Die UNESCO verleiht den Titel Welterbe (Weltkulturerbe und Weltnaturerbe) an Stätten, die aufgrund ihrer Einzigartigkeit, Authentizität und Integrität weltbedeutend sind und von den Staaten, in denen sie liegen, für den Titel vorgeschlagen werden. Der Titel beruht auf der von über 189 Staaten ratifizierten Welterbekonvention von 1972.
In Österreich ist das UNESCO-Übereinkommen am 18. März 1993 in Kraft getreten, und es gibt derzeit neun Stätten des Weltkulturerbes; aktuell umfasst die UNESCO-Liste des Welterbes 981 Denkmäler in 160 Ländern. Davon sind 759 als Kulturdenkmäler und 193 als Naturdenkmäler gelistet, weitere 29 Denkmäler werden sowohl als Kultur- als auch als Naturerbe geführt. Auch von Staat zu Staat ist die Aufteilung sehr verschieden: So sind zum Beispiel in Australien von 19 Welterbe-Stätten lediglich drei von Menschenhand errichtet: die Oper von Sydney, das Royal Exhibition Building mitsamt den Carlton Gardens in Melbourne sowie die historischen Strafgefangenenlager. Jedes Land darf pro Jahr lediglich einen Antrag stellen.
Neues Weltkulturerbe
Im Juni 2013 kamen weitere Stätten dazu: unter anderem der Kasseler Bergpark Wilhelmshöhe als Deutschlands 38. Kultur- und Naturdenkmal, außerdem Japans höchster Berg, der Fuji, der Ätna in Sizilien, der Golestan-Palast in Teheran als früherer Sitz der persischen Herrscher sowie die Königshauptstadt Kaesong in Nordkorea; ebenfalls neu dabei sind die Altstadt von Levuka auf den Fidschi-Inseln, eine Walfängerstation im kanadischen Rad Bay, die Altstadt von Agadez in Niger mit Lehmbauten aus dem 15. und 16. Jahrhundert sowie die Reisterrassen in Chinas Provinz Yunnan. Hier haben Reisbauern eine der außergewöhnlichsten Kulturlandschaften der Erde geformt. Seit über einem Jahrtausend trotzen die Hani, eine von 25 Minderheiten der Region, den Bergen Land für ihre Reisterrassen ab und versehen sie mit einem ausgeklügelten Bewässerungssystem für eine Höhendifferenz von bis zu 1.500 Metern. Diese technische Meisterleistung hat eine der atemberaubendsten Landschaftsarchitekturen hervorgebracht: riesige, fantastisch bizarre Skulpturen aus Erde und Wasser. Die Terrassen werden von den Hani auch „Leitern zum Himmel“ genannt.
Werte im Wandel
Von Menschen erschaffene Weltkulturstätten sind aber nicht auf immer und ewig in Stein gemeißelt, wenn man so sagen kann. Die Zeche Zollverein war ein von 1847 bis 1986 aktives Steinkohlebergwerk in Essen. Sie ist heute ein Industriedenkmal und gehört gemeinsam mit der unmittelbar benachbarten Kokerei Zollverein seit 2001 zum Weltkulturerbe der UNESCO. Da, wo einst die Bergarbeiter tätig waren, entsteht ein neues Stadtquartier bzw. ein Bürostandort. Die Stiftung Zollverein bietet in 65 bereits weitgehend sanierten und denkmalgeschützten– also einzigartigen– Bestandsgebäuden auf Zeche und Kokerei vielfältige Mietflächen für Büros, Ateliers, Werkstätten, Gastronomie und Shops an, rund 72.000 Quadratmeter Neubaufläche werden demnächst noch errichtet. Daneben ist das Kokerei-Areal aber auch eine Freizeit- und Kulturstätte mit Industriedenkmälern und Museen. Natürlich wird alles in enger Zusammenarbeit mit den Zuständigen des UNESCO-Weltkulturerbes entwickelt, denn man möchte sich das Prädikat „Weltkulturerbe“ aus finanziellen Gründen erhalten– alleine in die Zeche Zollverein kommen pro Jahr rund 1,5 Millionen Besucher.
Keine Sanktionsmöglichkeiten
Leider die UNESCO keinerlei Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen. Viel Außergewöhnliches, das die Natur hervorbrachte bzw. das im Laufe von Jahrtausenden von Menschenhand geschaffen wurde, ging wieder verloren. Oft war es die Gewalt der Natur, viel öfter aber noch der zerstörerische Ehrgeiz der Menschen, der künftige Generationen eines reichhaltigen Naturareals oder eines einmaligen Kulturdenkmals beraubte. So konnte beispielsweise die Vernichtung der Buddha-Statuen von Bamiyan (die zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht als Welterbe gelistet waren) durch den UNESCO-Schutz ebenso wenig verhindert werden wie die 90%ige Verkleinerung des Wildschutzgebiets der Arabischen Oryx zugunsten der Erdgas- und Erdölförderung. Allerdings wurde das Wildschutzgebiet im Jahr 2007 von der Welterbeliste gestrichen.
Immaterielles Kulturerbe
Im Rahmen der 32. Generalversammlung der UNSECO im Jahr 2003 wurde auch das Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes beschlossen. Bisher haben 151 Staaten das Übereinkommen ratifiziert. Als immaterielles Kulturerbe werden kulturelle Ausdrucksformen bezeichnet, die unmittelbar von menschlichem Wissen und Können getragen, von Generation zu Generation weitervermittelt und stetig neu geschaffen und verändert werden. Zum immateriellen Kulturerbe zählen Praktiken, Darstellungen, Ausdrucksformen, Wissen und Fertigkeiten, die Gemeinschaften, Gruppen und gegebenenfalls Einzelpersonen als Bestandteil ihres Kulturerbes verstehen. Daher wollen nun mehrere Narren-Vereinigungen in Deutschland den Karneval zum Weltkulturerbe machen. Dass der Karneval am Rhein ein wesentlicher Teil der dortigen regionalen Kultur und daher besonders zu würdigen ist, davon sind alle Beteiligten fest überzeugt. Ob diese Kulturen und Brauchtumsformen als Teil des Erbes der Menschheit erhalten und gefördert werden, wird auf internationaler Ebene vermutlich aber erst Ende 2016 entschieden.