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Unglaubliche Welt der Immobilien

Meistens werden moderne Hochhäuser als Bereicherung für eine Stadt gesehen, da sie die wirtschaftliche und innovative Stärke der Region unterstreichen. Allerdings „kratzen“ sie nicht nur an den Wolken, sondern lassen auch immer öfter die Wogen hochgehen– so zum Beispiel beim 310 Meter hohen Turm „The Shard“, der momentan als höchstes und umstrittenstes Gebäude Europas von sich reden macht. Ein vielleicht besseres Beispiel für eine gute Integration in die Umgebung sind die Lookouts im finnischen Seljord, wo mithilfe von Studenten und Materialien der Region natürliche Aussichtspunkte geschaffen wurden. Wenn der gewollte Platz für ein Projekt aber eigentlich schon von einem Gebäude oder Monument besetzt ist, gibt es noch die Möglichkeit, diese „einfach“ zu verschieben, wie es mit einem ehemaligen Direktionsgebäude in der Schweiz geschehen ist. In allen drei Fällen gilt: Nicht nur bei Wohnhäusern zählt in erster Linie Lage, Lage, Lage.

Londons „The Shard“– Scherbe oder Salzstreuer?

Mit einer pompösen Lichter- und Musikshow wurde am 5. Juli 2012 in London eines der wohl kontroversesten Gebäude des heurigen Jahres eingeweiht– es ist gleichzeitig das momentan höchste Gebäude Europas. „The Shard“ hatte von Anfang an nicht nur Freunde und wurde bei der Eröffnung vom britischen Thronfolger Prinz Charles aufgrund seiner Pyramidenform sogar als „gigantischer Salzstreuer“ bezeichnet. Von den Londonern wird das neue Wahrzeichen unterschiedlich gesehen: entweder als Design-Meisterwerk oder als absolut nicht ins Stadtbild passend, da die Gegend um das Gebäude bei der London Bridge vor allem von niedrigen und historischen Häusern bestimmt wird. Neben dem äußeren Erscheinungsbild ist aber vor allem die Finanzierung ein prekäres Thema und birgt eine Menge Zündstoff: Das 561 Millionen Euro teure Gebäude wurde nämlich zu 95% von Katar finanziert und zählt damit– neben dem Kaufhaus Harrods und zahlreichen Ausstellungen in der Tate Modern– zu den von den Scheichs finanzierten Projekten im krisengeschüttelten London. Nichtsdestotrotz soll „die Scherbe“ der Gegend neuen Aufschwung verleihen und einen Arbeits- bzw. Wohnbereich für rund 12.000 Menschen schaffen. In dem 310 Meter hohen Turm sollen unter anderem ein Fünf-Sterne-Hotel und Luxusrestaurants entstehen sowie Büros und zehn Wohnungen um je 62 Millionen Euro. Nächsten Februar soll der Turm auch für Touristen geöffnet werden, die dann auf der Aussichtsplattform einen 360-Grad-Rundblick über London genießen können. Auf die finale Fertigstellung der nun kernlosen Glasfassade muss aber noch bis mindestens 2013 gewartet wartet.

Norwegische Lookouts locken an den See

Einen guten Ausblick hat man natürlich auch von hohen Aussichtspunkten, etwa an einem See in Finnland. In der Gemeinde Seljord wurde aber nicht nur ein Hochstand, sondern gleich eine Reihe von Aussichtspunkten rund um einen See realisiert, um das Wasser auf neue Weise erleben zu können. Im Rahmen eines Workshops wurden mehrere Studenten aus Kunst, Architektur und Szenografie eingeladen, gemeinsam mit der Architektin Rintala Eggertsson in den dortigen alten Schutzhütten ein Konzept für Aussichtspunkte zu entwickeln. Ergebnis war ein aus zwei Teilen bestehendes Projekt: So wurden an den mittleren und südöstlichen Teilen des Sees kleine Aussichtspunkte und am südwestlichen Teil ein großer Aussichtsturm mit einem Ausstellungsraum installiert. Um die landschaftliche Umgebung in den Aussichtsturm zu integrieren, wurde die gesamte Konstruktion vollständig aus heimischen Hölzern erbaut, wobei drei Räume geschaffen wurden, in denen die Natur beobachtet werden kann. Der erste steht für einen Vogel-Nistplatz, der zweite ist an der Spitze der Baumkrone, und im dritten Raum kann eine atemberaubende Sicht auf den See genossen werden. Ein kleineres Gebäude an der Seite fungiert noch zusätzlich als Ausstellungsraum und komplettiert das Konzept rund um das Erlebnis des Sees.

Am falschen Platz

Nicht immer geht es bei Gebäuden nur um die Höhe oder die Materialien, die verwendet wurden– manchmal geht es schlicht und einfach um den Standort an sich. Problematisch wird es zum Beispiel, wenn ein Gebäude aufgrund neuer Planungen im Weg steht, wie im Falle des Marble Arch in London oder des Hotels Esplanade in Berlin. Marble Arch, das aus weißem Carrara-Marmor bestehende Monument im Hyde Park, wurde 1828 von John Nash ähnlich wie der Konstantinsbogen in Rom entworfen und fungierte ursprünglich als Eingangstor des Buckingham Palace. 1851 musste der Bogen– einer Anekdote nach– an seinen heutigen Platz versetzt werden, da die Tordurchfahrt für die Staatskarossen zu eng gewesen sei. Auch das Hotel Esplanade in Berlin wurde aufgrund falscher Informationen ein Problem für den Neubau eines Wohn- und Veranstaltungszentrums. Nach dem Fall der Mauer 1989 wurden die Reste des zerstörten Hotels unter Denkmalschutz gestellt, wodurch das Gebäude nicht abgerissen werden konnte. Im Jahr 1996 wurde der Kaisersaal des Hotels um 75 Meter verschoben und in das heutige Sony Center integriert.– Heuer stand ebenfalls ein Gebäude im Weg, dieses Mal das ehemalige Direktionsgebäude der Maschinenfabrik Oerlikon in der Schweiz. Aufgrund der Planung neuer Gleise, die andernfalls direkt durch das Gebäude führen müssten, hat man sich für eine spektakuläre Verschiebungsaktion entschieden. So wurde das 6.200 Tonnen schwere Gebäude um 60 Meter verrückt, um Platz für die neuen Gleise zu machen. Von der Tatsache einmal abgesehen, dass in Europa noch nie ein so großes Haus verschoben wurde, konnten die zahlreichen Schaulustigen mit freiem Auge kaum etwas erkennen, da es in einer Stunde nur drei bis fünf Meter vorankam und damit eine Geschwindigkeit wie eine Schnecke an den Tag legte. Dennoch wurde die Verschiebung des 80 Meter langen Hauses groß gefeiert, vor allem weil lange von einem Abbruch der Maschinenfabrik die Rede gewesen war. Mithilfe von 500 Rollen wurde das Haus dann im Mai versetzt– insgesamt kostete das Projekt rund 9,9 Millionen Euro.

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Geschrieben von:

Alexandra Koch

Interview-Partner:
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  • Erschienen am:
    29.11.2012
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