Versorgungssicherheit nimmt ab
Zum Teil ist die Bedeutung von Wasser als Investitionsfaktor also darauf zurückzuführen, dass die Versorgungssicherheit in einigen entwickelten Staaten abzunehmen droht. Durch Dürren und jahrelangen ungebremsten Verbrauch schrumpfen die Wasservorräte in den USA zum Beispiel erschreckend schnell. Eine Studie über den Grundwasserspiegel zwischen 1900 und 2008 zeigt, dass dieser nach 2000 fast dreimal schneller gesunken ist als im beobachteten Gesamtzeitraum.
Chronisch kaputt
Unsicherheit herrscht auch bezüglich des politischen Willens und der Bereitschaft, Mittel in die Wasserinfrastruktur zu stecken, was das Risiko bei Investitionen weiter steigert. Die Wassernetze in den USA sind durchschnittlich mehr als hundert Jahre alt und müssen ununterbrochen repariert oder ausgetauscht werden. Chronisch undichte Rohre verschärfen die Lage. Nach watermainbreakclock.com gibt es in den USA täglich 180 Hauptwasserrohrbrüche. Durch derartige Lecks gehen weltweit durchschnittlich 30% des Wassers verloren. Das zu erwartende Bevölkerungswachstum– besonders in wasserarmen Gebieten– und der in den letzten zehn Jahren stetig steigenden Pro-Kopf-Verbrauch werden die Infrastruktur künftig nur noch stärker belasten.
Investoren verantwortlich für Infrastruktur
Die Bedeutung von Wasser für Investoren steigt überdies durch das zunehmende Interesse der Politik, seinen Verbrauch zu regulieren, was z.B. durch Nutzungsbeschränkungen oder Bauordnungen geschieht. In Anbetracht der Ankündigung neuer Modelle zur Wartung und Erneuerung des Wassernetzes müssen sich Immobilieneigentümer ohnehin darauf einstellen, dass ihre Rolle bei der Finanzierung und Umsetzung dieser Pläne erheblich umfangreicher werden dürfte. In manchen wasserarmen Gegenden gibt es, wie die „Alliance for Water Efficiency“ berichtet, bereits an Wasserzertifikate gebundene Flächennutzungspläne. Diese Entwicklung wird sich wohl fortsetzen.
Abhängigkeit vom Wasser
Für die Nutzer bzw. Bewohner der Gebäude ist das Thema Wasser ebenfalls von eminenter Bedeutung. Große (und auch viele kleine) Unternehmen sind oft abhängig von Rohstoffen und Produktivität an Standorten rund um die Welt. Die dort zunehmenden Versorgungsschwierigkeiten bedrohen auch sie. Zudem wirkt sich die Wasserproblematik auf jedes Unternehmen und jeden Ort verschieden aus. Je nachdem, wie sich Wirtschaft und Politik um Management und Milderung der Wasserprobleme bemühen, entstehen Risiken und Chancen für den Immobilienbereich.
Wasser als Kostenfaktor
Wasser wird teurer werden, das ist unvermeidlich. Das muss in die Kalkulation der Herstellungs- und Nutzungsphasen einer Immobilie einfließen. Die Investitionskosten können durch strengere Auflagen steigen– die etwa durch Besitzer- oder Mieterwechsel schlagend werden– oder aber durch unvorhergesehene Krisen wie Dürren. Die Betriebskosten müssen sich an steigende oder neue Steuern, Gebühren bzw. Wasserbezugskosten anpassen, um ausreichend Mittel für Reparaturen und Instandhaltung bereithalten zu können.
Weitere Kostensteigerungen können aus Regeln zur Förderung von Energiesparmaßnahmen in bestehenden und neuen Objekten resultieren. Für Neubauten ist überdies ein zunehmender Anteil an der Erstellung der lokalen Infrastruktur anzunehmen. Außerdem sind Unternehmen als Gebäudenutzer hinsichtlich Wasser von verschiedenen Faktoren betroffen, etwa Gebühren oder Verfügbarkeit, die sich auf die Auslastung und Performance einer Immobilie auswirken.
Wasser als geografischer Faktor
Das größte Wirtschaftswachstum erleben derzeit jene Staaten, die am stärksten von Wassermangel betroffen sind (Kalifornien, Nevada, Arizona, New Mexico und Texas). Verfügbarkeit und Wasserkosten könnten für regionale Ökonomien derart bedeutend werden, dass sie Investitionen im Immobilienmarkt beeinflussen. Die amerikanische Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Agency) hat dies erkannt und unter dem Titel „The Importance of Water to the US Economy“ („Die Bedeutung von Wasser für die amerikanische Wirtschaft“) eine Schrift herausgegeben, in der festgestellt wird: „Negative Entwicklungen bei Wasserqualität und -verfügbarkeit wirken sich auf die gesamte Wirtschaft aus.“
Laut einer Einschätzung der US-Geheimdienste aus dem Jahr 2012 könnten viele für Amerika wichtige Länder innerhalb von zehn Jahren infolge von Problemen mit der Wasserversorgung bzw. -qualität oder auch Flutkatastophen instabil werden oder gar zusammenbrechen, wodurch regionale Spannungen entstehen könnten und ihre Zusammenarbeit mit den USA in wichtigen Themen nicht mehr gewährleistet wäre.
Probleme der Küstenregionen
Grundstücke am Meer sind weltweit gefragt und dementsprechend teuer. Durch die Gefahr von Sturmfluten und den steigenden Meeresspiegel werden die Entwicklungskosten gerade in diesen begehrtesten Lagen in die Höhe getrieben. Die Immobilienbranche hat laut Marktstudien allein durch Sandy 70 Milliarden Dollar verloren. Die Branche reagiert auf solche Katastrophen im ersten Moment durch eine Verlegung aller Leitungen und der ganzen Hauselektrik auf höhere Etagen oder das Dach sowie bei Neubauten durch den Verzicht auf den Keller. Mögliche langfristige Lösungen sind Spundwände, Deiche, verbesserte Sturmwasserbewältigung durch grüne Infrastruktur– oder letztendlich auch die komplette Aufgabe der Grundstücksnutzung im Zuge örtlich oder staatlich geförderter Rückkaufprogramme.
Fazit
Die steigende Bedeutung des Wassers für Investoren beruht auf vielen strukturellen Faktoren, die sich kurzfristig kaum ändern dürften. Technologische Entwicklungen und Strategien zur Linderung des Mangels könnten die Wassersituation in vielen Bereichen entspannen, aber wie gut das gelingt, dürfte sich je nach wirtschaftlicher und politischer Lage von Ort zu Ort, von Land zu Land drastisch unterscheiden– was wiederum für gewitzte Investoren gleichermaßen Risiko und Gewinnchancen bedeutet.
Aus dem Englischen übersetzt von Lukas Drechsel-Burkhard.