Wie haben sich die Preise in Portugal in den letzten Jahren entwickelt?
In Portugal sind die Preise in den letzten drei Jahren in allen Assetklassen um mehr als 20 bis 25 Prozent gestiegen, was hauptsächlich auf den Anstieg der Wohnungspreise zurückzuführen ist. Der Mangel an verfügbarem Wohnraum hat vor allem in den Großstädten Lissabon und Porto zu deutlichen Preiszuwächsen geführt – inklusive der umliegenden Wohnstädte und Vororte. Zudem werden infolge der Covid-Pandemie alternative Assetklassen wie „beds and sheds“ und Gesundheitsimmobilien immer gefragter, und aufgrund des mangelnden Angebots sind auch deren Preise gestiegen. Diese Assetklassen werden nicht nur in den Regionen Lissabon und Porto stärker nachgefragt, sondern auch an der Algarve und in einigen anderen Küstenorten sowie in der autonomen Region Madeira.
Was war ausschlaggebend?
Es ist nicht einfach, einen bestimmten Faktor für den Preisanstieg in Portugal auszumachen. Die Hauptgründe sind die bereits erwähnte Covid-Pandemie sowie der jüngste Krieg in Europa und die Zinserhöhungen. Portugal hatte viele Jahre verschiedene Anreizprogramme wie das Goldene Visum oder den Status des nicht ständigen Wohnsitzes (mit einigen damit verbundenen Steuervorteilen), die zu zahlreichen Investitionen ausländischer Unternehmen und Bürger mit höherer Kaufkraft geführt haben. Die dadurch ausgelöste Nachfrage hat ebenfalls zu einem Preisanstieg in den wichtigsten Städten geführt. Diese langsame, aber stetige Entwicklung begann bereits vor einem Jahrzehnt, hat sich aber in den letzten zwei Jahren noch verstärkt. Um dem entgegenzuwirken, wurden das Goldenen Visum und das NHR-System (Nichtbesteuerung von Einkünften im Ausland) abgeschafft, wodurch es voraussichtlich zu einer Stabilisierung der Preise kommen wird.
Aus welchen Ländern kamen die KäuferInnen und welche Immobilien wurden bevorzugt gekauft?
Anfangs war eine starke Nachfrage aus Frankreich und Brasilien zu verzeichnen. In letzter Zeit steigt auch das Interesse aus Nordamerika und Spanien. Im Fokus stehen dabei der gehobene Wohnungsbau, das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Büros.
Zeigt sich diese Entwicklung auch im Alltagsleben, etwa bei den Preisen in Restaurants?
Die Preissteigerungen sind natürlich nicht nur auf die höhere Kaufkraft der Ausländer zurückzuführen, der Ukraine-Krieg, die höheren Zinsen sowie die Inflation haben die Lebenshaltungskosten in den Bereichen Restaurants, Supermärkte, Energie und bei anderen Grundbedürfnissen ebenfalls in die Höhe getrieben. Sicher ist aber, dass die gestiegene Anzahl der ausländischen Einwohner, Touristen und digitalen Nomaden diesen Trend verstärkt hat.
Wie hat sich das politisch ausgewirkt?
Portugal befindet sich aufgrund der Preissteigerungen und der allgemeinen Situation in einer gewissen Unruhephase. Die Regierung versucht, durch die Abschaffung von Steuervergünstigungen und die Bereitstellung von mehr Wohnraum für Einheimische die Auswirkungen einzudämmen, was bisher aber nur wenig bis gar keine Wirkung gezeigt hat. Die Kritik an den Behörden hat daher merklich zugenommen.
Wohnanlagen ohne Portugiesen – kann man sich gewisse Immobilien nicht mehr leisten?
Das ist eine schwierige Frage, da Wohnraum für Einheimische zwar noch verfügbar und erschwinglich ist, aber nur außerhalb der großen Städte. In den Ballungszentren Lissabon und Porto sind die Quadratmeterpreise für viele Einheimische zu hoch geworden. Dazu kommt, dass der Anstieg der Zinssätze zu strikten Kreditbeschränkungen geführt hat. Dies hat zusammen mit den niedrigen Löhnen bewirkt, dass die Menschen in die Vororte oder in Gebiete in einem Umkreis von 40 bis 50 Kilometern von diesen Städten abwandern. Man kann beobachten, dass die erfolgreichsten Wohnungsbauprojekte in Lissabon oder Porto auf Luxus oder gehobene Ansprüche hin ausgerichtet sind. Sie zielen somit auf ausländische Bürger ab, die sich diese Art von Immobilien noch leisten können.
Wie wird es mit den Preisen weitergehen? Zeigen sich bereits Veränderungen?
Da die Leitzinserhöhungen vor Kurzem zum Stillstand gekommen sind, gibt es eine kleine Hoffnung, dass sich die Preise zu stabilisieren beginnen. Es ist aber nicht zu erwarten, dass sie in absehbarer Zeit fallen werden. Vereinzelt beobachten wir zwar schon Eigentümer, die ihre Verkaufsanforderungen beziehungsweise Preise anpassen, jedoch nicht in dem Maße, wie sie es vernünftigerweise tun müssten, und sicherlich nicht so, wie wir es bereits in anderen Teilen Europas gesehen haben. Da Portugal immer etwas mehr Zeit braucht, um sich an fallende Märkte anzupassen erwarten wir deshalb in den nächsten ein bis zwei Jahren einen gewissen Rückgang, vorausgesetzt natürlich, dass die Zinsen wieder sinken.