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»Wir haben Abhängigkeiten deutlich reduziert«

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report erklärt Geschäftsführer Thomas Bodner, wie das breite Portfolio der Bodner Gruppe für ein gewisses Maß an Krisensicherheit sorgt, was neben der Flaute im Wohnbau die zentralen Herausforderungen bleiben und welche Lehren die Branche, aber auch die Banken aus der Signa-Pleite ziehen müssen.

Thomas Bodner, Geschäftsführer der Bodner Gruppe

© Sabine Holaubek

Die Bodner Gruppe ist spezialisiert auf alle Teilbereiche des Bauwesens und deckt die volle Fertigungstiefe am Bau ab – von der Baustoffproduktion über Hoch-, Tief-, General- und Totalunternehmerbau bis hin zur Immobilien- und Projektentwicklung sowie deren Bewirtschaftung. Wie wichtig ist diese starke Differenzierung angesichts der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen?

Thomas Bodner: Angesicht der herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erweist sich unsere starke Differenzierung als entscheidender Wettbewerbsvorteil, der uns Flexibilität gibt und unsere Krisenresistenz stärkt. Unsere überregionale Präsenz in Österreich, der Ostschweiz und Süddeutschland trägt ebenfalls maßgeblich dazu bei. Wir können Projekte aus einer Hand realisieren. Dies reduziert die Abhängigkeit von externen Partnern und erhöht unsere Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen. Seit mehreren Jahren setzen wir zudem verstärkt auf einen höheren Vorfertigungsgrad im Neubaubereich. Die Fertigteilbauweise reduziert die hohen Baukosten. Die breite Aufstellung ermöglicht auch die Verschiebung von Ressourcen innerhalb der Gruppe in Segmente, die nicht vom Rückgang betroffen sind.

Können die anderen Sparten die Dellen im Hoch- und speziell im Wohnbau ausbügeln?

Wir starteten in das Jahr 2024 mit dem höchsten Auftragsstand unserer Firmengeschichte von über einer Milliarde Euro und konnten in den ersten Monaten Aufträge mit einem Volumen von 500 Millionen Euro generieren. Wir sind in allen drei Hauptsparten der Bauwirtschaft tätig und so gelingt es uns, den Rückgang in einzelnen Segmenten gut abzufedern. Besonders im Infrastrukturbereich verzeichnen wir dank mehrjähriger Großprojekte wie dem Wasserkraftwerk Stegenwald in Salzburg oder dem Speicherkraftwerk im Kühtai eine gute Auslastung. Auch im Gewerbe- und Industriebau ist die Nachfrage konstant. Diese beiden Hauptsparten kompensieren die generell rückläufigen Bereiche Einfamilienhausbau und gewerblicher Wohnungsbau.

Wie lange wird es aus Ihrer Sicht noch dauern, bis man in der österreichischen Bauwirtschaft von einer echten Erholung sprechen kann?

Die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank in der zweiten Jahreshälfte 2024 dürfte eine allmähliche Verbesserung einleiten. Eine Lockerung der KIM-Verordnung wäre ebenfalls von großer Bedeutung, um die Rahmenbedingung zu verändern und so im Laufe des Jahres 2025 eine leichte Steigerung der Bauproduktion im Hochbau zu ermöglichen. Es wird jedoch noch einige Zeit dauern, bis eine nachhaltige Erholung eintritt, die frühestens Ende 2025 oder Anfang 2026 zu erwarten ist.

Wo sehen Sie abseits der aktuellen Flaute im Wohnbau die größten Herausforderungen für die Branche?

Eine zentrale Herausforderung bleibt der Fachkräftemangel, dem wir durch gezielte Nachwuchsförderung begegnen. Mit 17 Ausbildungsberufen bieten wir unseren Lehrlingen attraktive Karriereperspektiven, um sie langfristig im Unternehmen zu halten. Die Suche gestaltet sich schwierig, unter anderem aufgrund der jahrelangen Förderung akademischer Ausbildungen. Dadurch hat das Image handwerklicher Berufe gelitten. Zudem steigen die Erwartungen der Lehrlinge: Neben einer fundierten Ausbildung legen sie zunehmend Wert auf Benefits, Flexibilität, eine positive Unternehmenskultur und nachhaltiges Handeln. Deshalb bieten wir ein breites Spektrum an zusätzlichen Angeboten und Aktivitäten für unsere Auszubildenden.

Diese Strategie ist auch bei der Personalakquise entscheidend, um Talente zu gewinnen. ESG-Themen spielen mittlerweile eine zentrale Rolle sowohl bei der Vergabe von Aufträgen als auch für Kapitalgeber. Besonders bei Aufträgen im öffentlichen Sektor und der Industrie müssen Unternehmen ihr Handeln zunehmend nach Nachhaltigkeitskriterien ausrichten, da der beste Preis allein nicht mehr ausschlaggebend ist.

Die Nachweiserbringung über entsprechende Aktivitäten ist eine Herausforderung, die ohne Digitalisierungsmaßnahmen kaum zu bewältigen ist. Daher haben wir eine eigene Managementsoftware mit Bauschwerpunkt entwickelt, um sowohl den Arbeitsalltag auf der Baustelle zu erleichtern als auch die externen Anforderungen zu erfüllen. Im ersten Quartal führten wir eine gruppenweite Digitalisierungsoffensive durch, um die Software flächendeckend einzuführen. Zusätzlich sind die Rohstoff- und Energiekosten weiterhin auf hohem Niveau und auch die Belastungen durch die starken KV-Erhöhungen sind spürbar. In der Zukunft wird uns das europäische Lieferkettengesetz beschäftigen. Die Herausforderungen bleiben vielschichtig und fordern von Unternehmen eine gewisse Flexibilität. 

Als interessierter Branchenbeobachter, welche Lehren kann und muss die Bau- und Immobilienbranche aus Ihrer Sicht aus der Signa-Pleite ziehen?

Die Insolvenz der Signa-Gruppe verdeutlicht die aktuellen Herausforderungen, mit denen die Immobilienbranche und insbesondere Projektentwickler konfrontiert sind. Die gestiegenen Zinsen und die Zurückhaltung privater Käufer aufgrund der KIM-Verordnung sowie institutioneller Anleger haben den Markt deutlich abgekühlt. Der Fall zeigt, wie problematisch intransparente und komplexe Unternehmensstrukturen für Investoren und Banken sein können, da sie eine Risikoeinschätzung erschweren. Eine Konsolidierungspflicht wäre hier möglicherweise von Vorteil gewesen. Darüber hinaus kann eine konservative Bewertung von Immobilien und Liegenschaften besonders in Krisenzeiten von Bedeutung sein, da sie dazu beiträgt, realistischere Einschätzungen zu treffen und eine solide finanzielle Basis zu sichern. Die vollständige Aufarbeitung des Falls wird voraussichtlich noch Jahre in Anspruch nehmen und die Behörden weiter beschäftigen.

2023 erzielte die Bodner Gruppe einen Umsatz von 960 Millionen Euro. Mit welcher Geschäftsentwicklung rechnen Sie in diesem und im nächsten Jahr?

Obwohl wir mit einem hohen Auftragsstand in das Jahr gestartet sind, erwarten wir einen Umsatzrückgang von drei Prozent auf 930 Millionen Euro. Trotz schwieriger Baukonjunktur konnten wir Chancen nutzen und haben heuer vier Unternehmen in den Gruppenverbund aufgenommen. Wir blicken positiv nach vorne, da wir unsere Organisation zukunftsfähig aufgestellt haben und somit in der Lage sind, die Herausforderungen zu meistern.

 

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Chefredakteur bei

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  • Erschienen am:
    21.10.2024
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