Aufgrund des gesellschaftlichen Strukturwandels und eines Deindustrialisierungsprozesses entstehen unter anderem durch den großen Verlust von Arbeitsplätzen im produzierenden Bereich neue Bedingungen für die Stadtentwicklung Wiens. In diesem Zusammenhang liegt ein klarer Schwerpunkt auf stadtaffinen technologie- und wissensbasierten Aktivitäten. Diese Entwicklung hat das Verständnis von Stadt als Wachstumsmaschine deutlich verändert.
Zunehmende Heterogenität
Die Stadt ist durch ihre gesellschaftlichen Transformationsprozesse nämlich nicht nur von demografischem Wandel und sozioökonomischer Umstrukturierung geprägt, sondern auch durch einen Zuwachs an sozialräumlicher Ungleichheit. Gerade der Wandel der Stadtgesellschaften in Bereichen der Arbeits- und Lebensweisen lässt nämlich traditionelle Formen des Zusammenlebens durch zunehmende ethnische und kulturelle Heterogenität anzweifeln. Es fehlt quasi ein Bindeglied für verschiedenartige Lebensformen, was letztlich die residentielle Segregation, sprich sozialräumlichen Diskrepanzen, als Prozess der Verräumlichung von sozialen Ungleichheiten verstärkt.
In stetig wachsenden Städten wie Wien mit geringen Wohnungsangeboten und steigenden Mietpreisen sind insbesondere einkommensschwache Haushalte unter Druck, in günstigere Wohnbezirke auszuweichen, wodurch die Gefahr der Verdrängung in sozial schwächere Schichten entsteht. Eine Bedrohung der Integrationsfähigkeit der Stadt selbst ist die Folge.
Aufwertung von Vierteln
Prozesse der Gentrification bzw. beobachtbare Veränderungen im öffentlichen Raum werden oftmals dahingehend beschönigt, dass sie ohnehin nur in abgeschwächter Form auftreten würden. Begründet wird dies mit Interventionen der öffentlichen Hand, der umfassenden Wohnungsmarktregulierung und dem sozialen Wohnbau. Doch auch Wien bleibt vom Wandel des Schmuddel-Ecks zur Kreativzone nicht unberührt. So kam es beispielsweise in Bereichen des Wiener Brunnenviertels oder auch Karmelitermarkts zur nennenswerten Aufwertung des Stadtviertels bei gleichzeitiger Verdrängung des Mittelstands. Wirft man außerdem einen Blick in die 80er-Jahre zurück, so fanden schon damals anfängliche Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt– insbesondere im privaten Altbausektor durch Mietrechtsliberalisierung und Mieterhöhungen– kaum Einzug in Diskussionen. Gerade hier zeigt sich eine regulative Ermöglichung von Gentrification im Altbausektor.
In einer Stadt mit einem Anteil von lediglich 19% an Eigentumsbesitzern hat dieser Entwicklungsprozess somit enorme Auswirkungen auf die Mehrzahl an Mieterinnen und Mieter, wenn sich das Image der Wiener Grätzel derart verändert. Gentrifizierung findet in Wien nur langsam statt, was das Konfliktpotenzial zwar vermindert, aber auch zur Verschleierung negativer Aspekte führen kann.