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Die Debatte um eine verpflichtende Eigenkapitalquote
Eine der diskutierten Maßnahmen zur Stabilisierung des Immobilienmarktes ist die Einführung einer verpflichtenden Eigenkapitalquote für institutionelle Investoren. Florian Schmidl von Forvis Mazars äußert sich jedoch skeptisch zu dieser Idee:
"Eine verpflichtende Eigenkapitalquote halte ich für nicht sinnvoll. Grundsätzlich bin ich kein Freund von Überregulierungen. Ich bin der Meinung, dass sich der Markt gut selbst regulieren kann. Wenn ein Unternehmer meint, es sei eine gute Idee, übermäßig zu hebeln und dies zum Geschäftsmodell zu machen, sollte er das auch tun dürfen - mit allen damit verbundenen Risiken. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, welche Konsequenzen das haben kann. Ich finde, es sollte einem Unternehmer freistehen, solche Entscheidungen zu treffen."
Diese Haltung betont die Bedeutung der unternehmerischen Freiheit und die Fähigkeit des Marktes, sich selbst zu regulieren. Allerdings birgt sie auch Risiken, wie die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben.
Die KIM-Verordnung und ihre Auswirkungen
Ein wichtiger Faktor in der aktuellen Marktsituation ist die KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung), die 2025 ausläuft. Viele in der Branche hoffen, dass sich bis dahin das Zinsniveau wieder normalisiert haben wird. Florian Schmidl von Forvis Mazars sieht dies jedoch kritisch:
"Man hört immer wieder, dass die KIM-Verordnung 2025 ausläuft und bis dahin das Zinsniveau wieder sinken wird. Viele hoffen, dass wir uns bis dahin wieder daran gewöhnt haben werden, Zinsen zu zahlen. Ob der Spruch 'Survive till 25' sich bewahrheiten und dann wirklich wieder ein Bauboom einsetzen wird, sehe ich leider etwas kritisch."
Die KIM-Verordnung hat die Kreditvergabe für Immobilien strenger reguliert und damit den Markt zusätzlich beeinflusst. Ihr Auslaufen könnte zwar eine Erleichterung bringen, aber ob dies ausreicht, um einen neuen Bauboom auszulösen, bleibt fraglich.
Die Rolle der EZB und die Zinsentwicklung
Die Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) spielen eine zentrale Rolle für die Entwicklung des Immobilienmarktes. Florian Schmidl von Forvis Mazars kommentiert die jüngsten Entwicklungen:
"Man sieht es ja jetzt: Die EZB hat keinen weiteren Zinsschritt gemacht. Sie hat die Zinsen auf hohem Niveau belassen. Die ersten 25 Basispunkte im Juni waren natürlich ein Signal an die Branche, das auch erwartet und bereits eingepreist wurde. Das hat man in den langfristigen Zinssätzen gesehen. Ich befürchte aber, dass die Zinssenkung nicht so schnell gehen wird, wie sich das die Branche erhofft. Ich glaube eher, dass wir vielleicht noch ein Prozent runtergehen und dann wahrscheinlich eher stabil bleiben werden."
Der EZB-Leitzins ist ein wichtiger Indikator für die Entwicklung der Immobilienfinanzierung. Die aktuelle Haltung der EZB deutet darauf hin, dass eine schnelle und deutliche Zinssenkung unwahrscheinlich ist.
Einflussfaktoren auf den Immobilienmarkt
Florian Schmidl von Forvis Mazars identifiziert drei wesentliche Einflussfaktoren für die aktuelle Situation am Immobilienmarkt:
- Hohe Zinsen
- Hohe Baukosten
- Ein durch die KIM-Verordnung und hohe Zinsen stark eingeschränkter Käufermarkt
Er erklärt: "Wenn ich jetzt auf der einen Seite vielleicht die Zinsen runterschraube, dann wird natürlich die Situation etwas besser werden. Die Frage stellt sich für mich, ob ich dann schon genug Probleme gelöst habe, um wirklich sagen zu können, jetzt starten dann alle wieder durch."
Diese Analyse zeigt, dass eine Verbesserung in einem Bereich allein möglicherweise nicht ausreicht, um den Markt wieder in Schwung zu bringen.
Die Entwicklung der Baukosten
Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Baukosten. Florian Schmidl von Forvis Mazars sieht hier unterschiedliche Signale aus der Branche:
"Wenn man in die Branche hineinhört, bekommt man total unterschiedliche Informationen. Auf der einen Seite bleiben die Baupreise hoch, auf der anderen Seite gibt es aber schon wieder welche, wo die Baupreise sinken. Wenn ich mir das überlege: Die Baupreise bestehen mittlerweile zu etwa zwei Dritteln aus den Kosten für die Menschen, also die Gehälter der Arbeiter. Die werden nicht runtergehen, ganz im Gegenteil, die werden wohl eher steigen. Der andere Teil sind die Rohstoffpreise, da hätte ich jetzt auch nicht gesehen, dass die in den Keller fallen."
Diese Analyse deutet darauf hin, dass ein signifikanter Rückgang der Baukosten unwahrscheinlich ist, was die Erholung des Marktes zusätzlich erschweren könnte.
Preiskorrekturen bei Bauträgerimmobilien
Florian Schmidl von Forvis Mazars sieht auch die Notwendigkeit von Preiskorrekturen im Bereich der Bauträgerimmobilien:
"Ich glaube, es braucht auch irgendwo Preiskorrekturen im Bereich der Bauträgerimmobilien. Auch da höre ich unterschiedliche Signale. Es gibt viele, die sagen, bei den Bauträgerimmobilien wird es noch zu einem durchaus deutlichen Preisrückgang kommen. Andere sagen, es hat in den letzten 30 Jahren nie Rückgänge bei Bauträgerliegenschaften gegeben. Wieso soll es die jetzt geben?"
Diese unterschiedlichen Einschätzungen zeigen die Unsicherheit in der Branche über die zukünftige Preisentwicklung.
Ausblick auf 2025
Trotz der vielen Herausforderungen bleibt Florian Schmidl von Forvis Mazars vorsichtig optimistisch:
"Ich wünsche mir für die Branche, dass 'Survive Till 25' den Nagel auf den Kopf trifft und wir im Jahr 2025 wieder mit Elan ins Geschäft einsteigen können. Das hat ja auch etwas gewisses Eigennütziges, weil ich mich ja auch darauf freue, wenn das Beratungsgeschäft wieder anzieht."
Dieser Optimismus wird jedoch durch die Realität der aktuellen Marktbedingungen gedämpft.
Die Zukunft der Zinsen
Auf die Frage, wann wieder ein Nullzinssatz erreicht werden könnte, hat Florian Schmidl von Forvis Mazars eine klare Meinung:
"Nie. Ich halte den Nullzinssatz oder sogar Minuszinssatz für eine Besonderheit dieser Phase, die wir in den letzten Jahren gesehen haben."
Diese Einschätzung unterstreicht, dass sich die Branche auf ein dauerhaft höheres Zinsniveau einstellen muss.
Fazit
Die Analyse zeigt, dass der österreichische Immobilienmarkt vor komplexen Herausforderungen steht. Die Hoffnung auf eine schnelle Erholung durch sinkende Zinsen allein scheint unrealistisch. Vielmehr wird es darauf ankommen, wie sich die verschiedenen Einflussfaktoren - Zinsen, Baukosten, regulatorische Rahmenbedingungen und Käuferverhalten - entwickeln und zusammenwirken.
Die Branche muss sich auf eine längere Phase der Anpassung einstellen und innovative Lösungen finden, um mit den veränderten Marktbedingungen umzugehen. Gleichzeitig bietet diese Situation auch Chancen für Unternehmen, die sich flexibel auf die neuen Gegebenheiten einstellen können.
Für Immobilienexperten und Investoren wird es entscheidend sein, die Marktentwicklungen genau zu beobachten und ihre Strategien entsprechend anzupassen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob der österreichische Immobilienmarkt seine Widerstandsfähigkeit unter Beweis stellen und neue Wege des Wachstums finden kann.
Florian Schmidl von Forvis Mazars sieht auch für die nächsten 20 Jahre keine Rückkehr zum Nullzinssatz. Der EZB-Leitzins und die KIM-Verordnung werden den Immobilienmarkt weiterhin beeinflussen.