flächenwidmung
In diesem dynamischen Umfeld sind auch die Städte gefordert, und die Frage ist, wie entsprechende Flächen zur Verfügung gestellt werden können. „Die Stadt Wien hat darauf rasch reagiert“, meint Kurt Mittringer, Stadtentwicklung & -planung der MA 18 der Stadt Wien. Die Kategorie „gewerbliches Mischgebiet“ in der Wiener Flächenwidmung ermöglicht die von allen Seiten geforderten Mischnutzungen im innerstädtischen Bereich. So kann etwa in einem leerstehenden Erdgeschoßlokal die Mikroverteilung erfolgen, während darüber Wohnraum geschaffen wird. Dabei ist allerdings auch Vorsicht geboten, denn sonst erfahren die Erdgeschoßzonen wieder das gleiche Schicksal, das sie schon einmal hatten – nur sind es dann Lager statt Garagen.
Innerstädtische Logistikimmobilien für die letzte Meile
Wie dem auch sei: Der Wunsch nach einer Lösung für die Lieferanten ist groß, ebenso wie der Wunsch der Konsumenten nach rascher Lieferung. „Wir sind alle sehr ungeduldig geworden, es geht um Speed und Convenience“, erklärt Tim Davies, Head of EMEA Industrial and Logistics Agency Colliers International, und UPS-Projekt-Manager Kiehl gibt ihm recht: „Die Serviceerwartungen steigen.“ Eine effiziente Lieferkette, verknüpft mit immer kürzer werdenden Lieferzeiten, verlangt zunehmend kleinteilige innerstädtische Logistikimmobilien. Insbesondere für stadtnahe oder sogar innerstädtische Verteilzentren gibt es innovative Lösungen, mit denen der Transport auf der „letzten Meile“ zu den Konsumenten hocheffizient organisiert werden kann.
Wo soll gelagert werden?
Kleine Standorte und Hubs sind gefragt, wobei es relativ egal ist, um welche Immobilienart es sich handelt. Genommen wird, was da ist. Als Beispiel nennt Davies die Firma Amazon: „Mit dem Aufbau der Lieferketten wird eine Vielzahl an Immobilien benötigt: kleine Standorte als Verteilungshubs bei Tankstellen, Lagerhallen, kleine Lagerflächen oder Parkhäuser.“ Auch nach oben zu bauen ist eine Möglichkeit, denn neben der Art, wie geliefert wird, müssen auch die Immobilien auf diese neuen Prozesse ausgerichtet werden. David Szendzielarz, Geschäftsführer der P3 Urban Logistics beim internationalen Entwickler p3parks, meint, dass „moderne, innerstädtische Logistikhallen in Zukunft vielleicht auch vertikal in die Höhe ragen werden“.
Gemeinsame Sache
Diese Idee wirkt vielleicht nur auf den ersten Blick ungewöhnlich, denn bei der rasanten Entwicklung sollte nicht vergessen werden, dass wir erst am Anfang stehen. Ungefähr 2,4 Milliarden Pakete wurden im letzten Jahr in Europa ausgeliefert. Tim Davies: „Insgesamt beläuft sich der E-Commerce-Umsatz in Europa heuer vermutlich auf 600 Milliarden Euro, das sind mittlerweile 3 % des gesamteuropäischen Bruttosozialproduktes. Wir gehen davon aus, dass sich diese Summe in den nächsten Jahren verdoppeln wird, da die Wachstumsraten europaweit bei 18 % liegen.“ Die Folge: Das traditionelle Belieferungssystem in einer Stadt stößt an seine Grenzen, vor allem auf der sogenannten „letzten Meile“ – also der Zustellung zum Endverbraucher. Daher sei die „Strategie für die letzte Meile besonders wichtig“, meint Kiehl.
Bei dieser prognostizierten Steigerung der Pakete im Zuge des E-Commerce kann trotz aller Innovationen der Platz knapp werden. David Szendzielarz sieht nur eine Lösung, wie das gesamte Zulieferungssystem in Zukunft funktionieren kann: „Über kurz oder lang werden sich die Verteiler wohl an einen Tisch setzen und miteinander sprechen müssen – und gemeinsame Sache machen.“