Alles ist relativ
Nach dem enormen Preisanstieg in den vergangenen fünf Jahren relativiert Andreas Wollein, Vorstand des ÖVI, die aktuelle Lage: „Wir haben in den Jahren 1994 bis 2004 in Wien tatsächlich keine signifikanten Steigerungen erlebt.“ Erst von 2004 bis 2008 haben die Preise angezogen, aber nicht in der Dimension, wie es danach der Fall war. Bis 2008 investierte man sein Geld eher in Aktien oder in Wertpapiere. „Geändert hat sich das ab Herbst 2008“, so Wollein: „Da hat ein deutlicher Preisanstieg begonnen und bis 2013 zu einer Preissteigerung geführt, wie wir sie bisher noch nie gesehen haben.“ Von 2010 bis 2014 stiegen die Preise für gebrauchte Eigentumswohnungen in Wien um fast 60%, und bei Neubauten lag das Niveau in diesem Zeitraum immerhin noch bei 25%. Jetzt haben sich die Preise in der Bundeshauptstadt auf einem hohen Niveau eingependelt, und da werden sie wohl auch bleiben. „2015 blicken wir einer deutlich gemäßigteren Entwicklung entgegen“, erklärt Sandra Bauernfeind, ÖVI-Maklersprecherin.
Status quo in Österreich
„Das Immobilien-Angebot wird steigen, und eine insgesamt gleichbleibende bis leicht rückläufige Immobilien-Nachfrage wird dazu führen, dass auch 2015 kaum Preisanstiege zu erwarten sind, im Gegenteil, in vielen Regionen ist mit– wenn auch moderaten– Preisrückgängen zu rechnen“, meint Fetscher. Je nach Immobilientyp, Preissegment, Lage und Bundesland wird es natürlich zu Unterschieden kommen, wobei diese im Vergleich zu den vorigen Jahren aber in einem engeren Rahmen liegen werden. Sicherlich wird die wirtschaftliche Entwicklung im heurigen Jahr mehr denn je einen wesentlichen Einfluss auf die Preisentwicklung der einzelnen Segmente haben.
Urbane Ballungsräume
In den wachsenden urbanen Ballungsräumen, allen voran Wien, Salzburg, Graz, Innsbruck und Vorarlberg, ist noch am ehesten mit einem leichten Anziehen der Preise zu rechnen. Ausgehend von den Wohnungsbedarfsprognosen sind zum Beispiel in Wien jährlich rund 10.000 neue Wohnungen erforderlich. Die Demografie und das starke Bevölkerungswachstum werden daher die Nachfrage nach Wohnraum weiterhin begünstigen. Außerdem zeigt sich laut Immobilienportal willhaben.at weiterhin der Trend zu Ein- bis Zwei-Personen-Haushalten. Die demografischen Veränderungen lassen sich am Wandel der Immobilien-Nachfrage ablesen. Der Trend zum Alleinewohnen ist vor allem ein Phänomen der Großstädte. Nicht nur Studenten, junge Arbeitnehmer und überzeugte Singles suchen nach passenden Wohnungen– auch ältere Menschen, hier insbesondere Frauen, leben immer häufiger allein.
Kritischer Konsument
Die Wohnungssuchenden sind mittlerweile nicht nur besser informiert, sondern auch weitaus kritischer, als sie es früher waren. „Käufer prüfen heute sehr genau, was sie zu welchem Preis erwerben“, meint dazu Bauernfeind. In einzelnen Segmenten zeigt sich bereits deutlich, dass die Preisvorstellungen der Verkäufer angesichts des ohnehin hohen Preisniveaus am Markt nicht mehr zu verwirklichen sind. Auch auf der Verkäuferseite wird man sich daher auf die geänderten Marktgegebenheiten einstellen müssen. Das betrifft auch einige Bauträger. Bauernfeind: „Manche Bauträger waren der Meinung, sie könnten mit niedriger Qualität einen höheren Kaufpreis erzielen. Diese werden jetzt abgestraft.“
Laut dem Immobilienportal willhaben.at suchen die Konsumenten verstärkt nach All-in-one-Immobilien, die Wohnen, Arbeiten, Wellness, Entspannung und Unterhaltung gleichermaßen ermöglichen. Dafür nötig sind passende Grundrisse für Kommunikation, Rückzug, Selbstverwirklichung und Produktivität auf geringer Wohnfläche. Damit sind auch die Bauträger gefordert.