Die Wohnungsmärkte in Ostdeutschland zeichnen sich durch ein breites Spektrum an Rendite-Risiko-Profilen aus. Während Plauen, Gera und Dessau-Roßlau hohe Renditen bei hohem Risiko bieten, sind Investments in Berlin, Leipzig, Dresden und Potsdam relativ risiko- und renditearm. Das günstigste Verhältnis aus Risiko und Rendite bieten Potsdam, Rostock, Erfurt und Jena. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Ostdeutsche Wohnungsmärkte: Daten und Perspektiven 2021“ von Wüest Partner. In der Untersuchung wurden 20 Städte in Ostdeutschland anhand mehrerer Kriterien verglichen, darunter Demografie, Wirtschaftskraft, Wohnungsbestand und Wohnungsbautätigkeit.
Nachwende-Einbrüche in ostdeutschen Wohnungsmärkten sind überwunden
In fast allen analysierten Städten hat sich die Einwohnerzahl seit 2014 positiv entwickelt. Die höchsten Zuwächse verzeichneten Potsdam (9,9 Potsdam), Leipzig (8,9 Prozent) und Berlin (5,8 Prozent). Diesen drei Städten wird auch das stärkste Wachstum bis 2030 vorausgesagt. Lediglich Gera, Zwickau und Dessau-Roßlau erlebten einen Bevölkerungsrückgang. „Die Nachwende-Einbrüche sind überwunden. Es wurde viel in Infrastruktur und Wirtschaftsentwicklung investiert, das sorgt für eine positive Bevölkerungsentwicklung“, sagte Karsten Jungk, Geschäftsführer und Partner von Wüest Partner, bei der Vorstellung der Studie.
Demnach stieg die Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten in den untersuchten Städten seit 2017 um zwei Prozent. Das ist zwar weniger als der Bundesdurchschnitt (3,6 Prozent), dafür hat sich aber die Kaufkraft mit einem Anstieg um 9,4 Prozent seit 2016 stärker als der Bundesdurchschnitt entwickelt. Allerdings gibt es nur eine Stadt, die mit einem Kaufkraftindex von 100,1 bundesdeutsches Niveau erreicht: Potsdam.
Starke Mietniveau-Spreizung, verdoppelte Kaufpreise
Große Unterschiede gibt es bei der Wohnkostenbelastungsquote. Müssen in Neubrandenburg 17,3 Prozent des Einkommens für die Miete aufgebracht werden, sind es in Berlin 38,9 Prozent. Breit gespreizt ist auch das Mietniveau. Die niedrigsten Durchschnitts-Kaltmieten gibt es in Plauen (4,79 Euro pro Quadratmeter), Gera (5,29 Euro pro Quadratmeter) und Chemnitz (5,30 Euro pro Quadratmeter), die höchsten in Berlin (16,20 Euro pro Quadratmeter), Potsdam (13,94 Euro pro Quadratmeter) und Jena (10,12 Euro pro Quadratmeter). Die Mieten selbst sind binnen zehn Jahren im Schnitt um 31 Prozent gestiegen. „Trotz des Rückgangs der Anzahl an Mietinseraten während der Corona-Krise hat die Pandemie bislang keinen Einfluss auf die Mietpreise genommen“, konstatiert Karsten Jungk.
Deutlich stärker als die Mieten zogen die Kaufpreise für Eigentumswohnungen an. In neun der 20 untersuchten Städte haben sich die Preise seit 2010 verdoppelt. Im Durchschnitt stiegen sie um 94 Prozent auf 2.488 Euro pro Quadratmeter. Die größten Anstiege erlebten Berlin (177 Prozent), Halle/Saale (165 Prozent) und Leipzig (138 Prozent).
Wohnimmobilien in Klein- und Mittelstädten für Investoren interessant
Damit bietet Ostdeutschland ein Mosaik aus prosperierenden Zentren und schrumpfenden Regionen. Allerdings, so die Studie, überwiegen die positiven Ausblicke. Das bestätigt auch Martin Thiel, CFO der TAG Immobilien AG. Das Unternehmen hatte vor gut zehn Jahren damit begonnen, große Bestände in ostdeutschen Klein- und Mittelstädten zu kaufen. „Damals war das noch kein Mainstream“, sagt Thiel. Heute blicke man auf gestiegene Wohnimmobilienpreise, ein besseres Image und eine größere Akzeptanz bei Investoren zurück, „was uns in unserer Strategie bestätigt.“ Der Investitionsschwerpunkt des Unternehmens werde in den kommenden Jahren weiter in Ostdeutschland sein, versichert Thiel.
Ostdeutsche Mittelstädte bieten zweistellige Renditen im Bürosegment
Karsten Kluge, Geschäftsführer der DVI Gruppe, sieht neben dem Wohnungsmarkt auch im Büromarkt großes Potenzial: „Ostdeutsche Mittelstädte werden nicht nur als Wohn-, sondern auch als Büroinvestmentstandorte vielfach unterschätzt. Sie bieten aber gute Bedingungen zum Leben und Arbeiten. Wir konzentrieren uns daher insbesondere im Bürosegment auf Städte, die Renditen im zweistelligen Bereich bieten.“ Erfurt, Schwerin und Chemnitz etwa würden auch in den kommenden Jahren weiteres Wachstumspotenzial erwarten lassen. Erfurt sei Landeshauptstadt, habe eine gute Infrastruktur und eine Universität. Das wirke wie ein Magnet auf Unternehmen und generiere Nachfrage nach Büroflächen. Zudem werde in Erfurt bedarfsgerecht statt auf Vorrat gebaut, so dass es wenig Leerstand gebe. Chemnitz sei ebenfalls Universitätsstadt und entwickle sich zu einem Zentrum der Wasserstoffforschung. Da es hier wenig Neubau gebe, seien Büroflächen rentabel vermietbar.
Hochpreisige Märkte wie Berlin stoßen bald an Grenzen
Mit Blick auf die weitere Entwicklung im ostdeutschen Wohnungsmarkt prognostiziert Wüest Partner-Geschäftsführer Karsten Jungk, „dass etablierte und hochpreisige Märkte wie Berlin demnächst in puncto Preisentwicklung und Produktverfügbarkeit eine gewisse Grenze erreichen werden.“ Märkte mit noch deutlich niedrigen Miet- und Preisniveaus würden von dem knappen Wohnungsangebot in den Metropolen und Großstädten profitieren und aufholen. „Es gilt jedoch, das Auseinanderdriften von Miet- und Kaufpreisen und die Steigerung der Wohnkostenbelastungsquote im Auge zu behalten, denn beide Faktoren könnten einer weiteren positiven Entwicklung an den Wohnungsmärkten im Wege stehen“, mahnt Jungk.
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