Thomas Warmuth von der Erste Bank
Thomas Warmuth präsentierte eine umfassende Analyse der Nachhaltigkeit in der Finanzierung, mit besonderem Fokus auf den Immobiliensektor. Er erläuterte die komplexe Regulatorik, die Banken und Finanzierungsgeber betrifft, darunter die EU-Taxonomieverordnung und die EBA-Richtlinie für Kreditvergabe und -überwachung.
Warmuth betonte die Bedeutung des Energieausweises als zentrales Dokument für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden. Die Erste Bank hat sich ambitionierte interne Ziele gesetzt, um den CO2-Ausstoß im Immobilienbestand bis 2030 erheblich zu reduzieren. Er warnte eindringlich vor den Risiken nicht sanierter Gebäude, die zu "Stranded Assets" werden könnten – Immobilien, deren Wert und Finanzierbarkeit stark abnehmen.
Ein Lichtblick in Warmuths Vortrag war die Vorstellung einer Kooperation der Erste Bank mit der Europäischen Investitionsbank, die günstige Mittel für nachhaltige Immobilienprojekte bereitstellt. Diese Finanzierungsmöglichkeiten stehen verschiedenen Kundengruppen zur Verfügung und zielen darauf ab, die energetische Sanierung von Wohngebäuden zu fördern und die EU-Taxonomie-Kriterien zu erfüllen.
Johanna Digruber: Handwerk und Baukultur in der Weltkulturerbe Region Semmering
Johanna Digruber, Architektin mit Büros in Mitterbach am Erlaufsee und Wien, stellte ein faszinierendes Projekt zur Förderung von Handwerk und Baukultur in der Weltkulturerbe Region Semmering vor. Ihr Ansatz umfasst Themen wie die Wiederverwendung von Ressourcen, die Begrenzung des Bodenverbrauchs und die Schaffung von Lebensqualität durch nachhaltigen Tourismus und klimaschonende Mobilitätskonzepte.
Das Projekt, das 2022 mit einer Grundlagenerhebung startete, mündete in 33 Visionen, die in einen konkreten Maßnahmenplan überführt wurden. Mit einer kürzlich bewilligten Förderung vom Bundesministerium für Landwirtschaft sollen nun die Ziele aus dem Beteiligungsprozess vorangetrieben werden. Schwerpunkte sind die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten und die Vernetzung von Kultur, Identität und Handwerk.
Ein Hauptziel des Projekts ist die Entwicklung von Handwerkerhöfen in der Region. Diese sollen als multifunktionale Orte für Schulungen, Weiterbildung, Veranstaltungen, Werkstätten und Ausstellungsflächen dienen. Digruber betonte die Bedeutung der Verwendung regionaler Materialien und die Notwendigkeit, das Verständnis für die Funktionsweise alter Gebäude zu verbessern.
Simone Grassauer: Kreislaufgerechte Sanierung eines Gründerzeithauses
Simone Grassauer präsentierte ein innovatives Pilotprojekt zur kreislaufgerechten Sanierung eines Gründerzeithauses aus dem Jahr 1885 in der Neilgasse 22 im 10. Bezirk Wien. Sie betonte, dass Kreislaufwirtschaft weit über Recycling hinausgeht und darauf abzielt, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren und Materialien so lange wie möglich in Verwendung zu halten.
Das Projekt, durchgeführt von der Firma Sedlak und begleitet von Grassauers Unternehmen Cale, zielt darauf ab, die EU-Taxonomie-Verordnung für nachhaltige Renovierungen einzuhalten. Dies beinhaltet die Wiederverwendung von 70% der nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfälle und die Verwendung von Sekundärmaterialien in festgelegten Prozentsätzen.
Ein Schlüsselaspekt des Projekts war die intensive Bestandsaufnahme und Dokumentation, einschließlich zahlreicher Bauteilöffnungen. Dies ermöglichte eine genaue Planung für die Wiederverwendung und das Recycling von Materialien. Grassauer präsentierte eine Lebenszyklusanalyse (LCA) des Projekts, die zeigte, dass die kreislaufgerechte Sanierung deutlich weniger CO2-Äquivalente pro Quadratmeter verursacht als ein vergleichbarer Neubau.
Fazit
Die drei Vorträge verdeutlichten eindrucksvoll die vielschichtigen Aspekte und Herausforderungen der nachhaltigen Gebäudesanierung. Von der Finanzierung über die Erhaltung des kulturellen Erbes bis hin zur praktischen Umsetzung kreislaufgerechter Sanierungskonzepte – die Veranstaltung bot einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand und zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich.
Es wurde deutlich, dass die Sanierung von Bestandsgebäuden nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich machbar ist. Die vorgestellten Projekte und Konzepte zeigen innovative Wege auf, wie wir unseren Gebäudebestand nachhaltig und zukunftsfähig gestalten können. Die Integration von traditionellem Handwerk, modernen Technologien und kreislaufwirtschaftlichen Prinzipien wird dabei eine Schlüsselrolle spielen.
Die Veranstaltung unterstrich die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten – von Finanzinstituten über Architekten und Handwerker bis hin zu Behörden und Bauherren. Nur durch einen ganzheitlichen Ansatz können wir die ambitionierten Ziele im Bereich der Gebäudesanierung erreichen und einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz und zur nachhaltigen Entwicklung unserer Städte und Regionen leisten.