Der deutsche Immobilienmarkt wird aus internationaler Perspektive häufig falsch analysiert. Das meint Nikolai Dëus-von Homeyer, Geschäftsführer von NAS Invest. Trotz teilweise hoher Preise an den Top-7-Standorten fokussieren sich ausländische Investoren immer noch auf diese Zentren. Dabei bietet Deutschland aufgrund seiner besonderen dezentralen Wirtschaftsstruktur im Gegensatz zu zentralistisch organisierten Ländern wie Frankreich oder Großbritannien vor allem auch in der Fläche enorme Chancen.
Einerseits zeigen uns Studien Überhitzungen bei Immobilienpreisen, andererseits beeindruckt Deutschland mit positiven Rahmendaten. Wie beurteilen Sie derzeit den deutschen Immobilienmarkt?
Dëus-von Homeyer: Die Rahmendaten von Deutschland zeichnen ein sehr robustes Bild. Wir erleben seit der Agenda 2010 vor etwa 15 Jahren stetiges Wachstum – selbst in der Finanzkrise 2008 gab es nur eine kleine Delle. In dieser Zeit sind aber die Reallöhne nicht oder nur wenig gestiegen, und politische Forderungen, die kalte Progression abzuschaffen, werden spürbar lauter. Sparen um jeden Preis wird daher langfristig politisch nicht durchsetzbar sein, und Arbeitnehmer werden voraussichtlich künftig wieder mehr Lohn in der Tasche haben. Davon wird auch der Immobilienmarkt profitieren. Ich sehe also keinen Grund, in dieser Konjunkturphase von einer flächendeckenden und strukturellen Überhitzung des Marktes zu sprechen.
Es gibt aktuelle Studien, die etwas anderes sagen.
Dëus-von Homeyer: Das stimmt, zuletzt zum Beispiel die Untersuchung von empirica, die von einer Blasengefahr bei Wohnimmobilien spricht. Diese ist aber unter Fachleuten durchaus umstritten. Andere Studien kommen zu abweichenden Einschätzungen. Nicht zuletzt sieht die Deutsche Bundesbank die Situation in ihrer aktuellen Analyse wenig dramatisch. Es gibt Preissteigerungen, weil die reale Nachfrage nach mehr Wohnraum vorhanden ist. Und es gibt Überhitzungen bei Prestigeobjekten in bestimmten Lagen wie etwa am Brandenburger Tor in Berlin. Auch müssen bekanntlich Teile der Mittelschicht aus Innenstadtlagen wegziehen. Das mag nicht wünschenswert sein, ist jedoch für den Immobilienmarkt wenig alarmierend und kein Ausdruck einer Preisblase. Den Blick auf Standorte außerhalb der Top 7 raten wir im Übrigen auch unseren Co-Investoren, weil bei solchen Investitionen attraktive Ausschüttungsrenditen und je nach Standort und Immobilienart auch Wertsteigerungspotenziale zu erwarten sind.
Warum sehen ausländische Marktteilnehmer diese Vorzüge in der Fläche nicht?
Dëus-von Homeyer: Andere Länder, anderer Blick – viele sind sich der Struktur des deutschen Immobilienmarktes kaum bewusst. Ich bin immer wieder davon überrascht, dass selbst viele Geschäftsleute in der Schweiz, mit denen ich in Kontakt stehe, von der Dezentralität des deutschen Immobilienmarktes nichts oder nur wenig wissen. Von einem Investor aus Großbritannien, China oder Israel können Sie das aufgrund der größeren Distanz folglich noch weniger erwarten.
Wie wollen Sie diese Investitionschancen gerade jetzt zugänglich machen?
Dëus-von Homeyer: In den dezentralen Regionen Deutschlands finden Sie eine weltweit einzigartige Wirtschaftsdichte und -qualität: Deutschland lebt von dieser mittelständischen Struktur, und nicht von den in den Medien omnipräsenten Großkonzernen. 70 % der sogenannten Hidden Champions kommen aus Deutschland – damit sind Unternehmen gemeint, die weltweit in ihrem jeweiligen Marktsegment zu Top 3 gehören. Oft sind sie nur Branchenkennern bekannt. Hinzu kommt, dass mehr als 80 % der Arbeitsplätze in Deutschland im Mittelstand verortet sind. Entsprechend finden Sie in Deutschland viele Regionen mit einer starken Infrastruktur vor, die sehr lebenswert und nicht selten wohlhabend sind, und denen insbesondere ausländische Immobilieninvestoren bislang wenig Beachtung geschenkt haben. Dies ändern wir.
Welche Immobilien an welchen Standorten kaufen Sie an?
Dëus-von Homeyer: Für unsere „BR-NAS German Mittelstand Properties“-Strategie haben wir vor kurzem ein Objekt in Dortmund-Ost erworben. Dieses Gebiet hat sich erst in den vergangenen Jahren als dynamisch wachsender IT-Standort herauskristallisiert. Neben IBM haben in dem rund 8.000 Quadratmeter großen Gebäude starke deutsche Mittelständler aus dem IT-Sektor Flächen angemietet. So zum Beispiel Adesso, die in den USA und auch in Österreich mit insgesamt 1.800 Mitarbeitern IT- und Softwareentwicklung anbieten. Die Ausschüttungsrendite dieser Büroimmobilie liegt bei circa 8 %. Ein weiteres Beispiel ist ein Objekt in Wiesbaden, das wir gerade beurkunden konnten. Hier haben wir einen breiten Mietermix von bonitätsstarken Unternehmen, unter anderem auch einen großen Dienstleister aus der Automobilindustrie als Ankermieter. Alles in allem fokussieren wir uns auf dynamisch und strukturell starke Standorte. Wichtig ist uns ein Mietermix aus dem Deutschen Mittelstand, um Klumpenrisiken in den einzelnen Objekten und über das Portfolio zu minimieren.
Sie haben zusammen mit BlueRock ein Joint Venture in Luxemburg gegründet. Was waren Ihre Motive für diesen gemeinsamen Weg bei Ihrem Investmentvorhaben?
Dëus-von Homeyer: Wir kennen die Kolleginnen und Kollegen von BlueRock über eine langjährige Partnerschaft. So haben wir zum Beispiel vor einigen Jahren gemeinsam mehrere hundert Wohnungen in Berlin akquiriert. BlueRock übernahm die Betreuung der jeweiligen Fondsstrukturen mit Sondervermögen. Wir haben uns damals außerdem als Co-Investor engagiert und das Portfoliomanagement übernommen. Insofern verfügen wir über eine gewachsene und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Unser Joint Venture hat vor allem zwei Gründe: Zum einen starten wir mit BR-NAS eine Investitionspipeline, bei der wir eine hervorragende mittel- bis langfristige Perspektive sehen. Zum anderen bietet uns dieses Segment entsprechendes Wachstumspotential, um unseren und auch neuen Co-Investoren attraktive Anlagemöglichkeiten zu offerieren.