Österreich hinkt bei der Um- und Neunutzung leerstehender Gebäude hinterher, weil es in der Kralle der Bürokratie gefangen ist, kritisieren die Vorstände der IMMOBILIENRENDITE AG. So wollte das auf Upcycling spezialisierte Unternehmen das Dach einer in die Jahre gekommenen Fabrik in Niederösterreich sanieren, es also dämmen und mit Photovoltaik-Paneelen ausstatten. Ein Ding der Unmöglichkeit, erinnert sich Mathias Mühlhofer, Vorstand der IMMOBILIENRENDITE AG. „Wenn ein Drittel der Außenhülle ausgetauscht wird, braucht man einen neuen guten Energieausweis für das gesamte Gebäude. Nach dem Motto alles oder nichts muss das gesamte Objekt technisch auf dem Stand eines Neubau sein.“ Doch das sei bei Altbestand nicht zu schaffen. Neue Wohnformen seien so gesetzlich leider nicht realisierbar. „Die rasche Anpassung unzeitgemäßer Vorschriften würde Innovation wieder zulassen.“
Studierende auf Herbergssuche
Unter der heimischen Regulierungswut, die neue Wohnformen im Keim erstickt, leiden zu Semester-beginn Studierende aus den Bundesländern. Weil WGs wie Wohnheime in Herbst und Winter restlos ausgebucht sind, landen viele Neuinskribierende wieder daheim im Hotel Mama und müssen zur Uni pendeln. Markus Augenhammer, Vorstand der IMMOBILIENRENDITE AG, plädiert für die Abschaffung unsinniger Regelungen. Zum Beispiel, wenn Bürohäuser in vier Wände umgewidmet werden. Da Wohnraum geschaffen wird, müssen Energiestandards auch hier denen eines Neubaus genügen. Das verteuert das Bauen, Mieten und Kaufen enorm. „Überbordende Vorschriften verknappen Wohnraum, machen vorhandenen noch teuer und verhindern Innovation. So gibt es nur Verlierer.“ Außerdem sei die kreative Neunutzung vorhandener Objekte im Sinne von Umwelt und Klima. „Durch nachhaltige Sanierung muss nicht auf die grüne Wiese gebaut und damit immer neue Fläche versiegelt werden.“ Wie es besser und zukunftsweisend geht, zeigen Projekte aus Europa.
Hinter schwedischen Gardinen
Die schwere Tür mit Gitterstäben aus Eisen erinnert bis heute daran, dass das Wohnheim im schwedischen Halmstad früher ein Gefängnis war. Bei der Renovierung wurden Wände getrocknet und Fensteröffnungen integriert. Doch die Türen, die die einzelnen Einheiten abschließen, stammen noch aus Haftanstalts-Zeiten. Die Gefängniswerkstatt mutierte hingegen zum Lernraum. Ein Schnäppchen ist die Logis nicht. Für 10 Quadratmeter sind 375 Euro zu berappen.
Ahoi im Schiffscontainer
Im Hafen von Kopenhagen treibt das Wohnheim Urban Rigger auf dem Wasser. Schließlich besteht es aus umgebauten Schiffscontainern, die sich auf Beton-Pontons stapeln. Die Dächer werden als Terrasse, Garten oder als Fläche für Photovoltaikanlagen genutzt. In 72 Apartments logieren hier mehr als 100 Menschen. Weil Schiffscontainer günstig und in Massen hergestellt werden können, werden sie zum Wohntrend. So existiert mit der Résidence A Docks im französischen Le Havre bereits seit 2010 eine Containerheim mit 100 Unterkünften. Für 25 Quadratmeter sind hier 389 Euro Monatsmiete zu bezahlen. Im teuren Kopenhagen für 23 Quadratmeter hingegen 1.000 Euro.
Studieren im Büro
In französischen Sarcelles nördlich von Paris stand mit dem Tour Forum jahrelang ein großer Büro-komplex leer. 2022 mutierte er zum Wohnheim. Die 14 Stockwerke wurden renoviert und Wärme-isoliert. Nun beherbergen die Ex-Büros 137 Unterkünfte, Arbeitsräume und eine Bibliothek für Studierende. Das Einzelzimmer hat 20 Quadratmeter, Küche wie Bad und kostet 450 Euro warm.
Party in der Kirche
In der katholischen Kirche des Heiligsten Erlösers in Rotterdam feierten Gläubige früher Gottes-dienste. Nach dem Umbau durch MATH Architects machen hier Studierende Party. Nach einem Brand im Jahr 1979 wurde der Sakralbau als De-Kerk-Wohnheim wieder aufgebaut. Auf sechs Stockwerken leben hier nun mehr als 200 Studiosis. In der Mitte des ehemaligen Kirchenschiffs lädt ein Tischtennistisch zu einer Partie ein. Die Miete für ein Einzelzimmer mit 17 Quadratmetern beginnt bei 323 Euro, für WG-Räume mit 22 Quadratmetern bei 266 Euro. Auch Deutschland zog nach. In Hannover eröffnete in der ehemaligen evangelischen Gerhard-Uhlhorn-Kirche ein Studierendenwohnheim mit 27 Zimmern.
Vollausgestattete Studenten-Wohnungen in St. Pölten
Immer mehr Studierende, aber zu wenig Wohnraum für Kurzzeitvermietung gibt es auch in St. Pölten. Also adaptiert das Team der IMMOBILIENRENDITE AG gerade den leerstehenden zweiten Stock eines in die Jahre gekommenen Gebäudes. Im Zuge der zu Jahresbeginn startenden Sanierung entstehen hier eine große und mehrere kleine Wohneinheiten, die sich bei Bedarf teilweise auch verbinden lassen. An die Bedürfnisse junger mobiler Menschen angepasst, sind sie mit Bettdecke und Besteck voll ausgestattet. Die neuen Einheiten richten sich an alle, die sich entweder für kurze Zeit in der Stadt aufhalten oder hier erst einmal orientieren möchten, beispielsweise Studierende.