Was sehen Sie derzeit auf Berlin „zukommen“?
Schick: Bei den Kaufpreisen in Berlin ist der Zenit bereits überschritten, und wir spüren jetzt bereits einen Preisrückgang am Markt. Der Zenit war im Frühjahr 2019. Sollte der Mietendeckel auf die brutale Art kommen, dann könnten die Werte von vermieteten Immobilien um 20 bis 30 Prozent einbrechen.
Sehen Sie das nicht zu negativ?
Schick: Das ist nicht nur meine Meinung, sondern auch die anderer Marktteilnehmer und einer renommierten Berliner Privatbank. Sie sehen bei einem Mietendeckel die Gefahr eines Preisrückgangs bei Zinshäusern und vermieteten Immobilien von bis zu 30 Prozent. Sie bemerken das ja bereits bei der Deutsche Wohnen AG, die seit der Veröffentlichung der Pläne zum Mietendeckel im Kurs rund 20 Prozent verloren hat. Ob der Mietendeckel, sollte er wie angekündigt umgesetzt werden, allerdings verfassungsrechtlich standhält, das ist eine andere Frage. Aber dem Berliner Markt stehen turbulente Zeiten bevor.
In Berlin wird im Oktober auf jeden Fall ein Gesetzesentwurf für den Mietendeckel kommen – es ist nur die Frage, in welcher Ausformung.
Welche Ausformungen oder Varianten gibt es?
Schick: Mieten nur einfrieren, sodass sie nicht erhöht werden können, ist eine Variante. Aber es steht auch noch die Variante der Absenkung im Raum. Das wird nach den vorliegenden Informationen bei Neuvermietungen gewollt. Der Medianwert für eine Wohnung mit Bad und Heizung beträgt nach den Vorschlägen der amtierenden Bausenatorin von den Linken 6,27 Euro. Die staatliche Höchstmiete, die vom Baualter des Gebäudes abhängig ist, dürfte nicht überschritten werden. Wenn eine Wohnung heute für zehn Euro vermietet ist, der Mieter auszieht und sie neu vermietet würde, dann ginge das nach den vorliegenden Mietendeckelplänen eben nur noch für im Mittel 6,27 Euro.
Was wäre die andere Variante?
Schick: Die zweite Variante wäre, dass der Eingriff auch in bestehende Mietverhältnisse erfolgen könnte. Dabei wären Mieter, die nachweisen können, dass ihre Wohnkostenbelastung mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens ausmacht, berechtigt, die Miete auf die staatliche Obergrenze abzusenken. Dabei würde es zu einer enormen Antragsflut kommen, und zahlreiche Berliner Bezirksbürgermeister sagen, dass sie diese Antragsflut gar nicht bearbeiten können. Zudem mehren sich sogar innerhalb der Berliner Linkskoalition die Stimmen, dass dieser Eingriff in bestehende Mietverhältnisse verfassungsrechtlich nicht standhalten würde.
Wenn man davon ausgeht, dass bei den bestehenden Verträgen aufgrund der Antragsflut eine Minderung nicht machbar ist, dann könnte es also zu einer Reduktion bei Neuverträgen kommen.
Schick: Wie gesagt, der Mietendeckel kommt, das ist das erklärte Ziel des Berliner Senats, die Frage ist eben nur, in welcher Ausformung.
Das Gesetz wäre allerdings vorübergehend.
Schick: Das stimmt auf dem Papier, das Gesetz soll fünf Jahre gelten, aber die Mietpreisbremse war auch nur auf fünf Jahre angesetzt, und man hat sie jetzt gerade verlängert – es ist davon auszugehen, dass das Gleiche auch hier wieder passiert. Kein Koalitionspartner der heutigen rot-rot-grünen Landesregierung würde in fünf Jahren den Mut haben, diese Regelung wieder auszusetzen. Denn der Wohnungsengpass würde dadurch noch größer und nicht etwa geringer.
Sie haben zuerst die Verfassungsmäßigkeit eines solchen Eingriffs angesprochen – der wird vor dem Verfassungsgericht kaum halten.
Schick: Grundsätzlich ja, aber bis eine Klage beim Bundesverfassungsgericht durchgekommen ist, kann doch einige Zeit vergehen. Wir streben daher ein abstraktes Normenkontrollverfahren an, da Mietrecht Bundesrecht ist und es keine Kompetenz für eine Landesregierung gibt, hier einzugreifen. Es kann nicht sein, dass der Bund einen Bereich abschließend regelt und ein Bundesland ein parallel existierendes Universum aufbaut. Ganz unabhängig davon, in welcher Strenge dieses Gesetz kommt, ist es formal verfassungswidrig, da das Land keine Gesetzgebungskompetenz hat. Aber, wie gesagt, der Weg bis zum BVG ist lang.
Wie sollten sich die Investoren in dieser Situation verhalten?
Schick: Sollte der Mietendeckel in einer der beiden bisher bekannt gewordenen Varianten umgesetzt werden, würden die Verkehrswerte drastisch nach unten gedrückt. Bis sich der Markt von diesem Schock erholt hat, werden Jahre vergehen. Die Frage ist, ob ein Investor auf Dauer in Berlin bleiben will und die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten, die dann unvermeidlich sind, durchstehen möchte oder ob er rechtzeitig seinen Exit macht. Wer nicht dauerhaft in Berlin investiert sein will, der sollte sich überlegen, ob er nicht heute mit Gewinn verkauft und in einer anderen Stadt reinvestiert.
Unabhängig davon befürchten zahlreiche Branchenteilnehmer, dass der Mietendeckel ein erster Schritt in Richtung Enteignung sein könnte.
Das wäre aber sehr ungewöhnlich in einer Demokratie.
Schick: Linke und Grüne sagen selbst, dass das so geplant ist. Am 3. Oktober gab es eine Demo mit dem Motto: Richtig deckeln, dann enteignen.
Wer enteignet, muss entschädigen. Der Plan sieht so aus: Der Net Asset Value liegt heute bei 100. Kommt der Mietendeckel, sinken die Immobilienwerte auf 80 oder 70, wie man heute schon bei der Deutsche Wohnen AG und anderen Immobilienaktiengesellschaften sehen kann. Bei einer Enteignung wird dann versucht, nur zu 50 Prozent zu entschädigen. 50 Prozent von 70 sind dann 35. Die Agenda lautet daher: Richtig deckeln, dann enteignen.
Das wäre aber aus Investorensicht der Worst Case.
Schick: Das ist natürlich absolutes Gift, wenn die Rechtssicherheit nicht mehr gegeben ist. Das schlägt Wellen weit über Berlin hinaus. Für viele internationale Investoren stellt sich daher vermehrt die Frage, ob Deutschland noch der richtige Investitionsstandort ist. Für sich genommen spricht alles für Investitionen in Deutschland als der größten Volkswirtschaft in Europa. Aber Zweifel an der Rechtssicherheit zerstören nun mal das wertvolle Investorenvertrauen. Wer nur kurzfristige Investments plant, dem rate ich zum Exit. Ich denke, dass in den kommenden Jahren sehr viele regulative Veränderungen kommen werden, und jetzt wäre ein guter Zeitpunkt für Gewinnmitnahmen nach den super Wertentwicklungen der vergangenen Jahre.
Das Gegeneinander ist das Schlechteste für die Märkte. Sie haben auf der EXPO REAL eine Podiumsdiskussion moderiert – „Öffentliche Hand und Immobilienwirtschaft: Gemeinsam statt gegeneinander!“.
Schick: Solange Investoren das Feindbild sind und das Feindbild gepflegt und auch politisch geschürt wird, ist ein Miteinander schwierig. Die Immobilienwirtschaft steht für einen offenen Dialog, damit mehr, damit schneller und damit günstiger gebaut werden kann. Daher sind wir in vielen Bündnissen für Bauen und Wohnen vertreten. In Berlin gibt es leider ein solches Bündnis nicht, in Hamburg zum Beispiel schon. In Berlin will man das erklärtermaßen nicht, da der Investor ein Feindbild ist. Das versuchen wir zu durchbrechen, denn es ist unser fester Glaube, dass es nur miteinander geht anstatt gegeneinander.