--}}
 

"Wir können nicht alle Immobilien dekarbonisieren – das ist eine komplette Illusion!"

PGIM Real Estate verwaltet ein Portfolio von netto 133 Milliarden US-Dollar. Die Dekarbonisierung des gesamten Gebäudebestandes ist eine komplette Illusion meint PGIM Europa Chef Sebastiano Ferrante. Er ist der Meinung, dass wir in diesem Punkt das Augenmaß verloren haben und das System neu denken müssen.
Bild  von 

Wie geht man bei einem großen Portfolio mit dem Thema Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung um?

Sebastiano Ferrante: Wir haben mit einer Analyse der Dekarbonisierung begonnen, und zwar im Hinblick darauf, wann das Stranding-Datum erreicht ist und was man tun kann und muss, um ein Stranding der Immobilie entsprechend hinauszuschieben. Bei den Analysen ist die Branche in Europa bereits sehr weit – im Gegensatz zu den USA, wo dieses Thema aktuell weniger Priorität hat.

Aus den Analysen leiten wir Maßnahmen ab und schauen dann, was technisch und wirtschaftlich umsetzbar ist und welche Projekte zu priorisieren sind. Die Umsetzung muss ja auch in einer Relation zur Wirtschaftlichkeit stehen. Und dann sehen wir, wie viel sich mit vernünftigen Kosten verbessern lässt. Wenn es 30 Prozent Ersparnis gibt und 70 Prozent übrigbleiben, dann ist das eben das Maximum, das man aus der Immobilie herausholen kann. Damit stellt sich die Frage, ob es einen Bestand gibt, den ich aus meinem Portfolio herausnehmen möchte.

Heißt das, es lässt sich nur ein Teil der Gebäude verbessern?

Ja. Die Idee, dass wir eine Dekarbonisierung des gesamten vorhandenen Gebäudebestands erreichen können, ist eine komplette Illusion. Bei Neubauten ist das durchaus möglich, aber aus dem Bestand heraus inklusive einer Verhaltensänderung der Nutzer keinesfalls. Auch eine Sanierung des ganzen Gebäudes, inklusive der Fassade, reicht nicht aus. Alte Bestandsgebäude werden vergleichsweise energieineffizient bleiben.

Überspitzt formuliert: Wenn wir jetzt alle alten Immobilien abreißen und neu bauen, haben wir nach vielen Jahrzehnten zwar null Emission aus dem Betrieb, dafür ist die Temperatur aber aufgrund der Bautätigkeit möglicherweise um acht Grad gestiegen.

Da ist ein Denkfehler im System.

Können Sie das näher erläutern?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Meine Familie hatte in Sizilien ein Haus. Das ist so alt, dass es an sich keinen Wert hat. Wenn ich jetzt eine teure Wärmepumpe einbaue, dann emittiere ich zwar weniger Energie, aber der wirtschaftliche Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Haus. Und wir haben in allen Städten einen alten Gebäudebestand. Es ergibt wenig Sinn, den mit hohen Kosten zu sanieren, wenn der Effekt nur minimal ist.

Das Geld muss dort eingesetzt werden, wo es den größten nachhaltigen Effekt gibt, sonst kommt es zu einer Fehlallokation von Kapital.

Büro, Logistik und Hotels haben ein enormes Einsparungspotenzial, da wir Technik einbauen können, die mehr Effizienz bewirkt. Aber man muss auch realistisch sein und sollte nicht auf Maßnahmen pochen, die wirtschaftlich teilweise wenig Sinn machen.

Haben wir das Augenmaß verloren?

Ja. Es ist eine Sache der Priorisierung. Bei einem Unfall wenden sich die Sanitäter auch nicht den Verletzten zu, die sich den Arm gebrochen haben, sondern denjenigen, die regungslos auf dem Boden liegen. Insofern stellt sich auch für uns die Frage: Wo können wir am meisten erreichen, wo haben wir den größten Impact? Es muss das getan werden, was notwendig ist. Wenn es eine Krise gibt, erwartet man von der Politik eine absolute Fokussierung auf das Wichtigste – dann müssen wir uns auf das konzentrieren, was wichtig ist und am meisten bringt.

Unabhängig von diesem Thema: Wie schätzen Sie die aktuelle Marktsituation ein?

Die Immobilienbranche braucht noch länger, um zu realisieren, dass Marktanpassungen erfolgen. Diese finden jetzt statt. Daher gilt für viele Branchenteilnehmer: Stay alive till 25. Die Unternehmen müssen Eigenkapital und Liquidität zusammenhalten, um diese Phase zu überbrücken. Es kann sinnvoll sein, teures Kapital aufzunehmen, wenn es dem Unternehmen die Chance gibt, diese Zeit zu überstehen.

Zahlreiche Entwickler haben zu bauen aufgehört. Sie haben verstanden, dass es nichts nützt, wenn sie ihr Projekt in ein paar Monaten fertig haben, es aber nicht vermarkten können. Viele Projekte werden jetzt nicht mehr realisiert. Es bringt nichts, fertigzubauen und in Schönheit zu sterben. Die Baukosten waren zu Baubeginn auf einem ganz anderen Niveau kalkuliert, und die lassen sich nicht senken, vor allem nicht bei diesen Regulierungsanforderungen. Da geht die Kalkulation nicht auf.

Wie sehen Sie die Situation in Österreich?

Österreich ist resilienter. Österreich war auch in den vorhergehenden Marktzyklen resilienter, da es diese Exzesse nach oben oder nach unten nicht gegeben hat.

Meistgelesen in den letzten 7 Tagen:

Artikel

28.04.2024 06:00

Gerhard Popp

Der Wandel der Immobilienbranche und die Bedeutung des Versicherungswesens

Die Immobilienbranche ist in den letzten Jahren einem enormen Wandel unterworfen gewesen. Besonders die Digitalisierung hat einen starken Einfluss auf den Markt gehabt und neue Möglichkeiten eröffnet. In diesem Interview mit Bernhard Suler, einem Versicherungsmakler aus Wien, wird deutlich, wie sich diese Veränderungen auf das Versicherungsgeschäft ausgewirkt haben.

JETZT LESEN
Views:
          
Lesezeit: 3 min
Likes: 0

Artikel

02.05.2024 06:00

Walter Senk

Ein Quartier ist ein urbanes Ökosystem

Stadtquartiere werden in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen. Ihnen wird ein großes Potenzial zugeschrieben, die zukünftigen Herausforderungen für die Städte zu bewältigen.

JETZT LESEN
Views:
          
Lesezeit: 4 min
Likes: 0
Geschrieben von:

Chefredakteur bei

Immobilien Redaktion

1 Bewertungen

Dieser Inhalt:
  • Erschienen am:
    27.10.2023
  • um:
    07:57
  • Lesezeit:
    4 min
  • Aufrufe:
              
  • Bewertungen und Kommentare:
    0
  • Jetzt bewerten

Kategorie: Trends

Artikel:472

Auch wenn Immobilien nicht beweglich sind, so sind es doch ihr Umfeld und ihr Innenleben. Viele Trends und Entwicklungen in unserer Welt betreffen entweder direkt oder indirekt die Immobilie. 
Einer der Megatrends des 21. Jahrhundert ist jedenfalls die Digitalisierung. Sie wird massive Veränderungen in unserer Gesellschaft bringen. Natürlich macht sie auch vor Immobilien nicht halt. Der digitalisierte Wandel verändert die Immobilienwelt in einem ungeahnten Ausmaß. Deshalb haben wir dieser digitalen Revolution neben den „Trends“ einen ganz wesentlichen Stellenwert eingeräumt.

Newsletter Abonnieren

Abonieren Sie unseren täglichen Newsletter und verpassen Sie keine unserer redaktionellen Inhalte, Pressemeldungen, Livestreams und Videos mehr.

Bitte geben Sie Ihren Vor- und Nachnamen ein, es sind exakt 2 Worte beginnend mit Großbuchstaben erlaubt.

Vielen Dank! Ihre Daten wurden gespeichert. Damit Ihre Anmeldung gültig wird klicken Sie bitte den Link in dem Bestätigungsmail das wir Ihnen gesendet haben.

Werbung

Das Immobilien-Redaktion Unternehmen der Woche 17/2024

Wir Gratulieren TPA Steuerberatung GmbH zu erreichten 30 Punkten!

TPA Steuerberatung GmbH

Wiedner Gürtel 13, 1100 Wien

TPA ist eines der führenden Steuerberatungsunternehmen in Österreich. Unser Angebot umfasst Steuerberatung, Buchhaltung, Personalverrechnung, Bilanzierung, und Unternehmensberatung und mehr! Rund 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vierzehn österreichischen Niederlassungen stehen Ihnen zur Seite. Unsere Standorte finden Sie in Graz, Hermagor, Innsbruck, Klagenfurt, Krems, Langenlois, Lilienfeld, Linz, Schrems, St.Pölten, Telfs, Villach, Wien und Zwettl. Mehr über TPA Steuerberatung

Unternehmen

Produkt/Leistung

Profil News

Platz 2

Platz 3

INFINA Credit Broker GmbH

Brixner Straße 2, 6020 Innsbruck

Infina ist ein österreichweit tätiges, unabhängiges Beratungsunternehmen und der Wohnbau-Finanz-Experte für Immobilienfinanzierungen.

Unternehmen

Produkt/Leistung

Profil News